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Die Schlange Naturbelassen: Die biologische Schlange

Stand: 06.09.2012 | Archiv

Schlangenkopf einer Boa Constrictor | Bild: picture-alliance/dpa

Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Schlangen (serpentes) sind fleischfressende, beinlose, wechselwarme Schuppenkriechtiere, die mit Ausnahme extremer Kältezonen nahezu alle Lebensräume der Welt besiedeln und zu den ältesten Lebewesen überhaupt zählen.

Sie zeichnen durch eine Reihe biologischer Merkmale aus, die ihr mythisches und religiöses Erscheinungsbild in unterschiedlichen Zeiten und Zusammenhängen ausgeformt haben. Die Kenntnis dieser natürlichen Eigenschaften ist wichtig, wir werden ihnen immer wieder als Ausgangspunkt für die kulturelle Wahrnehmung, Darstellung und Verwendung der Schlange begegnen.

Häutung: Wie alle Reptilien müssen Schlangen ihre Haut von Zeit zu Zeit vollständig abwerfen, weil sie im Gegensatz zum Körper nicht wächst. Ist die Haut zu eng geworden, stirbt die oberste Schicht ab, während sich darunter ein neuer Balg bildet. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, streift das Tier seine alte Hülle ab, die als "Schlangenhemd" zurückbleibt.

Gift: Obwohl von den etwa 2.700 bis 3.000 aktuell bekannten Arten nur rund 500 giftig sind und lediglich 200 Arten tödliche oder bedrohliche Vergiftungen verursachen können, ist die Giftigkeit der Schlange ein Leitmerkmal ihrer Wahrnehmung.

Lebensraum: Schlangen bewohnen sehr unterschiedliche Habitate. Sie leben auf Bäumen, im Wasser, zumeist aber auf oder unter der Erde, wo sie in Höhlen, Spalten, verlassenen Tierbauten oder unter Steinen Schutz suchen. Einige nachtaktive Wüstenschlangen vergraben sich auch tagsüber im Sand, aus dem sie mit Einbruch der Dämmerung hervor kriechen.

Abschreckung und Drohgebärden: Um sich gegen tatsächliche oder vermeintliche Angriffe zu schützen, haben viele Schlangen ein abschreckendes Drohverhalten entwickelt: Sie warnen durch lautes Fauchen und Zischen, richten das vordere Körperdrittel steil auf, spreizen den Hals, sperren den Rauchen auf, zeigen ihre Giftzähne und führen Scheinbisse aus.

Beuteverhalten: Alle Schlangen sind Lauerjäger. Sie passen ihrer Beute gut getarnt und reglos auf, dann stoßen sie mit Geschwindigkeiten von bis zu zehn Meter pro Sekunde aus der Deckung zu. Aufgrund des unerwarteten, blitzschnellen Angriffs hat das Opfer kaum eine Chance zu entkommen.

Fehlen äußerer Geschlechtsmerkmale: Das Geschlecht einer Schlange ist per Augenschein auch für Experten schwer unterscheidbar. Weder Männchen noch Weibchen zeigen äußerlich sichtbare Geschlechtsorgane und lassen sich für das ungeübte Auge auch sonst kaum auseinander halten.

Augen und Ohren: Schlangen haben keine Augenlider, ihr Blick erweckt daher den Eindruck regloser "hypnotisierender" Starrheit. Viele Arten können entweder nur Helligkeitsunterschiede, aber keine Farben, andere Arten umgekehrt nur Farben, aber keine Helligkeitsunterschiede wahrnehmen. Da Schlangen keine Außenohren haben, galten sie als gehörlos und taub. Anatomische Untersuchen zeigen jedoch, dass sie über ein Innenohr verfügen, das Bodenerschütterungen registriert.

Fortbewegung: Schlangen bewegen sich beinlos durch abwechselnde Muskelkontraktionen der rechten und linken Körperseite vorwärts. Die häufigste Fortbewegungsart ist das "Schlängeln" in Form einer horizontalen Wellenbewegung. Wüstenschlangen winden sich häufig seitwärts über den Sandboden, kurze, dicke Giftschlangen führen raupenähnliche Bewegungen aus, hauptsächlich unterirdisch lebende Schlangen bewegen sich in engen Gängen oder auf glatten Untergründen auch Ziehharmonika-förmig fort. Dabei legen sie den hinteren Körperteil in enge Schleifen, strecken den vorderen Körperteil und ziehen den Körper nach. Einige Schlangen sind zudem ausgezeichnete Kletterer, andere können schwimmen, bestimmte Arten "segeln" in einer Art Gleitflug von Baum zu Baum.


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