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Allgemeinmedizin Medizinisches Cannabis: Risiken und Nutzen

Cannabis hat als Heilpflanze in Ländern wie China, Ägypten und Indien bereits eine Jahrtausende alte Tradition. In Deutschland ist sie seit März 2017 für die medizinische Anwendung zugelassen. Allgemeinarzt Dr. Klaus Tiedemann klärt über den Nutzen und die Risiken von medizinischem Cannabis auf.

Stand: 24.03.2024 10:43 Uhr

Cannabis | Bild: BR/dpa-Bildfunk/Patrick Pleul

Seit dem 1. April ist in Deutschland die Teillegalisierung von Cannabis in Kraft getreten. Für die medizinische Anwendung ist Cannabis seit 2017 zugelassen. Eine staatliche Stelle, die sogenannte Cannabisagentur, kontrolliert unter anderem den Cannabisanbau zu medizinischen Zwecken.

Inhaltsstoffe und Wirkung von medizinischem Cannabis

Cannabis enthält mehr als 100 Wirkstoffe. Die medizinisch interessantesten sind THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol).

  • THC wirkt stimmungsaufhellend, aktivierend, schmerzlindernd und kann Brechreizdämpfen. Zudem verändert es die Wahrnehmung.
  • CBD (Cannabidiol) ist angstlösend, krampflindernd, entzündungshemmend und schmerzlindernd.

Welche Krankheiten und Leiden können mit Cannabis behandelt werden?

Cannabis findet hauptsächlich Anwendung in der Therapie von:

  • Multipler Sklerose
  • chronischen Schmerzen
  • Alzheimer
  • AIDS
  • Grünem Star
  • Rheuma
  • Migräne
  • Tourette-Syndrom
  • Spastiken
  • Angststörungen
  • Übelkeit während einer Chemotherapie
  • Appetitlosigkeit im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung
  • sowie als Palliativmedikament

Für wen ist Cannabis als Arzneimittel interessant?

Vor allem für austherapierte Patienten, also diejenigen, bei denen die gängigen Medikamente erfolglos angewendet wurden, kann eine Behandlung mit medizinischem Cannabis sinnvoll sein.
Da Cannabis die Leber und die Nieren nicht so stark schädigt wie andere Medikamente, kann es zudem eine Alternative für Patienten mit Niereninsuffizienz oder Leberschäden sein.
Achtung: Patienten mit Herzerkrankungen, beispielsweise Herzrhythmusstörungen, sollten keine Cannabis-Medikamente nehmen.

Wer darf medizinisches Cannabis verordnen?

Jeder Arzt, egal ob Allgemein- oder Facharzt, darf medizinisches Cannabis verschreiben. Es gibt keine konkrete Liste von Krankheiten, sondern die Therapie liegt im Ermessen des behandelnden Arztes. Er darf Cannabis für alle Krankheiten verordnen, die entweder lebensbedrohlich sind oder den Patienten in seiner Lebensqualität dauerhaft stark einschränken.

Welche Nebenwirkungen kann Cannabis haben?

  • Müdigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • erhöhter Puls
  • Blutdruckabfall
  • Mundtrockenheit
  • Kopfschmerzen
  • gerötete Augen
  • Atemprobleme
  • gesteigerter Appetit (was allerdings bei einigen Krankheiten die gewünschte Wirkung ist)
  • psychische Störungen
  • Stimmungsschwankungen
  • Orientierungsstörungen
  • Benommenheit, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen
  • Verwirrtheit
  • Halluzinationen

Macht medizinisches Cannabis abhängig?

Eine Abhängigkeit kann sich zweifellos entwickeln, ist aber auch bei anderen Medikamenten möglich und bei medizinisch austherapierten Patienten ein nachrangiges Problem.

Darf man bei Einnahme von medizinischem Cannabis Auto fahren?

Dafür gelten die gleichen Bestimmungen wie für andere Medikamente auch. Fahren darf, wer sich dazu in der Lage sieht, es wird also kein generelles Fahrverbot ausgesprochen. Dennoch: Cannabis kann die Sinneswahrnehmung so verändern, dass eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr nicht mehr gewährleistet ist.

Welche Darreichungsformen gibt es?

Die Darreichungsform ist gesetzlich nicht geregelt und wird vom Arzt in Absprache mit dem Patienten bestimmt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Darreichung, wie etwa gemahlene Cannabisblüten, Extrakte, Tabletten, Tropfen oder Mundspray. Die Abgabe der Arznei muss über die Apotheke erfolgen.

Übernehmen die Krankenkassen die Kosten für medizinisches Cannabis?

Unter diesen Voraussetzungen werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen:

  • Die Krankheit ist schwerwiegend.
  • Es gibt keine andere anerkannte Behandlung für die Beschwerden oder diese wirkt nicht.
  • Es ist davon auszugehen, dass das medizinische Cannabis in diesem Fall helfen könnte.

"Meine Praxiserfahrungen mit medizinischem Cannabis haben leider die anfangs hochgesteckten Erwartungen meinerseits und auch seitens der Patienten nicht erfüllen können. Ich sehe Cannabis als eine zusätzliche Therapiemöglichkeit, ein Wundermittel ist es jedoch nicht."

Dr. Klaus Tiedemann


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