Neuerscheinungen der Woche Neue Platten von Nick Cave, Jon Hopkins, Laurie Anderson u. a.
Unsere Neuerscheinungen der Woche im Überblick. Mit Nick Cave & the Bad Seeds, Yannis & The Yaw, Jon Hopkins, Oasis, Los Bitchos, Lambert, Laurie Anderson, Jacques Palminger & 440 Hz, The Bug Club, Seefeel, Asha Gamadze & Black Lungs, Wunderhorse und Galliano
OASIS – Definitely Maybe (30th Anniversary Deluxe Edition)
DER Brit-Pop-Klassiker hat runden Geburtstag: das Debüt von Oasis wird 30. Nein, „Wonderwall“, kam erst auf dem Album danach. Auf „Definitely Maybe“ waren aber „Live Forever“, „Rock´n´Roll Star“ und „Supersonic“ – und es gilt als das “fastest selling Album in UK ever“. Auf dem Cover sehen wir links ein Foto des wohl besten Songwriters aller Zeiten: Burt Bacharach. Was schon früh für Spekulationen zur Selbsteinschätzung der Gallagher Brüder sorgte. Wie sehr überschätzen sich die Brüder? Nachdem es schon zum 10. und 20. Jubiläum Sonder-Ausgaben gab, stellt sich die Frage, ob es all die Extra-Extra-Versionen der Songs der „30 Years Deluxe Edition“ wirklich braucht? Für die Fan wurden die frühen Versionen der ersten Songs ausgegraben - die Monnow Valley Versions und Sawmills Studio Bänder lagen bis vor wenigen Monaten unbeachtet bei Creation, dem Label ihres Managers Alan McGee. Das Jubiläum ist aber eine gute Gelegenheit das Original von 1994 wieder zu hören oder neu zu entdecken. Jetzt, wo die Bombe platzte: dass Liam und Noel wieder gemeinsam auftreten werden – im Sommer 2025. Stand jetzt: nur im UK. Im sehens- bzw hörenswerten Interview erzählt Noel viele Hintergründe – u. a. auch dass sich im ersten Album der Geist des Acid House finde: Oasis wollten eine Musikmachen, vor der auch alle gleich sind und die eine große Gemeinschaft erzeugt. Es ist ihnen gelungen: das Debüt heimste 8-fach Platin in UK ein – und ist dort das am zweitmeist gestreamte 90er-Album – nach der Nachfolger Platte „(What´s The Story) Morning Glory?“ (Original: 9 von 10 Punkten, Jubiläums-Bonus: 7 von 10 Punkten)
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Oasis - Rock 'N' Roll Star (Official HD Remastered Video)
NICK CAVE & THE BAD SEEDS – Wild God
Seit 1984 gibt es sie: Nick Cave & The Bad Seeds. Und seit 40 Jahren erkennt man den Sound der Band sofort. Auch wenn 18. Studio-Album das Erste ist, das Dave Friedmann gemischt hat, den man für seine opulenten Aufnahmen kennt (ua Mercury Rev, Flaming Lips, MGMT). Er erbat sich, dass ihn Nick Cave und sein wichtigsten Mitstreiter, Multiinstrumentalist Warren Ellis, erstmal alleine mischen lassen. Das Ergebnis: jubilierenden Engelschöre bei der Vorabsingle „Wild God“. Ein Stück, in dem sich Cave selbst zitiert: „he went searching for the girl down on Jubilee Street, but she´d die in a bedsit in 1993“ („Jubilee Street“ vom „Push The Sky Away“-Album, 2013). „Conversion“ ist aufgedonnerter Gospel-Indie-Soul-Pop und handelt von einem „tief mysteriösen Moment mit meiner Frau – wie nicht von dieser Welt“. Eine komplizierte, aber freudvolle Platte sei es geworden, so Cave. Bei Songs wie „Wild God“ oder „Frogs“, müsse er einfach nur noch grinsen, wenn er sie höre. Die Stücke seien „voller Leben, Hoffnung, Wunder und Kraft“. Nach den eher persönlich geprägten letzten, zT Klavier-dominierten Alben, räumt er seiner Band, den Bad Seeds, wieder mehr Platz ein. Drummer Thomas Wydler ist nach längerer Krankheit wieder dabei. Bei den Demos half Colin Greenwood von Radiohead am Bass aus – am Ende spielte Seeds-Bassist Martyn Casey seine Bass-Parts in Australien ein. Und der Chor ist deutlich zu hören: die Frauenstimme stammt von Caves langjähriger Gefährtin Anita Lane. Am 24.9. spielt Cave sein erstes Konzert in Oberhausen, es folgen Berlin, Hamburg und am 18.10. die Münchner Olympiahalle. Nach dem Zenith packt er nun also zum ersten Mal in München eine Location mit fünfstelliger Besucherzahl: da passen 15.000 Cave-Fans rein. Wer hätte gedacht, dass es bei Nick Cave immer so weiter geht bzw größer wird? Für seine Fans ist er – auch wieder mit dieser Platte - ein „Mild God“. (8,0 von 10 Punkten)
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Wild God
THE BUG CLUB – On The Intricate Inner Workings of the System
Was eine Entdeckung: The Bug Club aus Wales liefern gleich ein paar der Indie-Kracher des Jahres. Das Trio - zwei Typen und eine Frau - klingt mit „Londsdale Slipons“ nach einer neuen jungen Version von Franz Ferdinand. „Quality Pints“ ist der Pogo-Hit und „A Bit Like James Bond“ der Kneipen-Schunkler à la Art Brut. „Better Than Good“ und „(We´re like a) Pop Single (That everyone knows)“ erinnern an die brillante Naivität von Jonathan Richman & The Modern Lovers - und für Selbstironie ist auch Platz: „(We´re the) Best Looking Strangers In The Cemetary“ heißt zum Beispiel ein weiterer Song. Das fünfte Album vom Bug Club ist das erste auf Sub Pop – und eine charmante Brücke zwischen den 70ern und Heute. Sie sollten damit den Durchbruch schaffen. Leider haben sie nur UK + US-Termine – vielleicht kommen sie später noch live zu uns. Ach ja: Der Titel heisst übersetzt: „Über die komplizierten inneren Abläufe des Systems“. Passt zum Bandnamen: sie wollen ja Bugs, Fehler im System, sein. Anderererseits ist diese Titel-Ansage leicht paradox für eine Band, die solche (einfach gestrickt wirkenden) Ohrwürmer raushauen kann. Da schlummert einiges unter der Hit-Oberfläche. (8,1 von 10 Punkten)
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The Bug Club - Lonsdale Slipons (Official Audio)
LOS BITCHOS – Talkie Walkie
Das Debüt des Frauen-Quartetts wurde von Alex Kapranos, Franz Ferndinand-Chef, produziert. Und lief auch bei uns. Der Instrumental-Sound des Quartetts ist eine Kreuzung aus Indie-Pop, Cumbia und Surf-Psychedelia. Die vier aus unterschiedlichen Ländern stammenden Musikerinnen in London machen genau da weiter, wo sie 2022 mit „Let The Festivities Begin“ aufhörten. Und liefern eine fulminante, nach vorne gehende Global Pop-Mische. Mein Favorit: das eher ruhige „It´s About Time“. Bester Songtitel: „Let Me Cook You“ (!). Los Bitchos erweitern das Portfolio der im Moment prosperierenden Instrumental-Band-Szene – wie Khruangbin, Hermanos Gutierrez, La Lom, Yin Yin oder Glass Beams. Serra Petale (Git), Agustina Ruiz (Synth/Keytar), Josefine Jonsson (Bass) und Nic Crawshaw (Drums) kommen mit „Talkie Walkie“ auf Tour: 18.11. München, Strom + 22.11. B-Festsaal Kreuzberg + 25.11. HH-Knust + 3.12. K-Gebäude 9. Let The Festivities Begin! (7,4 von 10 Punkten)
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Los Bitchos - La Bomba (Official Video)
YANNIS & THE YAW – Lagos Paris London EP
Die vermutlich letzten Songs, bei denen Afro-Beat-Legende Tony Allen getrommelt hat. Yannis & The Yaw ist das Studio-Projekt des Sängers der britschen Band Foals, Yannis Philippakis - mit Allen am Schlagzeug – und dessen Studioband. Die fünf Stücke zeigen, wie universell Afro-Beat ist – funktioniert auch als Grundlage mit einem Sänger, der weissen Indie-Pop macht.
Allens Drumming ist so abwechslungsreich, dass der Gesang, der sonst für die Variation sorgen soll, plötzlich wie das eher stoische Gerüst wirkt, was man sonst vom Schlagzeuger erwartet. Schade, dass erst Corona und dann der Tod 2020 von Allen das Projekt jäh unterbrachen. So wird es leider bei der „Lagos Paris London EP“ bleiben. Lagos/Nigeria war der Geburtsort Allens, in Paris lebte er und in London wohnt Philippakis. Mit „Walk Through The Fire“ und „Under The Strikes“ liefert die Platte gleich zwei absolut Party-taugliche Nummern (hoffentlich nicht nur für kommende Zündfunk-Feiern). Allen war einmal mehr der „percussive conductor at the heart of the tornado.“ Und Yannis empfiehlt sich als der neue Damon (Albarn), der über den (Indie-)Tellerrand zu kucken vermag. (8,2 von 10 Punkten)
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Yannis & The Yaw - Walk Through Fire feat. Tony Allen (Official Video)
JON HOPKINS - Ritual
Der englische Dance-Produzent mit einem weiteren Konzept-Album: nach dem kontemplativen „Music For Psychedelic Therapy“ von 2021 nun das „dynamischere Gegenstück“: „Ritual“ ist für Jon Hopkins eine „41 minütige, elektronische Symphonie“. Auch sie hat ihre kontemplativen Parts – und ergibt eine durchlaufend-meditative Musikfläche. Vermutlich haben beide Platten einen großen persönlichen Wert für den Briten, der noch vor einigen Jahren in einem Atemzug mit Londoner Club-Kollegen wie Four Tet oder Caribou genannt wurde. Mit dem neuen Werk kehrt er den tanzenden Massen weiter den Rücken.
"Klar ist, dass dieses Stück die Struktur eines Rituals hat. Ich weiß, was dieses Ritual für mich ist, aber für Sie wird es etwas anderes sein. Es fühlt sich also nicht wie ein „Album“ an - eher wie ein Prozess, den man durchläuft, etwas, das an einem arbeitet. Gleichzeitig fühlt es sich an, als erzähle es eine Geschichte. Vielleicht ist es die Geschichte der archetypischen Heldenreise - die Reise des Vergessens und des Erinnerns."
Hopkins, Jon
Vergessen wir also die Dance-Tracks wie „Open Eye Signal“ – seine größten Streaming-Hits sind inzwischen seine Chillout-Songs (z. T. mit Brian Eno). Er ist vermutlich in die richtigen Playlists reingerutscht. Hopkins liefert aber auch im neuen Genre Qualität. (7,9 von 10 Punkten)
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Jon Hopkins - RITUAL (palace) (Official Audio)
LAURIE ANDERSON - Amelia
Die New Yorker Avantgarde-Queen beschäftigt sich mit dem tragischen letzten Flug von Amelia Earhart: die der US-Flug-Pionierin wollte 1937 als erster Mensch die Erde am Äquator umrunden. Anderson spricht sie „Erhart“ aus. Earhart war die erste Frau, die den Atlantik überquerte, wurde zu einem Idol für Mädchen und Frauen, lebte in offener Ehe mit einem Flieger und trat für feministische Ziele ein. Der Score-artige Sound vom „Amelia“-Album stammt vom tschechischen Orchester Filharmonie Brno, ua wirken Anohni und Marc Ribot mit. Dazu der Sprechtext von Anderson: sie erzählt die 42 Flug-Tage von Earhart mit ihrem Navigator Fred Noonan nach - von Miami über Brasilien, Westafrika, Indien, Neuguinea bis zum Verschwinden über dem Pazifik. Angereichert wird dieses Hörspiel-artige Album mit Motoren-geräuschen und historischen Aufnahmen zum Thema Luftfahrt. Manchmal benutzt Laurie Anderson für die Gesangsparts leichte Stimmeffekte – was sie seit den 80ern macht – wenn auch nicht so deutlich wie bei ihrem Vocoder-Novelty-Hit „Oh Superman“. Die Stücke heissen „Crossing The Equator“, „Flying At Night“, „Broken Chronometers“ oder „Howland Island“.
Earhart gilt als verschollen - am 2. Juli 1937 stürzte sie im Pazifischen Ozean ab, vermutlich bei der Howland-Insel zwischen Hawaii und Australien. Es gab tragischerweise Probleme mit der Funk-Kommunikation mit einem Hilfsschiff, das an der Insel wartete: Earhart konnte Funksprüche senden, das Schiff sie aber nicht hören. Bei der bis dahin größten Suche in der Geschichte der Luftfahrt wurden 400.000 Quadratkilometer abgesucht – das Flugzeug wurde nie gefunden. „Die Worte, die in Amelia verwendet werden, sind inspiriert von ihren Piloten-Tagebüchern, den Telegrammen, die sie an ihren Mann schrieb, und meiner Vorstellung davon, was eine Frau, die um die Welt fliegt, denken könnte“, so Anderson. Sie hatte „Amelia“ im Jahr 2000 in der Carnegie Hall in NYC aufgeführt. Für das Album hat sie das Stück überarbeitet. Spätestens am Ende – wenn Earhart nicht ankommt - bekommt man Gänsehaut. Und verbeugt sich vor ihr. (7,8 von 10 Punkten)
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Laurie Anderson - Sharkey's Day (Official Music Video)
LAMBERT – Actually Good
Ein neues Klavieralbum des Berliners, der ganz zu Beginn seiner Karriere, 2014, bei unserem Zündfunk-PunschKonzert auftrat und das handverlesene HörerInnen-Publikum in unserem Bayern2-Studio mit seinen Piano-Perlen verzückte. Der Mann mit der afrikanisch wirkenden Maske ist inzwischen beim Major-Klassik-Label angekommen und mit „The Stranger“ landet er gleich beim Opener einen neuen Höhepunkt seines Schaffens: eine perlend gespielte Nummer, die sich im Gedächtnis festsetzt. Nachdem er für das Album einen Tiefpunkt erlebte: die Platte war als Soundtrack für einen englischen Film geplant, bei dem Lambert den Detektiv spielen sollte. Bis er am Set ankam und alles den Bach runter ging. Jetzt veröffentlicht er das Album ohne den Film, aber man bekommt in den Videos zu den Vorabsongs einen Eindruck vom geplanten Krimi. Beteiligt am Sound waren Lamberts Berliner FreundInnen wie Ralph Heidel und Marie-Claire Schlameus (von Töchter). Auch „Rather“ und „Happy Place“ fliessen nur so einnehmend dahin. Und warten auf Eure Playlists. Lambert zählt zu den eher poppigen Vertretern der sogenannten Neo-Klassik - hat inzwischen mehrere Songs mit mehr als 8-stelligen Streaming-Zahlen. Am 25.11. kommt er live nach Nürnberg in die St. Martha Kirche und am 1.12. nach Frankfurt in die Brotfabrik. Weitere Termine folgen. (7,5 von 10 Punkten)
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Actually Good
JACQUES PALMINGER & 440 Hz – Die Sehnsucht Der Sterne
„Mein Herz schlägt für transzendente Jazzmusik“ heisst es in „Ich Bin Kein Roboter. Diese Zeile und der Albumtitel treffen es: hier trifft der Space-Jazz eines Sun Ra auf den deutsch-sprachigen Jazz-Pop eines Manfred Krug. In „Sternentänzer“ singt er: „An den Sonnenstrahlen hänge ich meine Tränen auf. Dann schwebe ich wie eine junge Seifenblase durch den Tag, ohne jeden Zweifel, ohne eine Spur von Angst.“ Hier zitiert sich Jacques Palminger selbst – früher Teil des Telefon-Streich-Trios Studio Braun und der wahren Techno-Pionier-Band Fraktur (zusammen mit Rocko Schamoni und Heinz Strunk): „keine Spur von Angst“ war eine zentrale Zeile in seinem legendären „Tüdeldub“ (2008). Bei der Umsetzung seiner surrealen Märchentexte – man höre z.B. „Muckschuh Fantasie“ über den orientalischen Schnabelschuh eines Wurms auf der Zahnbürste (siehe Albumcover) - halfen fünf MusikerInnen, die wir von Die Sterne, JaKönig oder Jan Delay kennen. Und am Ende überkommt uns in „Zwergplanet“ die berühmte Satelliten-Schwermut. Nach dem politisch bedingten Ausfall von Elon Musk als Weltraumfreund ist nun Jacques der Kosmonaut unserer Wahl - zwischen hier und dem Tannhäuser Tor. Jacques Palminger wird mit dieser Mische zum Abendstern der gepflegten Erwachsenen-Unterhaltung. (7,5 von 10 Punkten)
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Jacques Palminger & 440 Hertz - Ich bin kein Roboter (Official Video)
Der vielbeschäftigte südafrikanische Jazz-Drummer Asher Gamadze mit seinem zweiten Album fürs International Anthem-Label aus Chicago. Die Stücke dauern zwischen einer und 39 Minuten – und wurden an einem Tag in Sommer 2023 in Kapstadt eingespielt - u. a. mit der Vokalistin Tina Mene und Alt-Saxophonist Garth Erasmus. Dazu spricht die dunkle Erzähler-Stimme von Fred Moten – dem afro-amerikanischen Künstler, Kulturtheoretiker und Schriftsteller. Wodurch man es gut nach einem International Anthem-Klassiker auflegen kann: nach dem Damon Locks Black Monument. Auf „Find Each Other“ finden sich alle zehn beteilige MusikerInnen. Es wird bisweilen richtig tricky free und freaky oder aber wunderbar elegisch. Am 27.10. spielt Asher sein einziges D-Konzert: in Ludwigshafen beim Enjoy Jazz-Festival. (7,7 von 10 Punkten)
SEEFEEL – Everything Squared EP
Spooky Musik, bei man es einen frösteln kann. Nach bald 15 Jahren wieder eigenes Material vom britischen 90er-Jahre-Electronica-Duo Seefeel um Marc Clifford und Sarah Peacock. Das Stück „Hooked Paw“ klingt wie das Signal eines hilflos eiernden Satelliten, der seine Umlaufbahn nicht mehr findet und Angst hat, mit Weltraumschrott zu kollidieren. Hat die Klasse des frühen Aphex Twin. Wenn auf seinem für Oktober angekündigten ReIssue von „Selected Ambient Works 2“ ein Bonus-Track dieser Qualität drauf sein sollte, wäre es Gewinn. Bis dahin legen Seefeel die Latte in Sachen entrückter Space-Ambient-Sounds ziemlich hoch. Bisweilen schwingt sogar ein gewisses Unbehagen bei den Stücken mit. Als ob sich Unheil ankündigt. Klar, muss das auf Warp rauskommen. (7,6 von 10 Punkten)
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Seefeel - Hooked Paw (Official Audio)
WUNDERHORSE - Midas
Die Gitarren-Band aus UK, die sowohl Energie-technisch als auch stimmlich zT wie Nirvana bzw Kurt Cobain („July“) auszubrechen vermag. Bei längeren Stücken wie „Superman“ oder „Aeroplane“ verstehen Wunderhorse aber auch vom Tempo runterzugehen und entwickeln eine andere Art von Intensität. Ihr größter Hit vom Debüt, dem Vorgänger-Album, ist „Leader Of The Pack“ – aber keine Cover-Version vom 60s-Girgroup-Hit der Shangri-Las. Vom neuen Album dürften „Midas“, „Rain“ und „Silver“ die Hits werden. Neben ihrer eigenen UK-Konzerten begleiten sie die Fontaines D.C. auf deren Europa-Tour. So sehen wir Wunderhorse zB am 7.11. als passender grungey Alternative Rock-Support in München im Zenith, 8.11. Berlin, 11.11. Hamburg und 12.11. Köln. (7,3 von 10 Punkten)
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Wunderhorse - Silver
GALLIANO – Halfway Somewhere
Die Londoner Formation zählte zur Speerspitze des sogenannten Acid Jazz: in den späten 80ern waren Galliano die erste Band auf dem gleichnamigen Label von Gilles Peterson – heute England großer Radio-Zampano. Und wurden auf Petersons nächstem Label Talkin´ Loud zur Top10-Album-Band in UK. Rob Gallagher, der Sänger, und seine Crew, begrüßte u. a. Keyboarder Mick Talbot vom Style Council in ihren Reihen – der Soul-Band von Paul Weller nach dem Ende von The Jam. Andere Mitglieder wirkten mit bei Pressure Drop, The Blow Monkeys, Incognito, Two Banks Of Four – ganz London bediente sich hier mit (Wo)manpower.
Als der Acid Jazz – auch genannt Club Jazz – Platz für Downbeat/TripHop & Co machte, verschwand der Stil ebenso wie die Band. Nun sind Galliano zurück. Auf ihrem ersten Album seit 27 Jahren pendeln sie zwischen Funk, Soul, Jazz, Dub und Disco. Also „Halfway Somewhere“. In „Circles Going Round The Sun“ singt Gallagher mit seiner heiseren Stimme, wen und was sie alles erlebten: „first time we went to New York, James Brown came home... what did Andrew Weatherall say? … the god who dances is an immanent force … first time we got to Berlin, we climbed over the wall ... last time i went to New York i lost my edge to James Muprhy and the better version of what was the Was...“ Die Band könnte vermutlich irre Geschichten erzählen. Was ihr neuer Label-Boss sicher auch könnte, der wieder und immer noch Gilles Peterson heißt. (7,2 von 10 Punkten)
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Galliano - In the Breaks (Live Version)