Franken - Kultur


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Jean Paul Ein Luftschiffer

Der Sphärenflug war Jean Paul ein Weg, glücklicher zu werden. In seiner Dichtung "transzendiert" er, geht philosophisch von einem Bereich in einen anderen hinüber und würdigt das, was normalerweise jenseits der Erfahrung liegt.

Von: Hermann Glaser

Stand: 09.12.2013 | Archiv

Heißluftballone im Gegenlicht | Bild: picture-alliance/dpa

Der Dichter Jean Paul transzendiert, indem er immer wieder neu die Schönheit der Welt und des Lebens, die Liebe, die Natur hochpreist. Beseelung und Seelenhaftigkeit sind Schlüsselworte für diesen Dichter, der sich in die Höhen menschlicher Empfindung begab.

Poetischer Luftschiffer

Das reale Vehikel, mit dessen Hilfe man hoch über die Wolken hinausschweben konnte, war zu Jean Pauls Zeiten der Ballon, der Ende des 18. Jahrhunderts die Menschen faszinierte. Ballon ist der Dichter nicht gefahren, aber als poetischer Luftschiffer hat er sich betätigt. 1801 erschien seine Erzählung "Des Luftschiffers Giannazzos Seebuch".

"Die warme, sanfte Sonne glimmt nicht weit von den Gewitterzacken – noch sonnen die goldgrünen Alpen ihre Brust, und herrlich arbeiten die Lichter und Nächte in den aufeinander geworfenen Welten der Schweiz durcheinander; Städte sind unter Wolken, Gletscher voll Glut, Abgründe voll Dampf, Wälder finster, und Blitze, Abendstrahlen, Schnee, Tropfen, Wolken, Regenbogen bewohnen zugleich den unendlichen Kreis… Ich schaue herab auf den finstern Winter der Welt! Wie stumm und unendlich ists da unten! Das allgewaltige fortgestreckte Ungeheuer regt sich in tausend Gliedern und runzelt sich, und nichts bleibt groß vor ihm als sein Vater, der Himmel! – Großer Sohn! führest du mich zum Vater, wenn ich einmal zu dir komme? – Welcher Goldblick! Im Abendrot glüht Aurora an. Was reißet so schnell das schwarze Leichentuch vom Wasserorkus weg? – Wie brennen die Länder der Menschen wie goldne Morgen! O kommst du schon wieder zu uns, du herrliche, liebe Sonne, so jung und rosenrot, und willst wieder freundlich hinziehen über den langen Tag und über die Gärten und Spiele der Menschen? – Glühe nur herauf, Unsterbliche! – Ich stehe noch kalt und bleich an meinem Horizont und gehe noch hinunter zu dem dunkeln Eise; aber werd ich auch wie diese, o Gott, wärmer und heller aufgehen und wieder einen heitern Tag durchlaufen in deiner Ewigkeit?"

Jean Paul, Des Luftschiffers Giannazzos Seebuch

Wenn wir den Dichter verlassen, nach guter Landung, nachdem er in zehn Kurztexten vorgestellt wurde – en miniature, aber nur in dem Sinne, dass die Texte kurzgefasst waren, die Themen und Motive dieses Poeten aber groß sind –, dann sollten wir ihn aus Anlass seines 250. Geburtstages als einen Dichter huldigen, der uns bei der Reise durch die Weiten und Tiefen des Lebens, durch die unendlichen Gefilde der Natur und der Seele wie des Geistes mitgenommen hat, damit wir klüger, vor allem weiser werden können.

Als großer Freund der Bierbraukunst hätte sich Johann Paul Friedrich Richter, der 1792 zu Ehren von Jean-Jacques Rousseau und Jean Paul Marat seinen Vornamen Johann in Jean veränderte, jetzt wohl, eine Maß Bier gegönnt. Pro-sit; zum Wohle des Menschen und des Menschlichen sollten wir ihn feiern.


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