Brustwarzen-Rekonstruktion Brustwarzen-Tattoos nach Brustkrebs-OP
Nach einer Krebserkrankung entscheiden sich viele Frauen für einen Brustaufbau, also die Rekonstruktion des entfernten Brustgewebes. Wenn die Brustwarze bei der Operation nicht erhalten werden konnte, ist der letzte Schritt der Rekonstruktion die Pigmentierung einer mittels plastischer Chirurgie geformten Brustwarze. Oder ein dreidimensionales Tattoo, das eine plastische Brustwarze simuliert.
Die Ansprüche an ein solches medizinisches Tattoo sind hoch. In künstlerisch-handwerklicher Hinsicht, da ein ganz bestimmtes, natürliches Erscheinungsbild des Tattoos angestrebt wird und auch in medizinisch-dermatologischer Hinsicht, da vernarbte oder bestrahlte Haut unter Umständen anders auf den Tätowier-Vorgang reagiert. Eine Zertifizierung für solche medizinischen Tattoos gibt es aktuell aber nicht.
Tattoo-Künstler mit Fokus auf medizinischen Tattoos
Andy Engel - Tätowier-Künstler aus dem unterfränkischen Marktsteft, ist international bekannt für seine 3D Technik. Er tätowiert fotorealistische Porträts mit plastischer Wirkung. Zur medizinischen Tätowierung kam er eher zufällig.
"Im Prinzip durch eine Kundin 2008, die der Meinung war, wenn ich Porträts fotorealistisch, dreidimensional tätowieren kann, dann könnte ich das mit Sicherheit auch mit ihrer Brustwarze tun."
Andy Engel, Tätowierer, Marktsteft
Seitdem hat sich Andy Engel – neben seinem normalen Tattoo-Geschäft – auf medizinische Tätowierungen spezialisiert. Neben Brustwarzen tätowiert er auch Narben oder Penoiden (nach Krebserkrankung oder im Rahmen geschlechtsangleichender Operationen rekonstruierter Penisse).
Wichtig: Hochwertige Farben
Dabei hat er umfangreiche Erfahrungen gesammelt: zum Beispiel wie operierte, vernarbte oder bestrahlte Haut auf den Tätowier-Vorgang reagiert. Für seine Kundinnen hat er eine eigene Farbpalette entwickelt, die nach den neuen EU-Vorgaben der REACH-Verordnung noch zwölf Farbtöne umfasst. Solche hochwertigen Farben sind ein wichtiges Element für eine gelungene Tätowierung.
"Man muss achtgeben, welche Farben man benutzt, dass man wirklich hochwertige Pigmente verwendet. Wir sehen immer wieder Frauen, die hier mit Brustwarzen reinkommen, die sich im Laufe der Zeit von braun, mittelbraun auf blaugrau wandeln. Da wurden dann falsche Farbtöne oder falsche Farben verwendet."
Andy Engel, Tätowierer, Marktsteft
16 Jahre Erfahrung, speziell entwickelte Farben, Nadeln und Maschinen machten den Tätowierer auch in medizinischen Fachkreisen bekannt. Er hält inzwischen Vorträge auf Dermatologen-Kongressen und gibt seine Erfahrungen in Seminaren an andere Tätowiererinnen und Tätowierer weiter.
Zusammenarbeit mit plastischen Chirurgen: Lernprozesse auf beiden Seiten
Dr. Ulf Dornseifer, Chefarzt der plastischen und rekonstruktiven Chirurgie im Isar Klinikum in München, ist spezialisiert auf die Rekonstruktion von Brustgewebe mit Eigengewebe. Ein komplexer, mikrochirurgischer Eingriff. Auch die Pigmentierung der Brustwarze hat er früher selbst gemacht - mit suboptimalem Ergebnis.
"Wir waren ja selbst mit den Pigmentierungen, die wir als Ärzte durchgeführt haben, nicht zufrieden. Das hat nicht unseren Ansprüchen gereicht. Wir haben uns jahrelang nach Profi-Kooperationspartnern umgesehen und hatten andere Kooperationen, auch mit Tätowierern aus München, aus der Umgebung, die aber nicht unseren Ansprüchen genügt haben."
PD Dr. med. Ulf Dornseifer, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Isar Klinikum, München
Seit einigen Jahren arbeitet Dr. Dornseifer mit Andy Engel zusammen. Patientinnen können sich von Engel selbst, oder von einer von ihm ausgebildeten Tätowiererin vor Ort in München, im klinischen Setting, ein Brusttattoo stechen lassen. Nach Dornseifers Erfahrung ein wichtiger Schritt für Patientinnen, um mit der Erkrankung abschließen zu können.
Handwerks-Kunst mit hohen hygienischen Standards
Strenge Hygiene, nach EU-Vorschriften zertifizierte Farben und der Blick fürs Detail sind wichtige Elemente der Technik von Andy Engel. Schwieriger als die beidseitige Rekonstruktion der Brustwarzen ist für ihn das einseitige Brusttattoo, da er sich hier genau an die natürliche "Vorlage" halten muss.
Um ein möglichst natürliches Ergebnis zu erhalten, arbeite er sich von helleren zu dunkleren Schattierung vor und versucht, die natürlichen Strukturen des Gewebes möglichst fein nachzuarbeiten. Da jede Frau aber unter Umständen anders auf die Tätowierung reagiert, sind Nachbehandlungen im Preis inbegriffen.
"Wir arbeiten so lange nach, bis die Kundin oder der Kunde glücklich und zufrieden ist, was bei betroffenen Hautstellen durch Operation oder Bestrahlung auch mal öfter sein kann. Man muss letztendlich einer Tätowierung die Chance geben, ein- bis eineinhalb Jahre abzuheilen. Erst danach kann man bei einer Tätowierung sagen, so bleibt sie jetzt."
Andy Engel, Tätowierer, Marktsteft
Viele Krankenkassen bezahlen zumindest einen Zuschuss zum Brust-Tattoo. Das müssen Patientinnen aber immer im Vorfeld klären: Eine Abrechnungsziffer für die Behandlung im Tattoo-Studio gibt es nicht. Manchmal wird die Kostenübernahme auch abgelehnt.
Auswahl des Tattoo-Studios und gesundheitliche Risiken
Farbveränderungen des Brusttattoos oder in anderer Weise unbefriedigende Ergebnisse können Patientinnen sehr belasten. Eine Zertifizierung für medizinische Tattoos gibt es nicht – Patientinnen könnten sich aber Arbeitsproben in Form von Fotos vorlegen lassen. Die Fotos sollten den Zustand nicht nur direkt nach dem Stechen, sondern auch in abgeheilter Form etwa eineinhalb Jahre nach dem Tätowieren zeigen. Eine gute und genaue Kommunikation über vorangegangene Behandlungen, Operation und Bestrahlungen ist wichtig.
Allergien gegen Bestandteile der Tätowier-Tinte sind möglich. Menschen mit vielen Allergien, Urtikaria oder Neurodermitis sind besonders gefährdet.
Hohe hygienische Standards sind – zur Vermeidung von Infektionen – für jede Art von Tattoos essentiell. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, sich in einem Studio tätowieren zu lassen, das sich an die europäische Norm "Tätowieren - Sichere und hygienische Praxis" (DIN EN 17169:2020-05) hält.
Zahlreiche Informationen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Tattoos und dem aktuellen Forschungsstand hat das Bundesinstitut für Risikobewertung zusammengetragen, und hier veröffentlicht: