Vermutungen & Zweifel Die Erbprinzentheorie
Schon kurz nach seinem Auftauchen in Nürnberg machen erstmals Gerüchte die Runde: Kaspar Hauser soll ein verschleppter Adeliger sein. Die Fährte zum Haus Baden nimmt erstmals Anselm von Feuerbach auf.
Trotz der Fahndungsaufrufe aus Nürnberg meldet sich niemand, der ein Kind vermisst oder mitbekommen hat, dass irgendwo ein Junge verschwunden ist. Man mutmaßt, dass nur ein Adelshaus in der Lage wäre, ein Kind unbemerkt vom Erdboden verschwinden zu lassen.
Die Erbprinzen-Theorie entsteht
Anselm von Feuerbach untersucht deshalb, in welchem Adelsgeschlecht 1812, im vermuteten Geburtsjahr von Kaspar Hauser, ein Kind geboren und verschwunden ist. Er stößt auf das Haus Baden: Großherzog Karl und seine Frau Stéphanie de Beauharnais bekommen im September 1812 einen Jungen, der kurz nach seiner Geburt stirbt und nach einer Nottaufe namenlos bestattet wird. Der Rechtsgelehrte geht die Erblinie weiter zurück und stellt eine seines Erachtens nach ungewöhnliche Häufung von Todesfällen unter den Erbprinzen fest.
Viele Tote, keine Erben
Ein 1816 geborener Sohn von Karl und Stéphanie stirbt ebenfalls im Säuglingsalter - nur die weiblichen Abkommen überleben und werden alt. Der Vater von Großherzog Karl kommt bereits 1801 ums Leben. Karls Onkel Friedrich stirbt 1817 kinderlos, Großherzog Karl nur ein Jahr später. Damit geht der Thron zunächst an Karls Onkel Ludwig und nach dessen Tod 1830 an eine Nebenlinie der sogenannten Zähringer: An Großherzog Leopold. Feuerbach identifiziert Kaspar Hauser als den 1812 geborenen Erbprinzen und mutmaßt, dass der Junge aus politischen Gründen beiseite geschafft wurde. Die Erbprinzen-Theorie ist geboren.
Die Verschwörung
Verantwortlich für das Drama um Kaspar Hauser ist der Erbprinzen-Theorie zufolge die zweite Ehefrau von Großherzog Karl Friedrich von Baden, Luise Geyer von Geyersberg, Freifrau von Hochberg. Sie soll dafür gesorgt haben, dass alle Nachkommen ihres Mannes aus erster Ehe ums Leben kamen, so dass die sogenannte Alte Zähringer-Linie ausstarb. Damit war der Thron frei für ihren eigenen Sohn Leopold und die sogenannte Hochberg-Linie kam an die Macht. Laut Verschwörungstheorie stirbt der Erbprinz Kaspar 1812 nicht wirklich, sondern wird kurz nach seiner Geburt verschleppt und mit einem sterbenden Säugling ausgetauscht.
Die Theorie wird öffentlich
Feuerbach äußert in einem Buch über Kaspar Hauser erstmals die Vermutung, der Junge könnte aus einer Fürstenfamilie stammen. Außerdem deutet er seine Theorie der Überlieferung zufolge 1832 in einem Schreiben an den Hochadel an - wohlwissend, dass er keine handfesten Beweise hat. Feuerbach stirbt 1833 während einer Reise in Frankfurt am Main. Noch auf dem Totenbett äußert er den Verdacht, vergiftet worden zu sein. Kritiker vermuten dagegen einen Schlaganfall.