Psychologie Entscheidungen treffen - Zweifel überwinden
Wir treffen täglich unzählige Entscheidungen. Viele davon fast automatisch, ohne groß darüber nachzudenken. Bei größeren Entscheidungen allerdings, wie etwa ob wir eine Beziehung beenden oder den Job wechseln sollen, tun wir uns häufig schwer, vor allem dann, wenn Bauch und Kopf uns unterschiedliche Dinge raten. Familientherapeutin Birgit Salewski gibt Tipps, wie Sie gute Entscheidungen treffen und Zweifel überwinden können.
Warum fallen vielen Menschen Entscheidungen so schwer?
Birgit Salewski: "Eine Entscheidung zu treffen, bedeutet, sich festzulegen, Position zu beziehen, zu etwas 'Ja' und zu etwas anderem 'Nein' zu sagen. Damit wird der Mensch mit seiner Position, seinen Wünschen und eben auch Entscheidungen sichtbar für andere Menschen.
Viele Menschen haben Angst sich festzulegen, weil sie zum einen befürchten, sich möglicherweise falsch zu entscheiden. Das heißt, sie vertrauen ihrem Urteilsvermögen nicht oder nicht ausreichend.
Das zweite, was mir auffällt, ist die soziale Komponente: Was bedeutet die Entscheidung für mein soziales und familiäres Umfeld? Drohen eventuell Konflikte? Menschen vermeiden Konflikte ja ganz gerne und manchmal zu dem Preis, sich nicht zu entscheiden."
Sind die Ängste, sich falsch zu entscheiden, berechtigt?
Birgit Salewski: "Ja und nein! Wenn ich die Wahl auf der Speisekarte habe, sind die Konsequenzen im Verhältnis harmlos, wenn ich mich mal falsch entscheide. Wenn ich Pech habe, schmeckt es nicht. Zu große Ängste sind hier eher hinderlich.
Geht es aber um die großen Lebensentscheidungen, beispielsweise Hauskauf, Kinderwunsch, Behandlung von Krankheiten oder Partnerwahl, dann haben die Entscheidungen weitreichende Konsequenzen, die ich vielleicht gar nicht alleine beurteilen kann. Das macht in der Regel Ängste und ist auch normal und richtig. Hier hilft es, sich Informationen zu beschaffen und professionell von Fachkundigen beraten zu lassen.
Wichtig ist, sich von den Ängsten nicht in die Handlungsunfähigkeit treiben zu lassen, sondern sich die eigenen Ängste bewusst zu machen und diese nicht zu leugnen. Nur wer zu seinen Ängsten steht, kann langfristig lernen, so mit ihnen umzugehen, dass trotzdem gute Entscheidungen getroffen werden können."
Wie kann man eine gute Entscheidung treffen und die Zweifel überwinden?
Birgit Salewski: "Eine wichtige Strategie ist meiner Erfahrung nach, erst einmal Informationen zu den vorhandenen Optionen einzuholen. Das ändert oft schon einiges und die Optionen werden klarer.
Ein zweiter Schritt ist dann, die Optionen einmal sehr alltagsnah durchzuspielen: Welche Auswirkungen hat es für mich, meinen Alltag und meine Beziehungen? Was ändert sich konkret? Das kann man für den Zeitraum einer Woche, einen Monat, ein halbes Jahr und ein Jahr durchspielen. So bekommen die Optionen in der Regel eine höhere Alltagskomponente und man bekommt 'ein Gefühl' zu den Situationen, die entstehen können.
Ein dritter Schritt ist immer die Diskussion und der Austausch mit Menschen meines Vertrauens oder eben professionellen Beratern. Alleine kommt man nicht so schnell auf neue Gedanken und im Gespräch mit anderen kann man leichter die Perspektive wechseln."
Sollte man bei Entscheidungen eher rational oder emotional entscheiden?
Birgit Salewski: "Weder noch! Besonders wenn uns anstehende Entscheidungen zu stressen oder zu nerven beginnen, ist unser Denken und unser Fühlen eingeschränkt und wir können uns auf beides nicht mehr voll verlassen.
Das heißt, das erste, was ich brauche, ist eine ruhige und gelassene Phase, in der ich Informationen und Optionen in Ruhe ordnen kann. Dann ist es meistens eine Mischung aus einer 'rational guten Entscheidung' und einem 'guten Gefühl' dazu."
Was führt häufig zu schlechten Entscheidungen?
Birgit Salewski: "Meiner Erfahrung nach sind Zeitdruck, sozialer Druck und ein schlechtes Selbstwertgefühl wenig hilfreiche Berater. Zeitdruck und sozialer Druck machen uns gestresst und damit in unserer Beurteilungsfähigkeit unfreier. Mangelndes Selbstwertgefühl führt dazu, dass ich mir weniger zutraue. Sei es Optionen, die ich mir gar nicht erst zutraue oder das Gefühl, etwas alleine schaffen und bewältigen zu können."
Eine Nacht darüber schlafen
Birgit Salewski: "Den Tipp, eine oder sogar mehrere Nächte darüber zu schlafen, kann man gar nicht oft genug geben. In Ruhe Gedanken zu ordnen, Rat einzuholen und abzuwägen dauert eben Zeit und diese sollte man sich nehmen, wo immer dies möglich ist. Ebenso sollte man Zeit für das Gespräch mit den engsten Angehörigen einräumen."
Was rätst du Menschen, denen alltägliche Entscheidungen schwerfallen?
Birgit Salewski: "Wenn eine allgemeine Entscheidungsunfähigkeit besteht, die schon bei den scheinbar einfachsten Situationen im Alltag auftritt, ist professionelle Hilfe angesagt. Dies kann im ersten Schritt eine Beratungsstelle sein, oder auch ein Psychotherapeut. Wichtig ist zu wissen, dass man sich hier weiterentwickeln kann und darf. Manchmal braucht man aber jemanden, der diesen Prozess professionell begleitet."
Die wichtigsten Tipps für all jene, die sich schwer entscheiden können?
1. Ruhe bewahren, sich Zeit verschaffen
2. Informationen zu den Optionen beschaffen
3. Optionen in Ruhe durchspielen
4. Möglichkeiten mit Menschen des Vertrauens diskutieren
Viel Erfolg bei der Entscheidungsfindung wünschen Birgit Salewski und "Wir in Bayern"!