Franken - Kultur


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Jean Paul Einer, der uns lachend zum Nachdenken bringt

Der Aphorismus ist – so hat es eine kluge Frau (Mari von Ebner-Eschenbach) formuliert – das letzte Glied einer langen Gedankenkette. Machen wir die Probe: nachfolgend ein paar Beispiele aus Jean Pauls "Aphorismen".

Von: Hermann Glaser

Stand: 11.11.2013 | Archiv

Aphorismus von Jean Paul auf einem Bierdeckel | Bild: picture-alliance/dpa

Aphorismen: nach der Worterklärung im Duden "prägnant-geistreiche in Prosa formulierte Gedanken, die eine Erfahrung, Erkenntnis oder Lebensweisheit enthalten".

Aphorismen von Jean Paul

"Ich kann mir denken, dass ein reiner Dichter einen reinen Kaufmann begreift und schätzt sogar; aber nicht umgekehrt."

"Die Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens."

"Wir müssen die Wirklichkeit dem Ideal, aber nicht dieses jener anpassen."

"Wer die Laterne trägt, stolpert leichter als wer ihr folgt."

"Der Hauptfehler des Menschen bleibt, daß er so viele kleine hat."

"Ach, dem Menschen fehlen oft weniger die Flügel als die Anhöhe, auf der er den Flug anfängt."

"Das Alter ist trüber als die Jugend, nicht weil seine Freuden, sondern weil die Hoffnungen erloschen sind."

Jean Pauls Gedanken kreisten immer um den Menschen, sein Leben und Wesen und damit oft um den Tod. Dennoch verlernte er darüber nicht das Lachen. Humor ist eben, wenn man trotzdem lacht.

"Der Mensch hat drittehalb Minuten: eine zu lächeln, eine zu seufzen und eine halbe zu lieben, denn mitten in dieser Minute stirbt er."

Jean Paul

In seiner "Vorschule der Ästhetik" vermerkt der Dichter, dass der Humor als das "umgekehrte Erhabene" das Endliche durch den Kontrast mit der Idee vernichte. Der Zusammenstoß des Unendlichen und Endlichen wirke "komisch". Sub specie aeternitatis werde durch den Humor das Große relativiert (denn auch der "große Mensch" steigt wie der "kleine" drei Stufen hinauf und drei Stufen hinab und fällt ins Grab hinein).

Vom Blickwinkel der (unendlichen) Idee her gesehen gleichen sich Groß und Klein fast vollständig. Der Humorist "erniedrigt das Große, um ihm das Kleine, und erhöht das Kleine, um ihm das Große an die Seite zu setzen und so beide zu vernichten, weil vor der Unendlichkeit alles gleich ist und nichts". Der Humorist "gleicht dem Vogel Merops, welcher zwar dem Himmel den Schwanz zukehrt, aber doch in dieser Richtung in den Himmel auffliegt. Dieser Gaukler trinkt, auf dem Kopfe tanzend, den Nektar hinaufwärts." Da er das Missverhältnis von Diesseits und Jenseits, Wirklichkeit und Idee in sich auslebt, lacht er; oft erwächst aus dieser Zerrissenheit ein bitteres, satirisches Lachen. Indem der Humorist mit der kleinen Welt die unendliche ausmisst und verknüpft, entsteht "jenes Lachen, worin noch ein Schmerz und eine Größe ist". Der Humorist gehe mit der tragischen Maske umher – er habe sie "wenigstens in der Hand".


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