Psychologie Probleme mit den Schwiegerkindern überwinden
Wenn das eigene Kind heiratet, bekommen wir eine erwachsene Tochter oder einen Sohn dazu. Das klingt erst mal gut. In vielen Familien ist das Verhältnis zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern jedoch schwierig. Familientherapeutin Birgit Salewski erklärt, woran das liegen kann und gibt Tipps, wie Sie Konflikte mit Ihren Schwiegerkindern überwinden können.
Wenn man sich im Freundes- und Bekanntenkreis umhört, bekommt man schnell den Eindruck, dass Probleme zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern an der Tagesordnung sind. Warum das Verhältnis viel Konfliktpotential birgt und wie Sie zu einem harmonischen Miteinander finden, auch dann, wenn die Situation aussichtslos scheint, erklärt Familientherapeutin Birgit Salewski.
Sind Konflikte zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern häufig vorprogrammiert?
Birgit Salewski: "Vorprogrammiert würde ich es nicht nennen, aber die Konflikte sind oft erklärbar: Zum einen treffen zwei Kulturen von Familiengewohnheiten, Traditionen und Kommunikationsstilen aufeinander. Schwiegereltern und Schwiegerkinder haben hier oft ganz unterschiedliche Gewohnheiten und wenn diese Unterschiede sehr groß sind, braucht es Zeit und Geduld sich aneinander 'zu gewöhnen' und im Alltag einen guten Umgang miteinander zu etablieren.
Auch haben Schwiegereltern und Schwiegerkinder gegenseitig häufig unterschiedliche Erwartungen. Hier ist es wichtig, die eigenen Einstellungen und Erwartungen zu reflektieren und nicht einfach dem Gegenüber überzustülpen.
Zudem ist in manchen Familien wenig oder kein Platz für Neues, Anderes und Unterschiedliches. Das ist sehr schade, denn so nimmt sich eine Familie die Chance, sich mit den Schwiegerkindern und dann auch mit den Enkeln weiterzuentwickeln."
Welche Konstellationen bergen das höchste Konfliktpotential?
Birgit Salewski: "Auf diesen zwei Ebenen kann es besonders herausfordernd werden:
Bei räumlicher Nähe, wenn beispielsweise zwei Generationen unter einem Dach leben und wenn die Familien zusammenarbeiten, wie dies oft in der Landwirtschaft oder in Handwerksbetrieben der Fall ist.
Hier ist die Frage: Welchen guten und respektablen Platz bekommen die Schwiegerkinder, die hinzukommen, und wie wird somit die neue Familie und das Familienleben der Großfamilie gestaltet?
- Gibt es beispielsweise angemessene Grenzen und Rückzugsräume?
- Wie werden Entscheidungen für den gemeinsamen Lebensraum oder den gemeinsamen Betrieb getroffen?
- Welche Rechte und Pflichten haben die unterschiedlichen Familienmitglieder?
- Bleiben die Schwiegerkinder 'der ewige Gast'?
Dabei kommt den leiblichen Kindern eine besondere Rolle zu, denn sie müssen noch viel mehr als sonst beide Seiten berücksichtigen und sind oft in einer Vermittlerrolle. Das kann sehr anstrengend und auch belastend sein.
Viele junge Familien sind zudem auf die Unterstützung der eigenen Eltern oder Schwiegereltern angewiesen, wenn es um die Betreuung der Kinder geht. Auch hier treten öfter mal Konflikte auf, wenn es unterschiedliche Haltungen zum Thema Erziehung oder Freizeitgestaltung gibt."
Was kann man tun, wenn man das Gefühl hat, das Schwiegerkind ist "nicht gut" für das eigene Kind?
Birgit Salewski: "Wenn Ihre Tochter oder Ihr Sohn eine Wahl für eine Lebenspartnerschaft getroffen hat, dann haben Sie diese zu respektieren. Erwachsene Kinder treffen oft und viele Entscheidungen, die den Eltern nicht passen. Eltern müssen lernen, damit gut zu leben und trotzdem in einer guten und angemessenen Beziehung zu bleiben. Natürlich muss man nichts tolerieren, womit man wirklich große (moralische) Probleme hat. Aber die 'normalen' Lebensentscheidungen eines erwachsenen Kindes dürfen sie voll und ganz Ihren Kindern überlassen.
Haben Sie als Schwiegereltern grundlegende Probleme und Sorgen, sollten Sie sich erstmal miteinander austauschen, sich gegenseitig beruhigen und einen geordneten Blick auf die Lage werfen. Was stört uns denn konkret? Was genau macht uns Sorgen? Womit sind wir nicht einverstanden und geht uns das wirklich etwas an? Oft ist auch ein Gespräch mit Freunden und eigenen Vertrauenspersonen hilfreich, um die eigenen Gefühle zu ordnen.
Haben Sie den Eindruck, Ihr eigenes Kind erfährt Schaden durch einen Lebenspartner oder eine Lebenspartnerin, suchen Sie das ruhige und ehrliche Gespräch mit dem eigenen Kind, in welchem Sie Ihre Sorge um Ihre erwachsene Tochter oder Ihren erwachsenen Sohn zur Sprache bringen. Werten Sie den Lebenspartner oder die Lebenspartnerin nicht ab und machen Sie keine Vorwürfe, denn das führt oft nur zu Verteidigungs- und Rechtfertigungsdiskussionen und nützt niemandem."
Was können Schwiegerkinder tun, die nicht akzeptiert werden?
Birgit Salewski: "Schwiegerkinder sollten sich auf gar keinen Fall zu sehr verbiegen, nur damit sie in das Weltbild ihrer Schwiegereltern passen. Hilfreich ist eher eine wohlwollende, respektvolle Atmosphäre, in der man die Schwiegereltern einlädt, sich gegenseitig kennenzulernen. Laden Sie die Schwiegereltern also in Ihre Welt ein, zeigen Sie sich, wie Sie sind. Aber zwingen Sie niemanden dazu, Ihre Welt genauso zu lieben, wie Sie es tun. Die Lebensentwürfe sind manchmal eben sehr verschieden.
Wichtig ist, dass auf den Lebenspartner oder die Lebenspartnerin kein Druck aufgebaut wird, nach dem Motto, entscheide Dich zwischen Deinen Eltern und mir. Diese Entscheidung ist nur im absoluten Extremfall überhaupt zu entscheiden und im normalen Auf und Ab des Alltags nur störend.
Wen die Schwiegereltern letztlich 'für gut befinden', liegt allein in deren Hand. Schade, wenn es zu solchen Bewertungen kommen muss. Letztlich ist es aber das Thema der Schwiegereltern, dass sie sich an der Seite ihres Sohns oder ihrer Tochter jemand anderen wünschen. Das ist schmerzhaft, aber nicht das Thema der Schwiegerkinder. Leider müssen sie es ertragen lernen. Manchmal ist es dann hilfreich, sich einfach etwas aus dem Weg zu gehen. Um des lieben inneren Friedens willen."
Wie kann man Konflikte mit den Schwiegerkindern überwinden?
Birgit Salewski: "Mit Zeit, Ruhe und gegenseitigem Respekt. Nur wenn beide Seiten bereit sind, das Gegenüber wirklich kennenzulernen und sich Schritt für Schritt aufeinander zuzubewegen. Die Eigenheiten des anderen werden dabei großteils erhalten bleiben und deswegen ist es wichtig, einen Umgang mit diesen ganzen Unterschiedlichkeiten zu finden.
Zentral ist es, das Zusammenleben, Besuche und Verantwortlichkeiten so zu regeln, dass möglichst alle eine gute Perspektive erhalten.
Tipp
Wichtig ist mir immer, dass ein junges Paar lernt, die Situation zunächst für sich zu bewerten und dann Entscheidungen zu treffen. Das ist die erste Ebene, auf der immer ein Austausch stattfinden sollte. Die nächste Ebene ist dann der Kontakt des erwachsenen Sohnes/der erwachsenen Tochter zu den eigenen Eltern und erst in einem dritten Schritt setzen sich alle Erwachsenen zusammen."
Was kann man tun, wenn sich die Konflikte nicht beseitigen lassen?
Birgit Salewski: "Dann würde ich zunächst Abstand und ein bisschen Ruhe empfehlen, damit es nicht schlimmer wird. Wenn alle dazu bereit sind, kann eine Mediation sehr hilfreich sein, besonders dann, wenn Sie unter einem Dach leben und/oder zusammenarbeiten."
Fazit: Tipps für ein harmonisches Miteinander zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern
- Respekt
- Zeit für ein gegenseitiges Kennenlernen
- Etablieren eines angemessenen Kontaktes mit klaren Grenzen, Verantwortlichkeiten und Rückzugsräumen