Die besten Vibratoren Nachhaltiges Sexspielzeug
Weichmacher stecken in Schnullern, Ladekabeln und auch im Sexspielzeug. Denn in Deutschland gibt es keine einheitlichen Richtlinien zur Herstellung von Sexspielzeug. Warum das bedenklich ist, erklärt der BAYERN 1 Umweltkommissar.
Keine Grenzwerte für Sexspielzeug
Seit Jahren reagieren Verbraucher und Verbraucherschützer sehr sensibel, wenn sich in Quietsche-Enten, Schnullern oder anderen elastischen Plastikartikeln Weichmacher befinden. Vor allem natürlich dann, wenn beispielsweise Kinder sie in den Mund nehmen könnten. Die Aufregung ist nicht unbegründet, vor allem, wenn Weichmacher wie etwa Ester der Phthalsäure (Phthalate), der Zitronensäure (Citrate) oder der Adipinsäure (Adipate) verwendet werden.
Phthalat-Weichmacher gelten als besonders besorgniserregend, deshalb eignen sie sich nicht für Schnuller und Kinderspielzeug.
Gerade Verbindungen aus der Gruppe der Phthalat-Weichmacher sind von der europäischen Chemikalienagentur (ECHA) schon in der Liste der "besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC)" aufgeführt. Eben weil sie schädigend auf das Hormonsystem wirken und auch die Fortpflanzungsfähigkeit gefährden können. Bei einigen Weichmachern liegt der Verdacht nahe, dass sie krebserregend sein können.
Ausgerechnet für die Produktgruppe "Sexspielzeuge" gibt es solche Grenzwerte aber nicht. Immerhin hat jeder vierte Deutsche zuhause eines der Love Toys liegen. Vor allem Vibratoren (78%) und Dildos (46%) sind sehr beliebt. Vor ein paar Jahren gab es zwar eine kleine Anfrage im Bundestag, bezüglich der Einführung von Grenzwerten auch bei Sexspielzeugen. Seither ist jedoch nichts passiert. Deshalb hat sich die Stiftung Warentest bei einer ersten Untersuchung von Sexspielzeug (Test 02/19) auch an den Vorgaben anderer Produktgruppen, zum Beispiel Kinderspielzeug, gerichtet und dabei auch Bedingungen freiwilliger Gütezeichen, wie zum Beispiel des GS Zeichens, berücksichtigt. Bislang gibt es keine einheitlichen Richtlinien zur Herstellung von Sexspielzeug in Deutschland.
Schadstoffe in Sexspielzeug
Sie haben verheißungsvolle Produktnamen, wie "Womanizer", "Satisfyer" oder "WeVibe", aber in der ersten großen Untersuchung der Stiftung Warentest (02/19) waren viele LoveToy-Modelle eher besorgniserregend belastet.
"Wir haben 18 Sexspielzeuge ins Labor geschickt und wir haben bei fünf Produkten wirklich kritische Schadstoffmengen festgestellt, sodass wir mit der Note mangelhaft bewertet haben."
Sarah Wagner-Leifhelm, Projektleiterin Stiftung Warentest
Nur drei der insgesamt 18 getesteten Vibratoren, Penisringe oder Liebeskugeln waren wirklich völlig schadstofffrei. Viermal ist allerdings auch die Note "sehr gut" vergeben worden. Die gefundenen kritischen Stoffe haben aber in den Spielzeugen eigentlich nichts verloren. Der Schadstoff Nickel zum Beispiel, der vor allem Allergien auslösen kann, aber ebenfalls im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Auch Weichmacher wurden nachgewiesen.
"Wir haben sehr hohe Mengen an Diethylhexylphtalat, abgekürzt DEHP, gefunden, aber auch sehr hohe Mengen an kurzkettigen Chlorparaffinen. Beides wird auf Grund weichmachender Eigenschaften in Kunststoffmaterialien eingesetzt. Der Grundkörper von Vibratoren war aber auch sehr stark mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen belastet."
Sarah Wagner-Leifhelm, Projektleiterin Stiftung Warentest
Warum die bedenklichen Stoffe alarmierend sind? Das technische Spielzeug hat in den meisten Fällen Schleimhautkontakt und gerade die Schleimhäute sind meist gut durchblutet. Gerade deshalb sollten Sexspielzeuge auch frei von kritischen Schadstoffmengen sein, fordert Sarah Wagner-Leifhelm: "Der Weichmacher DEHP kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Er kann aber auch das Kind im Mutterleib schädigen. Deshalb ist der Gehalt an DEHP in Produkten wie Kinderspielzeug auf 0,1 Prozent begrenzt."
Bei der Untersuchung von Stiftung Warentest hat sich eines der besten Produkte auch als das günstigste erwiesen.
Einige Markenprodukte und auch – im Vergleich – teure Artikel haben im Test schlecht abgeschnitten. Die getesteten Lovetoys haben zwischen 6,80 Euro und 165 Euro gekostet. Auch unter den mit "sehr gut" bewerteten Produkten ist zum Beispiel der Vibrator Space Rider 3000 von Space You2Toys aus dem Sortiment des Orion-Versandgroßhandel. Für 15 Euro. "Und da kann man auch ganz gut sehen, dass die günstigen Produkte bei weitem natürlich nicht die schlechtesten sind", sagt Susanne Gahr vom Orion Versand, "sondern eines der besten Produkte hat sich auch als eines der günstigsten erwiesen." Auch Orion orientiert sich bei den Produkten aus dem eigenen Haus an den Grenzwerten für Kinderspielzeug.
Als Verbraucher hat man kaum eine Chance die "Guten" von den "Schlechten" zu unterscheiden. Das räumt auch Susanne Gahr vom Orion-Versand ein: "Es ist schwer, sich da als Kunde mit dieser Vielfalt an Angeboten zurechtzufinden." Natürlich ist ein intensiver oder unangenehmer Geruch beim Öffnen des Produkts zunächst verdächtig, aber da in fast allen Sexspielzeugen Kunststoffe verarbeitet werden, ist das kein echtes Kriterium." Ob ein Artikel tatsächlich kritische Schadstoffmengen erhält, zeigt sich erst nach einer zuverlässigen, chemischen Analyse.
Nachhaltige Alternativen?
Die meisten Sexspielzeuge sind aus Silikon, und zwar aus gutem Grund. Silikon lässt sich gut reinigen (was nebenbei gesagt, bei Sexspielzeugen enorm wichtig ist), Silikon wird nicht porös, ist flexibel in der Handhabung, gleitfreudig und nicht besonders anfällig für Bakterien, Viren oder Pilze. Susanne Gahr vom Orion-Versand sieht aber noch einen anderen Aspekt: "Es ist nicht so gut biologisch abbaubar, das steht außer Frage, aber Silikon ist langlebig und insofern ist es an sich kein schlechtes Material für Love Toys." Allerdings – und das hat auch die Untersuchung der Stiftung Warentest gezeigt – die meisten Sexspielzeuge bestehen nicht ausschließlich aus Silikon.
Holz als Material ist zwar eine nachhaltige Alternative, allerdings ist Holz sehr offenporig und damit aus hygienischen Gründen problematisch. Entsprechende Lacke, um dem entgegenzuwirken, müssen geprüft sein. Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter in Deutschland und Österreich, die sogar Vibratoren aus Holz verkaufen. Die Beschichtung soll, nach Angaben der Hersteller, die bereits erwähnten Grenzwerte von Kinderspielzeug einhalten.
Sexspielzeug aus Glas oder Metall ist zwar in der Herstellung wesentlich aufwändiger, erfüllt aber leichter die Hygienestandards der Händler. Allerdings, sagt Susanne Gahr vom Orion-Versand, ist die Nachfrage der Kunden in die diesem Bereich nicht sehr groß: "Wir sehen, dass Glas- und Metall-Produkte nicht so gut gehen wie Silikon-Artikel."
Wesentlich mehr Nachfrage gibt es im Bereich Gleitmittel. Online gibt es mittlerweile verschiedene Anbieter, die ganz gezielt Gleitgele ohne Zusatzstoffe wie Glycerin oder Parabene anbieten. Die Produkte sind meist vegan und auf Wasser- oder Ölbasis. Aber auch Aloe Vera-Gel oder Kokosöl erfüllt seinen Zweck. Bei Kondomen ist es mit der Nachhaltigkeit schon etwas schwieriger. Auch wenn einige Anbieter sogar vegane Produkte anbieten, indem sie den Weichmacher Kasein (ein Protein aus Milchsäure) ersetzen. Schuld sind die strengen Vorgaben für Kondome, sagt Susanne Gahr vom Orion-Versand: "Die haben sehr, sehr strenge Vorschriften, was die Lagerung und Verpackungen angeht. Und da sind uns, bezüglich hygienischer Vorschriften, auch die Hände gebunden."
Das Drumherum muss nachhaltiger werden
Unterm Strich sind nachhaltige Produkte im Bereich Love Toys ein Nischenprodukt. Vor allem deshalb, weil bei echter Nachhaltigkeit auch auf alle technischen und smarten Varianten verzichtet werden müsste. Gerade das ist aber für die meisten Kunden ein Anreiz für den Kauf. Immerhin werden mittlerweile die meisten hochwertigeren Vibratoren mit wiederaufladbaren Akkus und nicht mehr mit Batterien vertrieben.
Viel wichtiger als nachhaltiges Sexspielzeug ist für Susanne Gahr vom Orion-Versand deshalb auch Nachhaltigkeit beim Versand:
"Wie beispielsweise bei Verpackungsmaterialien, beim Karton, beim Kleber. Zum Beispiel Kartoffelstärke als Kleber verwenden oder die Verpackung recycelfähig machen. Wir versenden unsere Pakete CO2-neutral über DHL mit einem Green- Zertifikat."
Susanne Gahr, Orion-Versand
Am wichtigsten wären allerdings einheitliche und verbindliche Standards bei der Produktion der Love Toys. Dass immer wieder bedenkliche Schadstoffe gefunden werden, gerade bei Produkten, die mit sehr sensiblen Bereichen wie den Schleimhäuten in Berührung kommen, ist äußerst fragwürdig.