Franken - Kultur


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"Ich liebe dich" Jean Paul verschenkt Locken und Seligkeiten

In der Zeit – das ist schon lange her –, da unser Dichter Jean Paul lebte und schrieb, waren vor allem viele Frauen auf eine Locke von ihm begierig. Eine solche zu verschenken, war eine große Gunst.

Von: Hermann Glaser

Stand: 09.08.2013 | Archiv

Exponat des Jean-Paul-Museums Bayreuth | Bild: Jean-Paul-Museum Bayreuth

Es waren noch richtige Haare, nicht wie heute Schillerlocken aus Fisch oder Schlagrahm in Blätterteig. Jean Paul musste sehr viele Locken verschenken. Und weil er nicht kahlköpfig werden wollte, schnitt er sie von seinem Pudel Ponto ab. 

Die damalige Rosamunde Pilcher

Es geht mir aber nicht um die Locken, sondern warum so viele Leserinnen so viele Andenken von ihm haben wollten. Er war eben ungemein beliebt; deshalb hatte er so viele Fans. Würde er heute im Zeichen des Fernsehens leben, wäre er eine starke Konkurrenz zu Rosamunde Pilcher. Denn er erfand tolle Geschichten, wo es oft wüst zugeht, mit Mord und Totschlag, mit Doppelgängern, Scheintoten und was es sonst an Monströsem alles gibt. Vor allem aber ließ er seine Gefühle voll ausströmen und da schmolz die Weiblichkeit (die Männer im Verborgenen) dahin.

Wer schwelgt heute noch in Seligkeiten?

In der heutigen Welt, in der alles "cool" ist, in der man gar nicht mehr wagt, "ich liebe dich inniglich" zu sagen, könnte es vielleicht auch wieder ein Bedürfnis sein, in Seligkeiten, etwa der Liebe, zu schwelgen. "Heftig und verzückt umschlang er seine Braut und sagte: 'Wie lieb hab' ich dich, wie ewig lieb!' Vom Flusse klang es herab wie Flötengetön und Menschengesang und zog näher; außer sich drückt' er sich an sie an und wollte vereinigt vergehen und glaubte, die Himmeltöne hauchten ihre beiden Seelen aus der Erde weg und dufteten sie wie Taufunken auf den Auen Edens nieder. Es sang:

O wie schön ist Gottes Erde
Und wert, darauf vergnügt zu sein!
Drum will ich, bis ich Asche werde,
Mich dieser schönen Erde freun.

Es war aus der Stadt eine Gondel mit einigen Flöten und singenden Jünglingen. Er und Justine wanderten am Ufer mit der ziehenden Gondel und hielten ihre Hände gefaßt und Justine suchte leise nachzusingen; mehre Himmel gingen neben ihnen. Als die Gondel um eine Erdzunge voll Bäume herumschiffte: hielt Justine ihn sanft an, damit sie nicht nachkämen, und da das Fahrzeug dahinter verschwunden war, fiel sie ihm mit dem ersten errötenden Kusse um den Hals."


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