Hintergrund Netzausbau Stromautobahnen durch Franken

Deutschlands größtes Netzausbauprojekt tritt in die heiße Phase. Die Netzbetreiber Tennet und Amprion haben ihre Ausbaupläne bekanntgegeben. Demnach verlaufen zwei große Stromtrassen durch Franken - und stoßen in den Regionen auf heftigen Widerstand.
Amprion: Strompassage Süd-Ost
Die "Strompassage Süd-Ost" von Amprion führt von Halle in Sachsen-Anhalt bis nach Meitingen bei Augsburg. Sie verbindet den Freistaat mit dem Übertragungsnetz des Betreibers 50 Hertz in Ostdeutschland.
Die rund 450 Kilometer lange Starkstromtrasse führt in Bayern durch Oberfranken, Mittelfranken, die Oberpfalz und Schwaben. Von einer Alternative wäre auch Niederbayern betroffen. Die Kosten für die Stromtrasse werden auf eine Milliarde Euro geschätzt.
Tennet: SuedLink
Auch die 800 Kilometer lange Haupttrasse des deutschen Netzausbaus läuft den Planungen von Tennet zufolge durch Franken, beziehungsweise endet hier: Das "SuedLink"-Projekt soll den Strom aus dem Norden von Wilster in Schleswig Holstein bis nach Grafenrheinfeld bringen und in Bayern die Stilllegung mehrerer Atomkraftwerke kompensieren.
Die Hochspannungsleitungen werden den Plänen der Netzbetreiber Tennet und TransnetBW zufolge östlich an Fulda vorbei entlang der A7 durch das Sinntal bei Bad Brückenau führen. Von dort geht es weiter nach Oberthulba, Hammelburg, Wasserlosen und Werneck bis zum Kernkraftwerk Grafenrheinfeld im Landkreis Schweinfurt.
Widerstand in Franken
Vor allem in Franken regt sich großer Widerstand gegen die Trassenplanungen. Die Informationsveranstaltungen in Nürnberg und Kulmbach beispielsweise waren von Protesten und Pfeifkonzerten begleitet. Kurzzeitig kam es in der Nürnberger Meistersingerhalle zum Eklat: Sprechchöre wie "Keine Gasse für die Trasse" verzögerten immer wieder den Beginn der eigentlichen Veranstaltung, zeitweise skandierten Hunderte Besucher "Wir sind das Volk". In Unterfranken brachte sich Bad Kissingens Landrat Thomas Bold in Stellung: Angesichts der zu erwartenden gravierenden Auswirkungen für die Bevölkerung, auf Natur und Landschaft sowie auf die regionale Wirtschaft, kündigte Bold massiven Widerstand an.
Reaktionen auf den Trassenverlauf
Vorgaben für die Trassenführung
Für die Trassenführung gibt es fixe Rahmenbedingungen: Die Stromleitung soll möglichst geradlinig die festgelegten Endpunkte verbinden. Außerdem soll sie parallel zu bereits bestehenden Autobahnen, Stromleitungen und Bahnlinien verlaufen, um Eingriffe in den Siedlungs- und Landschaftsraum zu minimieren, erklärte Amprion. Besonders wichtig sei ein möglichst großer Abstand zur Wohnbebauung. Die Masten könnten eine Höhe von 65 bis 75 Metern haben. Spätestens 2022 soll die Trasse in Betrieb genommen werden. Sie kostet mehr als eine Milliarde Euro.
Hintergrund: Netzausbau
Um den zunehmenden Windstrom von Nord- und Ostdeutschland in den Süden zu transportieren, sollen nach Angaben der Bundesnetzagentur neue Stromtrassen mit insgesamt 2.650 Kilometern Länge gebaut werden. Zudem könnten im bestehenden Höchstspannungsnetz 2.800 Kilometer für die je nach Wetter schwankende Ökostrom-Einspeisung optimiert werden. Planungs- und Bauzeiten sollen dabei von zehn auf vier Jahre verkürzt werden. Die Kosten betragen rund zehn Milliarden Euro - ohne die Zusatzkosten für Erdverkabelungen auf einzelnen Trassenabschnitten.
Hintergrund: Stromnetz und Betreiber
Es gibt vier Betreiber von Höchstspannungsleitungen in Deutschland: Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetBW. Sie speisen den Großteil des Stroms ein und verteilen ihn über lange Distanzen. Hinzu kommen 806 Verteilnetzbetreiber, darunter viele Stadtwerke, die den Strom über niedrigere Spannungsebenen zum Verbraucher bringen.
Das gesamte Stromnetz in Deutschland umfasst nach Zahlen der Bundesnetzagentur rund 1,79 Millionen Kilometer. Das Netz gliedert sich gemessen an der Stromkreislänge wie folgt:
- Höchstspannung (380 Kilovolt): 35.270 Kilometer
- Hochspannung (110 oder 60 kV): 95.425 Kilometer
- Mittelspannung (30 bis 3 kV): 507.953 Kilometer
- Niederspannung (400 oder 230 Volt): 1.149.973 Kilometer