Alexander Kluge: Chronik der Gefühle Der lange Marsch des Urvertrauens
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Aus der Anfangszeit des Kinos existiert eine Aufnahme von der öffentlichen elektrischen Hinrichtung eines Elefanten, der auf Coney Island drei Wärter getötet hatte. Dieses Material taucht bei Alexander Kluge immer wieder auf, als Erzählung, als Bild, als Film.
Der für Kluge wichtigste Moment ist dabei der vertrauensvolle Blick des riesigen Tiers, das sich ruhig zu seiner Hinrichtung führen lässt.Marx nennt Ideologie das notwendige falsche Bewusstsein. Dazu gehört, dass wir Menschen als Säuglinge mit gläubigem Blick in die Wirklichkeit schauen und weil die Mutter zurückblickt, glauben wir, dass die Welt es gut mit uns meint. Das ist ein grundlegender Irrtum, von dem wir leben bis wir sterben. Unsere Welt meint es mit den Menschen nicht gut. Wir können diesen Irrtum aber nicht aufgeben. Freud nennt das das Urvertrauen. (Alexander Kluge)
In Der lange Marsch des Urvertrauens versammelt Kluge "Entscheidungen vor dem Hintergrund der gesamten Geschichte unseres Planeten, sucht ungenutzte Möglichkeiten zum Widerstand". Es geht um die "Zähigkeit, Vollständigkeit, Hartnäckigkeit und Leidenschaft der Suche."
Angewandte Phantasie ist dabei selbstverständlich: 1914 ließen eine französische Telegrafistin und ein deutscher Telegrafenbeamter bei der Übermittlung der deutschen Kriegserklärung an Frankreich den Irrtümern der Chiffrier- und Dechiffriermaschinen vollen Lauf, in der Hoffnung, wenigstens dadurch zur Kriegsverhinderung beizutragen. Die Gruppe Dada publizierte das Telegramm 1918 in Zürich.
Alexander Kluge: Chronik der Gefühle - Der lange Marsch des Urvertrauens
Mit Alexander Kluge, Wolfgang Hinze, Ilja Richter, Hanns Zischler, Johannes Herrschmann, Peter Fricke, Christian Friedel, Monika Manz, Elfriede Jelinek, Romuald Karmakar sowie Christoph Englert
Musik: Woog Riots sowie Solisten des Symphonieorchesters des Bayerischen
Bearbeitung und Regie: Karl Bruckmaier
BR 2009