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Allgemeinmedizin Stammzellen spenden - Leben retten

Allein in Deutschland erhält alle 15 Minuten ein Patient die Diagnose Leukämie. Oft ist eine Stammzelltransplantation dann die einzige Überlebenschance. Je mehr potentielle Spender registriert sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, einen passenden zu finden. Allgemeinarzt Dr. Klaus Tiedemann gibt alle Informationen zur Stammzellenspende und Carina Auer erzählt, wie sie der Russin Kristina Kotzlenko mit ihrer Spende das Leben gerettet hat.

Stand: 16.05.2019 | Archiv

Carina Auer und Kristina Kotzlenko (rechts) | Bild: Carina Auer

Leukämie

Es gibt verschiedene Formen von Leukämie. Allen gemeinsam ist, dass sich die weißen Blutkörperchen unkontrolliert vermehren. Wie alle Zellen, müssen auch Blutzellen ständig erneuert werden. Die neuen Blutzellen werden aus Stammzellen im Knochenmark gebildet. Die reifen Blutkörperchen gelangen dann in den Blutkreislauf. Bei Leukämie-Patienten sind diese Stammzellen defekt. Das hat zur Folge, dass auch die unreifen, weißen Blutkörperchen in den Blutkreislauf abgegeben werden. Daher auch die griechische Bezeichnung "Leukämie", die ins Deutsche übersetzt "Weißblütigkeit" bedeutet.

Stammzellentransplantation

Für viele Leukämiepatienten ist eine Stammzellentransplantation die einzige Chance zu überleben. Bei der Stammzellentransplantation werden die funktionsfähigen Stammzellen eines Spenders auf den Patienten übertragen. Die Voraussetzung dafür ist, dass ein passender Spender gefunden wird. Das ist jedoch nicht einfach, da viele Gewebemerkmale von Spender und Empfänger übereinstimmen müssen und es insgesamt 2000 verschiedene Merkmale gibt, die unterschiedlich kombiniert sein können. Innerhalb der Familie liegt die Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung bei höchstens 30 Prozent. Wenn in der Familie kein passender Spender gefunden wird, sind die Patienten auf Fremdspender angewiesen.
Dank internationaler Datenbanken wie der AKB (Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern) oder der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) wird jedoch mittlerweile für viele Patienten ein geeigneter Spender, ein so genannter genetischer Zwilling, gefunden. Je mehr potentielle Spender in einer Datenbank registriert sind, desto größer ist natürlich die Chance, einen passenden zu finden.

Stammzellentnahme beim Spender

Die Stammzellen befinden sich in hoher Konzentration im Beckenkamm. Es gibt zwei Möglichkeiten diese zu gewinnen. Der Spender kann in der Regel selbst entscheiden, welche Methode er vorzieht. Bei beiden Methoden haben sich die Stammzellen nach etwa zwei Wochen wieder vollständig nachgebildet.

Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm (wird in etwa 20 Prozent der Fälle gemacht):
Dem Spender wird unter Vollnarkose mit einer Punktionsnadel Knochenmark-Blutgemisch aus dem Beckenkamm entnommen. Der Eingriff dauert ca. eine Stunde. Der Spender muss zwei bis drei Tage im Krankenhaus bleiben.

Nachteile:

  • übliches Risiko der Vollnarkose
  • Stationärer Krankenhausaufenthalt
  • evtl. lokaler Wundschmerz
  • Infektionsrisiko der Wunde

Periphere Stammzellentnahme:
Der Spender bekommt über mehrere Tage hinweg einen hormonähnlichen Stoff verabreicht, der bei fieberhaften Infekten vom Körper selbst gebildet wird. Dadurch erhöht sich die Konzentration der Stammzellen im Blut. Diese können dann mittels Zellseparator aus dem fließenden Blut herausgefiltert werden. Dazu werden an beiden Armen venöse Zugänge gelegt. Das Blut fließt aus einem Arm hinaus, durchläuft den Zellseparator und wird am anderen Arm wieder in den Körper hineingepumpt (ähnliches System wie bei der Dialyse). Der Vorgang dauert in etwa drei bis fünf Stunden.

Vorteile:

  • keine Narkose
  • Stammzellentnahme kann ambulant durchgeführt werden
  • Es können mehr Stammzellen entnommen werden als bei der Knochenmarkentnahme.

Nachteil:

  • Während der Einnahme des Medikaments können grippeartige Symptome auftreten.

Der Empfänger erhält die Stammzellen intravenös. Durch das Blut verteilen sie sich im Körper und setzen sich in den Hohlräumen des Knochenmarks fest. Wenn alles gut geht, produzieren die Stammzellen nach der Transplantation wieder gesunde Blutzellen.

Wer bereit ist, Stammzellen zu spenden, kann sich typisieren und in eine Stammzellspenderdatei aufnehmen lassen. Für die Typisierung können Sie sich:

  • bei Ihrem Hautarzt Blut abnehmen lassen.
  • bei der DKMS oder der AKB ein Typisierungs-Set bestellen. Dieses enthält Mundschleimhauttupfer, mit denen Sie selbst einen Wangenabstrich machen können. Hier können Sie sich registrieren!
  • bei einem Blutspendetermin gleichzeitig für die Stammzellenspende typisieren lassen.

Ihr Blut bzw. Gewebematerial vom Wangenabstrich wird dann im Labor analysiert und Sie werden in die Datei aufgenommen. Ab diesem Zeitpunkt stehen Ihre Daten weltweit zur Suche nach einem geeigneten Spender zur Verfügung.
Um als Spender in Frage zu kommen, müssen sechs Gewebemerkmale (HLA-Merkmale) mit dem Empfänger übereinstimmen. In dieser ersten Probe werden vier Gewebemerkmale bestimmt. Falls diese mit einem Patienten übereinstimmen, werden weitere Blutuntersuchungen vorgenommen. Falls auch die weiteren Ergebnisse von Ihnen und dem Patienten übereinstimmen, wird bei Ihnen ein Gesundheitscheck vorgenommen. Dann müssen Sie sich noch einmal mit der Stammzellentnahme einverstanden erklären.
Jedoch kann man sich zu jedem Zeitpunkt entscheiden, doch nicht zu spenden. Diese Entscheidung wird respektiert.
Aber: Springen Sie als Spender erst kurz vor der Transplantation ab, kann das den Tod des Empfängers zur Folge haben. Bereits einige Tage vor der Transplantation wird nämlich mit einer Chemo- und/oder Strahlentherapie das kranke Knochenmark des Empfängers zerstört. Das bedeutet, dass er ohne die Stammzellspende nicht überleben kann.

  • Sie sind zwischen 17 und 55 Jahre alt und gesund. Bei der AKB ist das Höchstalter für die Registrierung 45 Jahre. Im Alter zwischen 18 und 61 kommen Sie dann als Spender in Frage. An Ihrem 61. Geburtstag werden Sie aus der Kartei gelöscht.
  • Sie wiegen zwischen 50 und 130 Kilo.
  • Personen, die an schweren Erkrankungen, wie etwa einer Herzschwäche, chronischer Bronchitis, Epilepsie, Schizophrenie oder Diabetes mellitus leiden.
  • Menschen, denen ein Organ transplantiert worden ist.
  • Suchtkranke (Alkohol, Medikamente oder Drogen)

In den ersten beiden Jahren nach der Transplantation bleiben Spender und Empfänger anonym. Der Spender kann jedoch über die Stammzellspenderkartei Auskünfte über den Erfolg der Transplantation erhalten und schriftlich anonymisierten Kontakt mit dem Spender aufnehmen.
Nach zwei Jahren kann, falls Empfänger und Spender das wünschen, ein direkter Kontakt zwischen den Beiden hergestellt werden. Das ist aber nur möglich, wenn beide in Deutschland leben. Lebt der Empfänger im Ausland, können Sie, je nach Rechtslage des Landes, manchmal nur anonym oder sogar überhaupt nicht in Kontakt treten.


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