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Psychologie Stadt.Land.Umzug – So gelingt er leicht

Ein Umzug - sei es von der Stadt aufs Land oder umgekehrt - ist für Jung und Alt ein enormer Kraftaufwand. Auch emotional. Dazu braucht es erstmal Mut und dann gute Nerven. Doch wie gelingt das Zurücklassen? Was tun, wenn es an dem neuen Ort gar nicht so paradiesisch ist? Und welche Faktoren sind eigentlich wichtig, damit ich an meinem Wohnort glücklich bin? Tipps von Familientherapeutin Birgit Salewski.

Stand: 03.11.2021

Eine leere Wohnung beim Einzug. | Bild: BR/Julia Müller

Wie kann ein Umzug für alle Beteiligten möglichst reibungslos über die Bühne gehen?

Birgit Salewski: "Neben allem Organisatorischen, das unweigerlich viel Kraft kostet, ist es auch wichtig, das Soziale und Emotionale nicht zu vergessen. Zeit für Abschiede von Menschen und Orten, der räumliche und soziale Neubeginn, die Integration von großen und kleinen Menschen in die neue Umgebung und natürlich auch die notwendigen Ruhepausen sollten eingeplant werden.

In jedem Fall, egal ob man umziehen muss oder möchte, ist es in meinen Augen wichtig, dem letzten zu Hause im Sinne eines guten Abschieds Aufmerksamkeit zu schenken. Man sollte also die letzten Wochen und Tage bewusst gestalten. Hierzu ist es hilfreich, bewusst Zeit in diesem Zuhause zu verbringen, Menschen einzuladen und auch eine Abschiedsfeier zu machen. Das ist für einen selbst und auch für das soziale Umfeld das deutliche Zeichen: Jetzt wird etwas ganz grundlegend anders, wir ziehen weg.
Hilfreich ist auch, sich von der Umgebung und auch von den Nachbarn zu verabschieden. Je offener man selbst die bevorstehende Veränderung ankündigt, desto eher können die Menschen aus dem sozialen Nahraum auch darauf reagieren und sich ebenso verabschieden. Es geht ja nicht nur um die Menschen, die gehen."

Wie kommt man in einem neuen Umfeld und in einer völlig neuen Umgebung besser an und zurecht? Für Kinder ist eine räumliche Veränderung ja meist mit einem Schulwechsel verbunden. Und das fällt den wenigsten leicht…

Birgit Salewski: "Kindern und Jugendlichen hilft es, wenn sie den neuen Ort schon vor dem Umzug mit ihren Eltern oder Großeltern erkunden können. Wenn es die Zeit zulässt, dann sind vorhergehende Besuche und Erkundungen hilfreich, um sich daran zu gewöhnen und die notwendige Orientierung zu bekommen.
In der Regel fällt es Kindern und Jugendlichen in Kita und Schule nach einer ersten Phase des Kennenlernens eher leicht, Kontakte zu knüpfen und neue Freunde zu finden. Sprechen Sie zu Hause über die Erfahrungen, die Ihr Kind macht, laden Sie die neuen Bekannten nach Hause ein und ermuntern Sie Ihr Kind, neue Freundschaften einzugehen.
Darüber hinaus ist es für viele Kinder schön, an bewährten Hobbys anzuknüpfen und wieder in den Sportverein oder die Theatergruppe zu gehen. Es kann aber auch ein guter Schritt sein, sich ein neues Hobby zu suchen.
Dann ist die Orientierung ein wichtiger Teil: Erkunden Sie immer weiter zusammen mit der Familie die Umgebung, üben Sie Wege, lernen Sie die Nachbarn kennen. Nehmen Sie am sozialen Leben vor Ort teil. Egal ob Nachbarschaft, religiöse Gemeinschaft, Vereine oder Kita und Schule: Lassen Sie sich als Familie sehen und gehen Sie als Erwachsene auf andere Menschen zu. Dann sehen Ihre Kinder, wie das geht und trauen sich auch unter Gleichaltrigen, einen Schritt auf andere Kinder zuzugehen." 

Und wenn Kinder Heimweh nach ihrem alten Zuhause und Sehnsucht nach ihren alten Freunden haben?

Birgit Salewski: „Neben der Aufgabe der neuen Integration, haben Kinder und Jugendliche oft 'Heimweh'. Auch hier ist es wichtig, mit den Kindern zu sprechen, diese Gefühle zuzulassen und dann auch aktiv zu werden:
Fördern Sie den Kontakt zu alten Freunden, ermöglichen Sie gegenseitige Besuche und das Feiern gemeinsamer Feste. Machen Sie auch für die Kinder ein kleines Willkommensfest am neuen Wohnort und laden Sie die alten Freunde der Kinder dazu ein. Wenn dies räumlich nicht möglich ist, dann nutzen Sie die Schulferien für Besuche im alten Zuhause und unterstützen Sie Kontakte über Briefe, Telefon oder Videocalls."

Mit einem Neuanfang erhoffen sich viele ein "Ankommen im Paradies". Wenn es aber an dem neuen Wohnort ganz anders ist, als man es sich vorgestellt hat?

Birgit Salewski: "Das Neue bleibt immer eine kleinere oder größere Überraschungskiste, daher ist es gut, den neuen Wohnort und die Nachbarn nicht mit zu hohen Erwartungen zu überfrachten. Zu hohe Erwartungen à la 'Jetzt wird alles besser!' sind geeignet, um zu scheitern.

Geben Sie also sich und dem neuen Umfeld Zeit, sich kennenzulernen, sich anzunähern, sich zu zeigen. Bedenken Sie vor allem, dass die ersten drei Monate für Sie selbst noch sehr stressig und ungewohnt sein können. Dadurch sind Sie selbst noch nicht wieder in Ihrer Mitte, um alles in Ruhe zu betrachten.

Wichtig sind also folgende Punkte:

  • ruhiges Kennenlernen mit etwas Neugierde Ihrerseits
  • sich selbst für das eigene Einleben Zeit geben
  • erste Einschätzungen und Bewertungen nach dem ersten Vierteljahr"

Welche Faktoren sind wichtig, damit ich an meinem Wohnort glücklich bin?

Birgit Salewski: "Ich glaube, das trifft für alle Wohnorte zu:

  • Ein Zuhause, in dem ich mich wohlfühlen kann, in dem ich aber auch eine Rückzugsmöglichkeit für mich habe.
  • Nachbarschaftliche Verhältnisse, die zumindest von gegenseitigem Respekt geprägt sind.
  • Darüber hinaus ist es natürlich schön, wenn die Arbeitswege nicht zu lange sind.
  • Wichtig ist auch, dass die Familie für alle Altersstufen eine Infrastruktur vorfindet (Kindergarten, Schule, Freizeitangebote), welche die soziale Integration vor Ort unterstützen."

Wie sieht deiner Meinung nach für Familien das Wohnen der Zukunft aus?

Birgit Salewski: "Wenn ich an Familien und Wohnen denke, dann ist mein Hauptanliegen, dass sich Familien in Städten, Kleinstädten und auf dem Land wohlfühlen, gern gesehen sind und Kinder und Eltern von allen um sie herum unterstützt werden.
Viele Familien, die ich kenne, sind vom Leben in der Stadt zu stark gefordert. Die Stadt ist ihnen unter anderem zu laut, zu hektisch, zu unsicher und die Wege sind ihnen zu weit. Dann kommt unweigerlich die Idee, aufs Land zu ziehen, in die vermeintlich heile Welt.
Auf dem Land ist aber auch nicht alles ideal: Oft fehlt die notwendige Infrastruktur, die Wege sind auch weit und der gewünschte Wald hinter dem Haus birgt natürlich ebenso seine Herausforderungen für Stadtkinder.
Das Wichtigste ist doch aber, dass Familien mehr Platz und Raum brauchen – egal wo sie leben."

Viel Erfolg bei der Umsetzung wünschen Birgit Salewski und "Wir in Bayern"!


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