Franken - Kultur


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Jean Paul Eine Selberlebensbeschreibung

Wer ist Jean Paul? Kein Klassiker wie Goethe, kein Romantiker wie E.T.A. Hoffmann. Ein seinerzeit äußerst erfolgreicher Schriftsteller, den heute fast niemand mehr kennt. Doch lassen wir ihn sein Leben selber beschreiben.

Stand: 15.03.2013 | Archiv

Jean Paul | Bild: picture-alliance/dpa

"Geneigteste Freunde und Freundinnen! Es war im Jahr 1763, wo der Hubertsburger Friede zur Welt kam und gegenwärtiger Professor der Geschichte von sich; – und zwar in dem Monate, wo mit ihm noch die gelbe und graue Bachstelze, das Rotkehlchen, der Kranich, der Rohrammer und mehre Schnepfen und Sumpfvögel anlangten, nämlich im März; – und zwar an dem Monattage, wo, falls Blüten auf seine Wiege zu streuen waren, gerade dazu das Scharbock- oder Löffelkraut und die Zitterpappel in Blüte traten, desgleichen der Ackerehrenpreis oder Hühnerbißdarm, nämlich am 21ten März; – und zwar in der frühesten frischesten Tagzeit, nämlich am Morgen um 1½ Uhr; was aber alles krönt, war, daß der Anfang seines Lebens zugleich der des damaligen Lenzes war."

Jean Paul, Selberlebensbeschreibung; Fragment, 1818/19 geschrieben, 1826 von Jean Pauls Freund Christian Otto herausgegeben

Freundschaftlich adressiert Jean Paul zu Beginn seiner "Selberlebensbeschreibung" seine Leser. Wie so vieles hat er auch seine Autobiografie angefangen, aber nicht fertig gebracht. "Er hat relativ bald die Lust daran verloren, sein Leben aufzuschreiben, wahrscheinlich weil sein Leben furchtbar langweilig war", sagt Sven Friedrich, Leiter des Jean-Paul-Museums der Stadt Bayreuth.

Jean Paul sei es viel wichtiger gewesen, in seinen Gestalten und Figuren zu leben. Er tritt ja auch als Erzähler immer wieder in seinen Romanen auf. "Er sagte selbst einmal, er sei durch seine Romane so sehr ans Lügen gewöhnt, dass er zur Realität gar kein rechtes Verhältnis mehr habe", so Friedrich. 

Ein Schriftsteller der Gegensätze

Wer also ist dieser Jean Paul? Nun ja, er ist weder ein Klassiker wie Goethe, noch ein Romantiker wie E.T.A. Hoffmann. Doch er ist einer der erfolgreichsten Schriftsteller seiner Zeit, der von seiner Literatur leben konnte. Der die Armut genauso durchlebte, wie er zwischenzeitlich den Erfolg und den damit einhergehenden Ruhm kennenlernte. Ein überzeugter Pazifist, ein unbürgerlicher Schriftsteller des Bürgertums, ein menschenfreundlicher Spötter, ein anarchischer Meister der Abschweifung, literarischer Autodidakt und Einzelgänger. Doch sein literarischer Ruhm verblasste während seiner späten Lebensjahre. Diese waren von Krankheit gezeichnet, 1825 starb er. Jean Pauls Leben in Stichpunkten:

Jean Pauls Leben

1763

Am 21. März wird Johann Paul Friedrich Richter, der sich später aufgrund seiner Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau Jean Paul nennen wird, im oberfränkischen Wunsiedel geboren. Er wächst als Sohn eines Organisten und Pastors in Joditz und Schwarzenbach in ärmlichen Verhältnissen auf.

1781

Im Mai schreibt er sich an der Universität Leipzig für Theologie ein. Gleichzeitig arbeitet er an Satiren, die 1783 gedruckt werden.

1784

Paul ist verschuldet und muss vor seinen Gläubigern fliehen. Er kehrt zu seiner Mutter nach Hof zurück, sozusagen als "gescheiterte Existenz". Es herrscht Armut in der Familie.

1787

Er bekommt eine Stelle als Privatlehrer, die finanzielle Lage bessert sich.

1789

Jean Pauls Bruder Heinrich begeht Selbstmord.

1793

Erste literarische Erfolge, etwa mit "Die unsichtbare Loge". Zum ersten Mal verwendet er Jean Paul als Namen, in Anlehnung an Jean-Jacques Rousseau.

1795

Der Roman "Hesperus oder 45 Hundsposttage" macht Jean Paul schlagartig berühmt.

1796

Jean Paul besucht Weimar, das kulturelle Zentrum der Zeit. Er schreibt "Siebenkäs", "Das Leben des Quibtus Fixlein" und "Der Jubelsenior".

1798

Jean Paul zieht nach Weimar.

1800

Reise nach Berlin – Paul ist auf dem Höhepunkt seines literarischen Ruhms. Er lernt die Schlegel-Brüder kennen, Johann Gottlieb Fichte und Johann Ludwig Tieck.

1801

Nach vielen Liebes-Verwicklungen heiratet er schließlich Karoline Meyer. Seine nächsten Romane "Titan" und "Flegeljahre" werden eher Misserfolge.

1804

Jean Paul siedelt von Meiningen und Coburg nach Bayreuth. Am liebsten schreibt er nun in der Wirtschaft Rollwenzelei nahe der Eremitage in Bayreuth.

1817

Seine politischen Stellungnahmen stoßen bei den patriotischen Burschenschaften auf Begeisterung. Sie ernennen ihn zum "Lieblingsdichter der Deutschen".

1820

Jean Paul wird Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

1823

Der Schriftsteller erkrankt an Grauem Star und erblindet allmählich.

1825

Jean Paul stirbt am 14. November und wird auf dem Stadtfriedhof in Bayreuth beerdigt.


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