Engpass bei vielen Medikamenten? Das Coronavirus und die Folgen
Seit Wochen sorgt sich die ganze Welt um das neuartige Coronavirus. Experten warnen vor der Gefahr einer Pandemie. Doch wie groß ist die Gefahr wirklich, wie schützt man sich – und welche Folgen hat die Lungenkrankheit?
Auch auf dem Münchener Flughafen sind derzeit viele Menschen mit Mundschutz unterwegs, um sich vor einer Infektion mit Coronaviren zu schützen. Mittlerweile sind geeignete Masken in etlichen bayerischen Apotheken ausverkauft. Apothekerin Ingrid Kaiser von der "Engel-Apotheke" in Freising kann das bestätigen. Und nicht nur beim Mundschutz – auch bei Desinfektionsmitteln sind Produkte, die speziell gegen Viren nützen, oft vergriffen.
"Man muss unterscheiden zwischen Desinfektionsmitteln, die nur gegen Bakterien helfen, wo die Hersteller auch werben: 99-prozentiger Schutz gegen Bakterien. Das nützt uns nichts gegen Viren. Und hier ist die Nachfrage nach speziellen Mitteln, gegen Virusinfektionen natürlich enorm gestiegen."
Ingrid Kaiser, Sprecherin bayerischer Apothekerverband, Freising
Gute Nachricht: Corona ist ein "behülltes Virus"
Die gute Nachricht: Bei Corona handelt es sich um ein "behülltes Virus" – das macht es für Desinfektionsmittel leichter angreifbar. Wenn "viruzid" auf der Packung steht, schützt ein Mittel vor Viren. Doch so gefährlich Corona auch ist, hier gilt: Bereits Mittel mit der Kennzeichnung "begrenzt viruzid" helfen, obwohl diese gegen "unbehüllte Viren", zum Beispiel gegen Noroviren, nutzlos sind. Es gibt sogar bestimmte Nasensprays, die laut Herstellerangaben vor Coronaviren schützen sollen.
Wird aus der Epidemie eine Pandemie?
Trotzdem breitet sich das Virus weiter aus: Neben den Fällen in Europa gibt es jetzt auch erstmals eine Infektion in Ägypten. Seitdem hört man überall von der Gefahr einer Pandemie. Dr. Markus Frühwein ist Tropenmediziner in München und verfolgt den Corona-Ausbruch seit Wochen. Bisher war das Virus vor allem in der Region um Wuhan verheerend, doch das kann sich ändern.
"Wenn sich das Virus in anderen Ländern auch außerhalb von Asien wirklich weiterverbreiten würde – wir haben ja in den meisten anderen Ländern eher Einzelfälle oder kleine Cluster – wenn dort eine größere Verbreitung stattfindet, würde man von einer Pandemie sprechen. Eine Pandemie ist für ein Gesundheitssystem in jedem Land ein Problem, weil es die medizinische Versorgung an ihre Grenzen bringt. Das heißt: Viele Leute müssen ins Krankenhaus, zu Ärzten oder sonst wie behandelt werden. Sie können nicht in die Arbeit gehen."
Dr. med. Markus Frühwein, Tropenmediziner, München
Kein Grund zur Panik
Das wäre vor allem für Entwicklungsländer mit schwachen Gesundheitssystemen ein großes Problem. Deshalb versuchen die chinesischen Behörden so rabiat die betroffenen Regionen abzuriegeln. Deshalb sitzen immer wieder Reisende auf Kreuzfahrtschiffen fest, wenn dort das Virus festgestellt wurde. Und deshalb mussten auch in Deutschland Rückkehrer aus Wuhan zwei Wochen lang in einer Kaserne unter Quarantäne ausharren. Experten raten zu einem besonnenen Umgang mit dem Virus.
"Aktuell gibt es keinen Grund zur Panik. Es handelt sich bei dem neuen Virus sicherlich eine Virusart, die sich relativ leicht verbreitet, die ansteckend ist, bevor man selber Symptome hat und das führt dazu, dass es relativ schwierig zu kontrollieren ist. Wir wissen noch zu wenig über das Virus, aber es macht keinen Sinn, große Angst zu haben, oder sich zu Hause einzusperren."
Dr. med. Markus Frühwein
Engpass bei vielen Medikamenten?
Vielen Apothekern macht ein anderes Problem in Sachen Corona viel mehr Sorge. Auch Ingrid Kaiser in Freising fürchtet, dass es bald zu Engpässen bei etlichen Medikamenten kommen wird.
Wegen des Kostendrucks werde ein großer Teil unserer Medikamente mittlerweile in Asien hergestellt, vor allem in China. Durch Corona steht dort jetzt oft die Produktion still – mit möglicherweise gravierenden Folgen auch für Bayern, warnen Apotheker.
"Wenn dort die Produktion ausfällt, und wir sind davon abhängig, dann haben wir keine Arzneimittel. Das macht mir wirklich Sorge. Wir haben jetzt schon Anfragen von Kunden, die anfangen, Medikamente zu horten."
Apothekerin Ingrid Kaiser
Experten: Höhepunkt steht noch bevor
Es wird noch einige Zeit dauern, bis ein Impfstoff gegen das Coronavirus auf dem Markt ist. Experten gehen zudem davon aus, dass der Höhepunkt des Ausbruchs erst noch bevorsteht.