Eiserne Schützengräben Auf dem Friedensweg zum Werk Lusern im Trentino
Als der Erste Weltkrieg auch in den Dolomiten ankam, hatten Österreicher und Italiener auf den Hochebenen bei Trient schon längst ihre Festungen gebaut. Noch heute stehen sie hier als Zeugen des Gebirgskriegs aus meterdickem Beton und Stahl, von den Österreichern „Werk“ genannt. Auf dem Friedensweg geht es vom kleinen Ort Lusern hinauf zum Werk Lusern.
Alles wirkt so idyllisch auf der Hochebene bei Lusern. Kühe lassen sich die saftigen Gräser schmecken, die Vögel zwitschern und die Luft riecht nach erdigen Wurzeln und Lärchenharz. Und doch muss es für die österreichischen Soldaten vor 100 Jahren die Hölle auf Erde gewesen sein. Eingesperrt im Werk Lusern, unter meterdicken Mauern aus Beton und Stahl, prasselten die italienischen Bomben und Granaten auf sie nieder.
Luis Nicolussi aus Lusern erzählt vom Krieg, begleitet von den stählernen Silhouetten entlang des Friedenswegs. Es sind stilisierte Dorfbewohner, die den Wanderer mit kurzen Episoden aus jener Zeit begleiten. Von Lusern aus steigt der Weg erst einmal steil an und führt auf eine Almwiese. Hier oben freut sich Wanderführer Ruggero Finadri beim Verschnaufen jedes Mal über den Ausblick über das Val d’Astico und über alle alten und neuen Grenzen hinweg.
Die Wiesen leuchten in den unterschiedlichsten Farben. Almidylle da, Kriegswirren dort. Wo der Weg aus dem Bergwald heraus auf eine Viehweide führt, steht wieder eine der stählernen Silhouetten – Wegweiser und beredter Kriegszeuge zugleich. Es ist der Bergbauer Toni, der einst vor den Bomben flüchten muss. Ein Text schildert sein Schicksal: „Meine Tiere, sie werden verrecken. Ich kann nicht heulen, nicht schreien, ich habe keine Kraft mehr weiterzugehen.“
Wir aber wollen weiter hinauf zur Festung Lusern. Der Wanderweg verläuft jetzt auf einer breiten Forststraße mit steinernen Seitenpfosten - ein Hinweis auf die alte Militärstraße, die von den Österreichern zum Bau der Festung angelegt wurde. Nach gut einer Stunde ist das Werk Lusern erreicht: eine mächtige Betonruine in rund 1500 Meter Höhe, auf den Bergen gegenüber in Sichtweite die italienischen Festungen. Rund um das Werk Lusern verlaufen lange Felstunnel und enge Gänge, eiserne Schützengräben, durch die wir uns mit Wanderführer Ruggero Finadri zwängen.
Am Ende sind wir froh, diesen in Beton gegossenen Ort des Grauens wieder verlassen zu können – und mit ihm all die Geschichten um Geschütze, Geschosse und Geschrei. Gut, dass der Friedensweg durch den Bergwald hinüber zur Alm Campo führt. In ihrem Berggasthaus „Malgo Campo“ tischt Wirtin Silva Gudarzzo die Wanderern all das auf, das Einheimische wie Fremde der hiesigen Küche hinterlassen haben, zum Beispiel Polenta aus Kartoffeln. Ein ganz spezielles Gericht sind auch die Schneebälle - mit Asiago-Käse gefüllte Kartoffelknödel, serviert in einer süßen Gorgonzola-Soße.
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Karte: Lusern im Trentino