Auf der Schattenseite Alpinisteig in den Sextener Dolomiten
Er ist weltberühmt für seine ausgesetzten Felsbänder, senkrechten Wände und grandiosen Fern- und Tiefblicke: der Alpini-Steig in den Sextener Dolomiten. Achteinhalb Stunden Gehzeit und über 1600 Höhenmeter fordert die Tour.
Achteinhalb Stunden Gehzeit und über 1.600 Höhenmeter fordert die Tour, dazu eine gewitterfreie Wetterlage, aber sie lohnt allemal. Vor allem das Schattenmotiv im letzten Abschnitt der „Strada degli Alpini“ ist in unzähligen Büchern und Kalendern zu finden. Doch auch über dem Alpini-Steig liegt der Schatten des Ersten Weltkriegs. Als die Sextener Dolomiten zum hochalpinen Frontgebiet wurden, war auch der Alpini-Steig heiß umkämpft.
Zehner, Elfer, Zwölfer, Einser – beim Blick von Sexten über den Fischleinboden werden die Dreitausender zur Sonnenuhr, wenn sie ihre Schatten ins Tal werfen. Der Aufstieg beginnt am Dolomitenhof von Christian Innerkofler, dem Urenkel und Erben des legendären Bergführers und Frontkämpfers im Ersten Weltkrieg Sepp Innerkofler, der wiederum 1905 den Dolomitenhof erbaut hat, ebenso Pächter der Drei-Zinnen-Hütte war und dann am 4. Juli 1915 mit der fliegenden Patrouille am Paternkofel ums Leben gekommen ist. In einer holzgetäfelten Stube bewahrt Christian Innerkofler Erinnerungen an seinen Urgroßvater auf: Fotos, Lebenslauf, Auszeichnungen im Dolomitenkrieg.
Einer der berühmtesten Frontabschnitte verlief direkt über dem Hotel über die Grate und Bänder der Sextener Sonnenuhr. Kein Abschnitt dieser Kriegswege wird so oft begangen wie der Alpinisteig, der - wie die Italiener sagen – „Strada degli Alpini“. Wer sich über die Rotwand und die Sentinella-Scharte gemüht hat, kann durchschnaufen. Aus dem Klettersteig wird nun ein breites Band, das sich an manchen Stellen tief in den Fels frisst. Nach Westen öffnet sich der Blick bis zu den Drei Zinnen, überall stößt man noch auf Überreste des Krieges, auf Stacheldrahtverhau, leere Konservendosen und zuweilen auch noch auf Granaten, sagt Hugo Reider, der Wirt der Drei-Zinnen-Hütte.
Der Alpinisteig zieht sich durch die Westwand des Elferkofels. Im Winter 1915/16 hatten die Italiener das gesamte Massiv erobert und die Österreicher nach Norden, auf die Rotwand zurückgedrängt. Sigrid Wisthaler, Historikerin aus dem Pustertal, forscht über diesen Abschnitt der Front und erklärt, dass noch viel Originalmaterial in Wien im Kriegsarchiv liegt. In privater Hand sind vor allem Fotobestände, Briefe oder Tagebücher. In Sexten gibt es seit 2005 den historischen Verein „Bellum aquilarum“, das heißt übersetzt „Krieg der Adler“. Ziel des Vereins ist es, ein Freilichtmuseum rund um das Rotwandmassiv aufzubauen.
Viele der alten Kriegswege wurden aufwendig saniert, neue Wege sind hinzugekommen, andere verfallen. Von der Rotwand geht es durch die alten österreichischen Stellungen hinüber zum Elfer, den man auf Klettersteigen komplett umrunden kann, wobei die Strada degli Alpini als leichtester Abschnitt gilt. Wer dann immer noch Kondition hat, schließt nach einer Nacht auf der Zsigmondy-Hütte den neuen Alpini-Steig rund um den Zwölfer an - eine Bergtour der Extraklasse durch ehemaliges Kriegsgebiet.
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Karte: Sextener Dolomiten