BR Fernsehen - Wir in Bayern


38

Hundeerziehung Grenzen setzen, aber richtig!

In erster Linie sind Hunde immer noch Tiere, und Tiere kennen kein "richtig“ oder "falsch“ - zumindest nicht in unserem Sinn. Sie sollten also von Ihrem Hund nicht erwarten, dass er weiß, dass er nicht hochspringen soll, dass er nicht vom Tisch klauen darf oder dass er im tiefsten Winter nicht in den Bach springen sollte. Da müssen schon Sie ihm Grenzen setzen! Und wie das richtig geht, erklärt Hundetrainerin Anja Petrick.

Stand: 22.10.2020

Ein Hund in der Stadt. | Bild: BR / Fabian Stoffers

Jede*r Hundehalter*in kennt das: Der eigene Hund tut etwas Verbotenes und die eigene Reaktion ist, "Nein“ zu rufen.

Leider haben die Wenigsten ihrem Hund erklärt, was "Nein“ eigentlich bedeutet und gehen davon aus, dass der Hund ganz genau weiß, was er falsch gemacht hat. Schließlich schaut er so schuldbewusst, wenn er geschimpft wird.

Diese Theorie hat 3 Haken:

  1. Wir sagen sehr oft am Tag "Nein“ - zu unseren Partner*innen, den Kindern, Kolleg*innen oder am Telefon. Woher soll der Hund wissen, wann er gemeint ist?
  2. Die meisten Hunde wissen nicht, was "Nein" bedeutet. Nämlich "Brich bitte das ab, was du gerade tust".
  3. Der "schuldbewusste" Gesichtsausdruck des Hundes ist seine Reaktion auf das Schimpfen (Lautstärke, Tonfall) des Menschen, ohne wirklich zu verstehen, warum er geschimpft wird. Hunde fallen dann in beschwichtigendes Verhalten. Drei der Beschwichtigungssignale sind den Blick Abwenden, Zwinkern und über den Nasenspiegel Lecken. Für uns Menschen sieht dies dann aus, als ob unser Hund schuldbewusst schaut, für den Hund ist das aber nur eine Reaktion darauf, dass wir wütend sind.

Wenn Sie nun also Grenzen setzen möchten oder müssen, können Sie das auf drei verschiedene Arten machen:

  • Management
  • ein Alternativverhalten verlangen
  • ein Abbruchsignal sauber aufbauen, damit der Hund auch wirklich versteht, was Sie von ihm möchten

Management:

So lange Ihr Hund noch kein Abbruchsignal kennt, sollten Sie seine Umwelt so gestalten, dass er möglichst wenig Fehler machen kann.

  • Wenn er z. B. gerne vom Tisch klaut, wird entweder immer gut aufgeräumt oder die Küchentür zugemacht, so dass er gar keine Gelegenheit mehr dazu hat.
  • Jagt er gerne Radfahrer*innen, geht er erst einmal wieder nur an der Leine spazieren oder dort, wo keine unterwegs sind.
  • Verbellt er Besuch, kann ein Ruheraum helfen, in welchem er entspannt schlafen kann, bis der Besuch wieder weg ist.

Versuchen Sie, Auslöser zu vermeiden und sichern Sie Ihren Hund so, dass er so wenig falsches Verhalten wie möglich zeigen kann. So haben Sie Zeit, am Problem in Ruhe zu arbeiten.

Alternativverhalten:

Wenn Ihr Hund dabei ist, etwas (in Ihren Augen) Falsches zu tun, können Sie ein Verhalten von ihm verlangen, das im Gegensatz zu dem steht, was er eigentlich vorhatte.

  • Möchte er z. B. im Winter in den Bach springen und Sie möchten das nicht, sagen Sie nicht einfach "Nein", sondern rufen Sie ihn zu sich. Wenn er zu Ihnen kommt, kann er nicht in den Bach springen. Leinen Sie Ihren Hund dann entweder an oder sagen Sie ihm, er soll weitergehen, damit er nicht noch einmal in Versuchung kommt, doch noch schnell baden zu gehen.
  • Wenn Ihr Hund gerne Personen anspringt, könnten Sie ein "Sitz" von ihm verlangen, bevor er ins Hüpfen kommt. Sitzen und gleichzeitig anspringen, geht nicht.
  • Wenn Ihr Hund bettelnd am Tisch sitzt, können Sie ihm beibringen, stattdessen entspannt auf seiner Decke zu liegen und etwas zu knabbern.

Achtung

Wichtig bei einem Alternativverhalten ist immer: Geben Sie Ihrem Hund etwas zu tun, das im Gegensatz zu dem steht, was er jetzt eigentlich tun würde. Und das Alternativverhalten sollte immer gut belohnt werden!

Grundsätzlich gilt im Hundetraining immer: Versuchen Sie Ihrem Hund ein erwünschtes Verhalten zu zeigen, anstatt ein verbotenes zu bestrafen.

Abbruchsignal:

Denken Sie sich ein Signal-Wort aus, welches Sie sonst nicht benutzen, z. B. "Lass es!", "Denk nach!", oder "No!".

Halten Sie Ihrem Hund ein Leckerchen in der geschlossenen Hand hin und sagen Sie Ihr Signal-Wort. In dem Moment, indem Ihr Hund von der Hand ablässt, loben Sie ihn und geben Sie ihm richtig gute Leckerchen aus der anderen Hand.

Sobald Ihr Hund zuverlässig von Ihrer Hand ablässt oder schon gar nicht mehr drangeht, legen Sie ihm das Leckerchen auf den Boden und üben Sie weiter.

Wenn das gut geht, legen Sie das Leckerchen auf den Boden, wenn Ihr Hund es nicht sieht, und gehen Sie mit ihm zum Leckerchen. Geben Sie Ihr Signal "Lass es“ und belohnen Sie richtig gut, wenn er das Leckerchen liegen lässt.

Wichtig sind folgende Dinge:
Trainieren Sie immer so, dass Ihr Hund es gut schaffen kann und erschweren Sie die Übung nicht zu schnell.

Sagen Sie Ihr Signal (z. B. "Lass es!") freundlich aber bestimmt. Sie müssen es nicht hart oder laut sagen!

Wenn das mit einem Leckerchen gut funktioniert, können Sie anfangen, Ihr Signal zu generalisieren, d. h. Sie geben es Ihrem Hund, wenn er kurz davor ist, etwas zu tun, das er nicht soll (z. B. schaut er auf den Esstisch und möchte sich die Käsesemmel klauen). Ihr Signal kommt, noch bevor er zum Tisch geht und dann belohnen Sie ihn gut, wenn er sich abwendet und die Semmel liegen lässt.

Das Abbruchsignal sollten Sie immer früh genug geben, damit Ihr Hund noch gut die Handlung abbrechen kann.

Viel Spaß mit Ihrem Hund wünscht Ihnen "Wir in Bayern" und Hundetrainerin Anja Petrick!


38