"I'm sorry, Mr. President" Warum El Hotzos USA-Doku an zu viel Ego scheitert
Comedian El Hotzo geht für RTL auf Reue-Tour durch die USA. Der Grund: Sein Trump-Witz, wegen dem der RBB die Zusammenarbeit mit ihm beendete. Jetzt will sich Hotzo bei den Amerikanern entschuldigen – und verspricht dabei Erkenntnise über die USA. Kann das gut funktionieren?
Als erstes sehen wir Frauke Ludowig. Die RTL-Fernsehmoderatorin erklärt in RTL-Exclusiv-Manier den tiefen Fall des Comedians El Hotzo. Star-Magazin-typisch unterbrochen von wütenden Aussagen qualifizierter Experten: Ralf Kabelka, Melody Haase, Menderes Bagci. Dann ein plötzlicher Szenenwechsel. El Hotzo im Kerker, schluchzend. Er wird von Jan Böhmermann angeschrien: "Das ist zu politisch für ARD und ZDF. Das war’s für dich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk." Böhmermann geifert weiter: Für zwei Dinge sei Deutschland in der Welt bekannt: Seinen guten Humor und friedfertige Lösungen.
El Hotzo auf Reue-Tour in den USA
Also wird El Hotzo auf Reue-Tour durch die Vereinigten Staaten von Amerika geschickt. Er soll sich bei den Amerikanern und bei Donald Trump, dem zukünftigen US-Präsidenten, entschuldigen. Für seinen Witz, in dem er das missglückte Attentat auf Trump mit dem letzten Bus verglichen hatte: leider knapp verpasst. Um vielleicht seinen Teilzeitjob beim RBB wiederzubekommen, der die Zusammenarbeit mit Hotzo in der Folge beendet hatte. Seine "alle zwei Monate am dritten Sonntag" laufende Radiosendung.
Freedom, Fries und Fentanyl
Die neue RTL-Doku "I’m sorry, Mr. President" wurde von Jan Böhmermanns Firma "Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld" produziert. Man hatte sie auch öffentlich-rechtlichen Anstalten angeboten. Weil die aber ablehnten, sendet man jetzt halt bei RTL. So weit, so Medien-Business. Dann sehen wir Hotzo auf dem Mofa in Washington DC. Er verkündet feierlich: "Sebastian Hotz, deutscher Gagterrorist. Du musst jetzt kopfüber eintauchen ins Land von Freedom, Fries und Fentanyl."
Aber darum geht es bei "I’m sorry, Mr. President" eigentlich gar nicht. "Freedom, Fries und Fentanyl" sind nur selten Thema, stattdessen steht der Gagterrorist selbst im Mittelpunkt. Und die immer gleichen Kulturkampf-Fragen, wenn auch mit ein bisschen mehr Selbstironie als sonst: Was darf Satire? Kann man Kunst und Künstler trennen? Reicht ein falsches Wort, um gecancelt zu werden? Und so weiter und so fort.
Zwischen Tattoo und Trump-Tower
Mockumentary-artig sehen wir Sebastian Hotz zunächst bei kreativen Entschuldigungsversuchen. In Interviews mit Amerikanern auf der Straße, kniend vor dem Kapitol, singend mit einem abgehalfterten Straßenmusikanten, als lebendiges Entschuldigungs-Schild auf dem Times Square. "I’m sorry Mr. President" lässt sich Hotzo dann sogar auf den Oberschenkel tätowieren. Doch die Stimmung kippt, als der Comedian versucht, in den Trump-Tower einzudringen. Die Securitys zerren ihn nach draußen – und er beginnt zu hinterfragen, ob so eine Entschuldigung überhaupt nötig ist. Am Ende kommt dann doch ein "not" dazu zum Sorry-Tattoo.
Wie El Hotzo seinen Trump Witz rechtfertigt
Zwei Professoren bestätigen El Hotzo, dass Trump – Überraschung – tatsächlich ein Faschist ist. Historiker Thomas Zimmer von der Georgetown University Washington DC zum Beispiel. Der sagt: "Ich glaube es ist absolut notwendig, Trump als spezifisch amerikanische Form des Faschismus zu beschreiben." Das Gleiche haben auch die Demokraten im Wahlkampf gesagt. Gebracht hat es ihnen nichts. Außerdem sollen Interviews mit Menschen von der Straße beweisen: Ziemlich viele Amerikaner lassen sich auf Witze über Attentate ein. Welchen früheren Präsidenten hätte besser eine Kugel getroffen, fragt El Hotzo. "Alle seit Kennedy", sagt ein Passant. Unterbrochen wird Hotzos vermeintliche Reue-Tour von Schauspieler Ralf Möller, der das amerikanische Wahlsystem erklärt. Und anmerkt, dass Donald Trump selbst schon für schlimmere Aussagen vergeben wurde. Zum Beispiel sagte Trump: "I could stand in the middle of 5th Avenue and shoot somebody. And I wouldn’t loose any voters." Aber klärt man so die eigentlichen moralischen Frage, nämlich ob man jemandem nach einem missglückten Attentat den Tod wünschen sollte, und was daran witzig ist?
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I'm sorry Mr. President - Der tiefe Fall des El Hotzo | Offizieller Trailer | RTL+
Der Gag heiligt die Mittel
Na gut, darum geht es ja auch nur so halb. RTL selbst verspricht auf seiner Website, dass El Hotzo auch die politische Stimmung im Land greifen wolle. Nach Einordnung von Experten suche. Auch Hotzo selbst macht sich auf Social Media regelmäßig über die Diagnose "tief gespaltenes Land" lustig. Bekommen wir hier also mal eine andere, tiefere Analyse präsentiert? Leider scheitert "I’m sorry Mr. President" in diesem Punkt. Auch, weil meistens nur der Gag die Mittel heiligt. Hotzos Interviewpartner sind eher Steigbügelhalter für die These, die schon vor der Reise feststand. Nämlich, dass es eigentlich nichts gibt, wofür er sich entschuldigen muss. Man schaut das gerne an, wenn man auf Hotzos Seite ist. Viele Stellen sind witzig, aber nicht so witzig wie seine besten Gags im Internet. Gags gegen Rassismus, soziale Ungleichheit, Reichtum, Militarismus oder Polizeigewalt hört man in der Doku selten.
Was El Hotzo auch hätte machen können
Als irgendwie linker Krawall-Kabarettist hätte El Hotzo auch nach Ursachen für die Probleme in den USA suchen können, die er am Anfang der Doku sogar selbst noch aufgreift. Woher kommt der Frust mit dem Status Quo? Warum gibt es in den Staaten keine funktionierende Linke, trotz der Krise des Kapitalismus? Und warum wird trotz alldem ein Milliardär zum Präsidenten gewählt? Auch Fentanyl wäre ein guter Aufhänger gewesen. Profitgier, die zur Verblendung und zum Tod Huntertausender Menschen führte – alles nachzulesen im neuen Roman "Demon Copperhead" von Pulitzer-Preisträgerin Barbara Kingslover.
Aber so etwas sehen wir nicht in "I’m sorry, Mr. Presdient". RTL hätte die Sendung wahrscheinlich auch nicht gekauft. Stattdessen bekommen wir einen Comedian präsentiert, der sich vor Verzweiflung die Mitesser aus der Nase drückt – sich zum Affen macht auf der Suche nach Reue und Rechtfertigung. Weil El Hotzo noch ein bisschen selbstironischer ist als Thomas Gottschalk, schaut man ihm dabei immerhin noch mit einem Lächeln zu. Aber inhaltich bleibt bei dieser Doku kaum mehr kleben als ein hässliches Tattoo auf dem Oberschenkel: Sorry, not sorry.
Dieser Artikel wurde nach der Wahl Donald Trumps aktualisiert.