Keine Frage der Kanonen Das Museum für das Ortlergebiet in Sulden
Am 23. Mai 1915, also vor genau hundert Jahren, begann mit der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn der Gebirgskrieg. Man kann sich kaum vorstellen, welche Anstrengungen für diesen Stellungskrieg unternommen wurden: Im Ortlergebiet hat man zum Beispiel schwere Kanonen auf Grate von über 3.000 Meter Höhe hinaufgezogen. Zu sehen ist die Kanone von der Eisseespitze heute im Museum für das Ortlergebiet in Sulden.
Am Anfang ging es um Mineralien
Angefangen hat alles mit der Mineraliensucher-Leidenschaft von Konrad Knoll. Er und sein Sohn Christian, der heutige Museumsleiter, waren viel in den Ortlerbergen unterwegs. Dabei stießen sie immer wieder auf Relikte aus dem Ersten Weltkrieg. So entstand die Idee, diese Fundstücke in einem kleinen Museum auszustellen.
Kanone in der Gletscherspalte
Konrad Knoll fand für sein Museum einen großen Raum in der Grundschule von Sulden am Ortler, den er nach und nach herrichtete. Gleichzeitig suchte er in den Bergen nach weiteren Überresten aus dem Ersten Weltkrieg. Er brachte Maschinengewehre und Munition mit vom Gletscher herunter. 1991 dann die Sensation. In einer Gletscherspalte unterhalb der Eisseespitze stieß er auf eine Kanone. Sie steckte senkrecht in der Spalte. So war nicht zu sehen, ob sie vollständig erhalten war oder nicht. Konrad Knoll schaffte es mit einigen Helfern, die Kanone im Zeitraum von zwei Jahren auszugraben. Zum Erstaunen aller handelte es sich um die einzige komplett erhaltene Kanone aus dem Ortlermassiv. Für den Abtransport mit dem Hubschrauber musste das 1500 Kilogramm schwere Geschütz in zwei Teile zerlegt werden. Für das Museum wurde sie wieder zusammengebaut. „Es funktioniert noch jedes Rad“, erzählt Museumsleiter Christian Knoll, „sie wäre sogar noch schussbereit“.
Ein Rad der Materialseilbahn
Während die acht Meter lange Kanone vom Grat der Eisseespitze im Suldener Museum in voller Größe betrachtet werden kann, gibt es von anderen Dingen nur Relikte zu sehen: Ein Rad mit 80 Zentimeter Durchmesser erinnert an die Materialseilbahn, die vor hundert Jahren auf den Gipfel der Königsspitze gebaut wurde – eine unglaubliche Leistung. Mit dem Rad wurde die Materialseilbahn von der Schaubachhütte aus per Hand bewegt.
Lehmbruchlager mit 1000 Soldaten
Ein Original-Film aus dem Ersten Weltkrieg und zahlreiche Foto-Tafeln dokumentieren die extrem harte Kriegsrealität. Allein der Frontverlauf war schwindelerregend: vom Cevedale über Königsspitze, Trafoier Eiswand und Geisterspitze bis zum Monte Scorluzzo oberhalb des Stilfser Jochs. Fotos gibt es im Museum auch vom Lehmbruchlager nahe der Dreisprachenspitze. Das Lager war eines der größten überhaupt; mehr als tausend Soldaten waren dort untergebracht.
Das Museum für das Ortlergebiet in Sulden ist ab 1. Juni täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
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Karte: Sulden am Ortler