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Psychologie Streitpunkt: Dürfen Großeltern miterziehen?

Eltern reagieren oft sehr empfindlich, wenn sich die Großeltern ungefragt in die Erziehung ihrer Kinder einmischen. Und sie sehen es nicht gerne, wenn ihre Kinder bei Oma und Opa zu sehr verwöhnt werden. Häufig kommt es deswegen zum Streit. Tipps von Familientherapeutin Birgit Salewski, wie Sie diese Konflikte zur Zufriedenheit aller Beteiligten lösen können.

Stand: 02.06.2023

Familie: Eltern, zwei Kinder und Großmutter | Bild: BR/MEV/Jens Schmidt

Warum reagieren Eltern häufig empfindlich, wenn sich die Großeltern in die Erziehung ihrer Kinder einmischen?

Birgit Salewski: "Eltern haben es heutzutage schwerer, ihre Elternrolle zu finden, denn es gibt viele unterschiedliche Modelle und Möglichkeiten sich als Eltern zu verstehen und zu Erziehen. Außerdem entwickeln sich die Vorstellung der "guten oder richtigen" Erziehung permanent weiter, so dass es fast vorprogrammiert ist, dass die nachfolgende Generation andere Werte, Vorstellungen, Lebensbedingungen für und von Familie und Erziehung hat. Wenn die eigenen Eltern in diesem Suchprozess zu sehr ihre Vorstellungen platzieren oder zu viel Kritik üben, kann dies zu Konflikten führen. Es ist ein wichtiger Entwicklungsteil als Eltern das eigene Bild von Familienleben und Erziehung zu entwickeln."

Was können Eltern tun, wenn sich die Großeltern ständig in die Erziehung einmischen?

Birgit Salewski: "Zunächst sollte man sich überlegen, in was sich die Eltern konkret einmischen und warum einen das so aufregt. Wenn die eigenen Eltern etwas kommentieren, bekommt das nämlich sehr schnell eine große Aufladung, obwohl das, was sie gesagt haben, aus einem anderen Mund überhaupt nicht schlimm gewesen wäre. Das heißt hier gilt es selbst zu reflektieren: Regt mich mein eigener Vater oder meine Mutter gerade deswegen so auf, weil es eben die eigenen Eltern sind? Dann hat es vielleicht eher mit einer generell angespannten oder belasteten Eltern-Kind-Beziehung zu tun, als mit dem Thema der Erziehung.
Mischen sich die Eltern allerdings tatsächlich in einer Art und Weise in die Erziehung ein, die man nicht akzeptieren kann, muss man das Gespräch mit ihnen suchen und zur Not auch Grenzen ziehen. Dies sollte ein Gespräch unter Erwachsenen sein, das heißt die eigenen Kinder beziehungsweise die Enkel geht so eine Klärung erstmal nichts an."

Wie können Großeltern die Erziehung der Enkel konstruktiv unterstützen, ohne dass die Eltern sich "auf den Schlips getreten" fühlen?

Birgit Salewski: "Zunächst sollten sich die Großeltern fragen, ob sie nur anderer Ansicht in bestimmten Erziehungsfragen sind oder ob in der Erziehung wirklich etwas Schlimmes passiert. Sind sie nur in bestimmten Punkten anderer Ansicht, beispielsweise bezüglich des Medien- oder Süßigkeitenkonsums, sollten sie das für sich behalten, denn die Eltern entscheiden über den Erziehungsstil. Bekommen die Großeltern allerdings mit, dass das Enkelkind leidet oder ernsthafte Schäden davonträgt, sollten sie versuchen, in einem ruhigen Moment das Gespräch mit ihren Kindern zu suchen und auch auf dieses Gespräch bestehen. Im Ernstfall braucht es natürlich klare und deutliche Rückmeldungen und wenn möglich auch das Angebot von Unterstützung und Entlastung."

Dürfen Großeltern verwöhnen?

Birgit Salewski: "Großeltern dürfen das und sollen sogar verwöhnen, sofern die Eltern hier einverstanden sind. Großeltern können eine ganz tolle Ressource im Leben von Kinder sein, die sich beispielsweise mit Zeit, Zuneigung oder einer Extraportion Kuscheln und Spielen den Kindern zuwenden oder ihnen auch neue Erfahrungsräume bieten. Großeltern dürfen durchaus auch mal die fünfte Kugel Eis erlauben, aber nicht immer. Es ist auch nicht wichtig, dass überall die gleichen Regeln für Kinder gelten. Kinder wissen sehr genau, was sie bei wem dürfen, sofern alles im Rahmen bleibt."

Gilt das auch für "Alltagsgroßeltern"?

Birgit Salewski: "Großeltern, die im Alltag eine große Rolle spielen, weil sie beispielsweise mehrmals in der Woche die Enkelkinder betreuen, müssen sich quasi in den Dienst der Eltern stellen, weil sie Betreuung und Erziehung mit übernehmen. Hier sind Absprachen und das Ziehen an einem Strang besonders wichtig, denn hier sorgen Großeltern auch mit dafür, dass die Kinder gut versorgt sind, Hausaufgaben ordentlich erledigt werden und das Kind pünktlich zum Sport kommt. Alltagsgroßeltern sollten also den Spagat zwischen Verwöhnen und Alltag schaffen, aber auch klar sagen, wenn es ihnen zu viel wird und wenn sie Manches nicht mehr schaffen (wollen). Auch Großeltern darf es mal zu viel oder zu bunt werden."

Darf man das Enkelkind gegen den Willen der Eltern bestrafen?

Birgit Salewski: "Bestrafen ist ein heikles Thema. Prinzipiell sollten Großeltern die Regeln der Eltern respektieren. Ist diesen eine gewaltfreie Erziehung (auch verbal) wichtig, sollte das von den Großeltern respektiert und umgesetzt werden. Aber natürlich kommen Großeltern und wir alle auch nicht so einfach aus unserer Haut, das heißt Großeltern und Eltern werden vielleicht immer ein bisschen unterschiedlich in der Erziehung bleiben. Wenn es aber ums Bestrafen geht, ist ein klärendes Gespräch zwischen Eltern und Großeltern hilfreich um eine gemeinsame Haltung zu entwickeln."

Viel Erfolg mit den Tipps wünschen Birgit Salewski und "Wir in Bayern"!


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