Allgemeinmedizin Erste-Hilfe-Tipps für die Feiertage
Sektkorken, Christbaumkerzen und Alkohol: Aus Sicht von Allgemeinarzt Dr. Klaus Tiedemann beginnt jetzt die gefährliche Zeit. Er gibt die wichtigsten Infos und Erste-Hilfe-Tipps für die häufigsten Verletzungen an Weihnachten und Silvester.
Die Feiertage an Weihnachten und Silvester sollen ruhig und gemütlich sein. Aber unerwartet oft kommt es zu Verletzungen. Die Arztpraxen sind geschlossen und die Notaufnahme überfüllt. Deshalb gibt Ihnen Allgemeinarzt Dr. Klaus Tiedemann hier die wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen für zuhause.
1. Zu viel Alkohol
Zu Weihnachten und zum Jahreswechsel fließt deutlich mehr Alkohol die Kehlen herunter als zu anderen Jahreszeiten. Der Alkohol macht ungeschickt und führt zur Selbstüberschätzung, was ein erhebliches Verletzungsrisiko bedingt.
Der "Kater danach" ist die dringende Bitte des Körpers, beim nächsten Mal etwas Vorsicht walten zu lassen. Er wird durch Fuselalkohole ausgelöst. Wenn Sie also Alkohol trinken, dann am besten hochwertigen. Trinken Sie nicht durcheinander und lassen Sie die Finger von zuckerhaltigen, alkoholischen Mixgetränken.
Mein Tipp: Um einem Kater vorzubeugen, sollten Sie zwischendurch viel Wasser trinken, am besten nach jedem Glas Alkohol ein Glas Wasser.
Wenn Sie zu tief ins Glas geschaut haben, trinken Sie am nächsten Morgen ebenfalls viel Wasser. Eine heiße Brühe und eine Magnesiumtablette versorgen den Körper mit den benötigten Mineralstoffen. Den (Kopf-)Schmerz können Sie mit Ibuprofen und ASS etwas dämpfen.
2. Augenverletzungen
Wenn ein Sektkorken unkontrolliert aus der Flasche fliegt, hat er eine große Wucht. Auch wenn er an einer Wand abprallt und dann ein Auge trifft, kann das zu schweren Schäden führen, die nicht oder nur teilweise zu beheben sind. Nach einer Augapfelprellung kommt es in zehn Prozent der Fälle zu Glaukom, Katarakt und Netzhautablösungen – möglicherweise erst nach Jahren.
Mein Tipp: Schütteln Sie eine Sektflasche keinesfalls so lange, bis der Korken von alleine rausfliegt. Behalten Sie den Sektkorken beim Öffnen einer Flasche immer in der Hand! Ich lege über den Korken eine Serviette, dann fliegt er nicht unkontrolliert durch die Gegend.
Auch wenn ein Knallkörper direkt vor dem Auge explodiert, kommt es zu einer Druckwirkung ähnlich einer Prellung.
Im Falle einer solchen Verletzung das Auge möglichst schnell kühlen. Wer starke Schmerzen hat oder nicht mehr gut sieht, sollte den augenärztlichen Notdienst aufsuchen.
Desinfektionsmittel
Seit es überall Spender für die Händedesinfektion gibt, hat sich die Zahl der Augenverätzungen bei Kindern versiebenfacht. Fatalerweise hängen die Spender meist genau auf Augenhöhe der Kinder. Lassen Sie keine Desinfektionsmittel herumstehen.
Mein Tipp: Bei Augenverätzungen die Augen mit Wasser gründlich ausspülen und zwar von innen nach außen, damit nicht auch noch das unverletzte Auge etwas abbekommt.
Augenverletzungen in Deutschland:
Im Jahr 2019 gab es in Deutschland 1.878 Augenverletzungen. Betroffen waren zu 39 Prozent Kinder und Jugendliche, obwohl sie nur 16,5 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
3. Brandwunden
Brandwunden sollten Sie sofort unter fließendem Wasser kühlen. Mindestens 15 Minuten lang, um das sogenannte Nachbrennen zu verhindern, bei dem bis dahin noch gesunde Zellen zerstört werden. Behandeln Sie offene Wunden nicht mit Salben, Puder oder anderen Mitteln, sondern verbinden Sie sie locker mit einem sterilen Gazeverband. Blasen bitte nicht öffnen.
Bei tieferen, großflächigeren Verbrennungen oder Verbrühungen ist eine rasche ärztliche Versorgung notwendig. Insbesondere bei Kindern oder älteren Menschen und wenn die Brandverletzungen durch Chemikalien oder elektrischen Strom verursacht wurden.
Meine Bitte: Schützen Sie Kinder vor Tischfeuerwerken und Feuerwerkskörpern.
4. Schnittwunden
Bei einer kleinen Schnittwunde genügt meist ein Pflaster. Größere, stark blutende Wunden sollten Sie mit einer sterilen Auflage und einer Mullkompresse versorgen. Gegebenenfalls ist auch ein Druckverband sinnvoll: Drücken Sie einen sterilen Verband für fünf bis zehn Minuten leicht auf die Wunde, bis die Blutung nachlässt.
- Lassen Sie kleine Schnittwunden vor dem Versorgen etwas ausbluten. So werden Schmutzpartikel aus dem Gewebe geschwemmt.
- Stark verschmutzte Schnittwunden vorsichtig mit kühlem Leitungswasser ausspülen.
- Verwenden Sie zum Desinfizieren der Schnittwunde ein Hautdesinfektionsmittel.
- Lagern Sie das verletzte Körperteil hoch, damit weniger Blut einströmt.
- Schürfwunden und oberflächliche Wunden heilen gut an der frischen Luft.
Wunden mit ausgefransten oder klaffenden Wundrändern sollten von einem Arzt versorgt werden. Muss eine Wunde genäht werden, hat der Chirurg sechs Stunden Zeit. Danach geht nichts mehr, weil die Verkeimung zu weit fortgeschritten ist.
Gut zu wissen:
Wunden sollten möglichst steril bleiben. Verzichten Sie deshalb auf "Hausmittel" wie das Auftragen von Butter oder Zwiebelsaft. Berühren Sie die Wunde nicht mit dem Mund, saugen Sie nicht daran und pusten Sie nicht darauf ("Aua wegpusten"), denn Speichel enthält viele Keime.
5. Sodbrennen
Zu viel, zu fett und zu süß: vor allem an Festtagen essen wir oft zu üppig. Das darauffolgende Sodbrennen ist, genau wie der Kater, eine "Strafe" für die kulinarischen Sünden.
Mein Tipp: Die Völle nach der Weihnachtsgans bitte nicht mit einem "Verdauungsschnäpschen" behandeln. Denn Fett und Alkohol sind der halbe Weg zum Gichtanfall, zur Gallenkolik oder schlimmstenfalls zur Bauchspeicheldrüsenentzündung. Besser ist ein Verdauungsspaziergang, der die Magenentleerung ankurbelt.
- Oft hilft es bei akutem Sodbrennen, ein Stück trockenes Brot oder ein paar kleingekaute Mandeln zu essen.
- Für eine ruhigere Nacht sorgen Sie, wenn Sie kurz vor dem Schlafengehen nichts mehr essen und das Kopfteil des Bettes etwas höher stellen. Das erschwert einen möglichen Rückfluss.
- Gegen starkes Sodbrennen gibt es in der Apotheke frei verkäufliche säurebindende Gele.
Nehmen Sie sich grundsätzlich Zeit zum Essen und kauen Sie gründlich. Mehrere kleine, leichte Mahlzeiten am Tag sind besser als wenige üppige.
Bleiben Sie gesund! Das wünschen Dr. Klaus Tiedemann und "Wir in Bayern"!