Unternehmerisches Ende Nur der Name bleibt
1976 ist der Neckermann-Konzern von wirtschaftlichen Turbulenzen erfasst worden, von denen er sich nicht mehr erholen konnte. Das Unternehmen wurde 1977 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und Neckermann schied aus der Geschäftsführung aus.
An der Finanzierung des Aufbaus des Neckermann-Konzerns mit seiner Zentrale in Frankfurt am Main war bis 1963 der Großindustrielle Friedrich Flick wesentlich beteiligt. 1963 zog Flick 70 Millionen D-Mark aus dem Konzern, die er Neckermann als Unterstützung gewährt hatte, ab. Dieser Kapitalverlust brachte den Konzern in große Bedrängnis. Obwohl der Konzern weiter wuchs, wurde die Kapitaldecke im selben Tempo immer dünner.
Geringer Gewinn und wenig reizvolles Angebot führen zur Krise
Ständiger Kapitalmangel, lässiges Management und eine unglückliche Sortimentspolitik in den Warenhäusern verschlechterten die wirtschaftliche Situation des Neckermann-Konzerns in den 1970er Jahren. Ein zu riskanter Jubiläumsverkauf führte 1975 schließlich mit zehn Millionen Mark Verlust erstmals zu einem negativen Jahresergebnis. In diesem Jahr setzte der Neckermann-Konzern 3,5 Milliarden D-Mark um, aber die Umsatzrendite lag bei nur 0,12 Prozent. Der Abwärtstrend hielt auch in den Folgejahren an. 1976 schrieb der Neckermann-Konzern einen Verlust von 221,95 Mio. DM.
Übernahme durch Karstadt
1976 kam es zum "brutalsten Übernahmepoker der Nachkriegszeit" – wie es ein Frankfurter Banker damals beschrieb. Im Juli 1976 stieg größte deutsche Kaufhauskonzern, die Karstadt AG (Jahresumsatz: 7,7 Milliarden Mark), bei der Neckermann Versand KG (Umsatz: 3,5 Milliarden) ein. Firmenchef Josef Neckermann, der Vorsitzende des Neckermann-Aufsichtsrates, Max Kreifels, und Neckermann-Sohn Peter Neckermann gaben am 19. Juli 1976 die Beteiligung von Karstadt am Neckermann-Konzern bekannt. Im ersten Schritt übernahm Karstadt 25 Prozent des Neckermann-Kapitals. Bis Mitte 1977 wurde die Versandhandelsfirma Neckermann in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Karstadt AG erwarb 1977 51,2 Prozent des Kapitals der Neckermann Versand KG. Josef Neckermann, der dabei den Großteil seines Vermögens verlor, schied aus der Geschäftsführung aus.
Das Ende eines Unternehmers
Eine jährliche Apanage von 800.000 D-Mark, die ihm die Karstadt AG bewilligte, erlaubte Josef Neckermann, sich ganz der Führung der Deutschen Sporthilfe zu widmen. Peter Neckermann, der anfangs auf den Sprecherposten spekuliert hatte, fand sich mit dem etwa 500.000 Mark pro Jahr dotierten Vorstandsressort für Finanzen und Volkswirtschaft ab. Bis 1984 erreichte die Karstadt AG über 95 Prozent des Neckermann−Kapitals und gliederte die Neckermann Versand AG in die Karstadt AG ein.
Begründungsversuche für die Unternehmenskrise
Josef Neckermann
"Das ist mir später oft zum Vorwurf gemacht worden: Ein Topmanager, der sich um solche Kleinigkeiten kümmert? Darauf reagierte ich gar nicht. Ich habe nie behauptet, ein Topmanager zu sein, ich bin Kaufmann, Versender!" (Unternehmer Josef Neckermann)
Ralf Banken
"Die bundesdeutsche Massenkonsumgesellschaft hatte sich spätestens Ende der 1960er Jahre völlig verändert. Es war nicht mehr gefragt, das billigste Angebot, sondern was zu dem passt, der gerade konsumieren wollte. Man musste viel zielgruppenorientierter anbieten – und das hat Neckermann bis 1976 verschlafen." (Wirtschaftshistoriker Ralf Banken)