Lesbisches Kino Wir sind kein Tabu, wir sind selbstverständlich - zeigt uns auch auf der Leinwand so!
Im Juli laufen im Kino zwei Filme an, die lesbische Beziehungen zeigen: Die Komödie „Am I OK?“ und der Thriller „Love Lies Bleeding“. Die Sexualität der jungen Protagonistinnen wird darin ganz selbstverständlich gezeigt. Warum passiert das noch viel zu selten?
Sonntag, 12 Uhr, ich bin mit mit Nachos auf dem Schoß im Kino. Um mich herum sitzen fast ausschließlich lesbische Paare. Auf der Leinwand läuft: „Am I OK?“. Darin gesteht sich die 32-Jährige Lucy, gespielt von Dakota Johnson, ein, dass sie lesbisch ist und muss sich nun als Late Bloomer in die Dating-Welt stürzen. Der Film dreht sich aber nur zum Teil um diese Erfahrung. Vielmehr ist er eine Geschichte über Freundschaft und über missglückte Dates. Und das finde ich furchtbar erfrischend.
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AM I OK? – Trailer #1 Deutsch German (2024)
Als queere Frau wünsche ich mir nämlich nicht nur im Kino queere Frauen zu sehen. Ich möchte auch welche sehen, die meiner Lebensrealität nahekommen. Ja, Queerfeindlichkeit ist in Deutschland noch immer präsent. Aber mein Leben und vor allem meine Beziehung sind kein Drama. Sondern eigentlich schön und die meiste Zeit über ganz leicht.
Junge queere Frauen werden viel zu selten im Kino gezeigt
Was der Film „Am I OK?“ da macht, nennt sich Casual Queerness – nebenbei wird ganz selbstverständlich Queerness gezeigt. Als ich das erste Mal eine solche Geschichte im Kino gesehen habe, war ich 19 und stand kurz vor meinem Coming Out. Im Film „Booksmart“ erleben zwei junge Frauen vor ihrer Highschool-Abschlussfeier eine wilde Nacht und die lesbische Protagonistin kämpft um die Aufmerksamkeit ihres Crushs. Ich hatte damals kein besonders queeres Umfeld und habe im Kino zum ersten Mal eine mir ähnliche queere Frau erlebt.
Dass queere Frauen im Film noch immer unterrepräsentiert sind, sagt auch Nadine Lange. Sie ist Kulturredakteurin beim Tagesspiegel, wo sich auch für den Queerspiegel mitverantwortlich ist, sowie Mitglied der Queer Media Society. In ihren Augen gab es immer wieder Wellen des lesbischen Kinos. Einen Trend leiten „Am I OK?“ oder „Booksmart“ aber nicht ein, sagt Lange: „Das sind vereinzelte Filme. Hier von einem Trend zu sprechen, finde ich absolut verfrüht. Es gab immer schon, auch in den Neunzigern, größere Produktionen, in denen Lesben vorkamen. Aber, dass sich das auf einem richtig hohen Niveau stabilisiert hätte, darauf warte ich eigentlich immer noch“.
Oft geht es in lesbischen Filmen um Tabus
Gemessen am Verhältnis queerer Frauen in der Gesellschaft, ist ihre Repräsentation im Film immer noch niedrig. Dazu kommt, dass gerade Mainstream-Produktionen oft die Widerstände gegen lesbische Beziehungen ins Zentrum setzen. „Carol“, der vielleicht erfolgreichste lesbische Film der letzten zehn Jahre, macht genau das. Er zeigt eine heimliche Liebe in den 50er Jahren. Das Happy End ist zwar angedeutet, klar ist aber: Diese Liebe wird von der Gesellschaft nicht geduldet. Wie so oft geht es in lesbischen Filmen um ein Tabu. Filme über den Kampf für Gleichberechtigung sind wichtig. Ich will jetzt aber sehen, wie queere Frauen glücklich sind. So wie die vielen hetero-Beziehungen in den vielen, vielen unschuldigen Rom-Coms.
Queere Filmemacherinnen müssen noch immer für ihre Stoffe kämpfen
Der Juli geht da gerade mit gutem Beispiel voran. Nicht nur „Am I OK?“ als lesbische Comedy ist in den deutschen Kinos gestartet, auch der Thriller „Love Lies Bleeding“ zeigt lesbische Protagonistinnen. Lou, gespielt von Kristen Stewart, ist die Tochter eines Mafiabosses. Im Fitnessstudio lernt sie die Bodybuilderin Jackie kennen. Während sich die beiden verlieben, werden sie immer tiefer in die Machtkämpfe der Kleinstadt verstrickt und müssen Leichen entsorgen. Rose Glass, die queere Regisseurin von „Love Lies Bleeding“, zeigt hier casual Queerness. Die zwei Protagonistinnen finden sich gut, mehr Kommentar braucht es gar nicht – findet auch Nadine Lange vom Tagesspiegel: „Ich hoffe, dass die ganzen Filme gute Einspielergebnisse machen, weil es immer darum geht: Kriegen queere, kriegen lesbische Filmemacherinnen ihre Filme produziert? Deswegen hilft es total, wenn große Stars am Start sind. Deswegen hilft eine Kristen Stewart, die sich in Interviews reinschmeißt. Ich meine, die hat eine Rolling-Stone-Covergeschichte mit ziemlich lesbisch erotischen Fotos gemacht“.
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Junge queere Frauen brauchen Filme, die ihre Lebensrealität widerspiegeln. Laut dem Marktforschungsunternehmen Ipsos identifizieren sich etwa 20 Prozent der Gen Z als queer – und das will ich im Kino sehen. Wir existieren und führen Beziehungen. Und gleichzeitig besteht unser Leben noch aus anderen Dingen: Aus Freundschaften, aus Schulabschlüssen – manchmal sogar aus Mafiakämpfen.
Neu im Kino: "Love Lies Bleeding" (Rose Glass, USA) und "Am I OK?" (Tig Notaro, Stephanie Allynne, USA)