Hundeerziehung Auf und davon? So kontrollieren Sie den Jagdtrieb Ihres Hundes
Im Frühling sind viele Wildtiere mit ihren Jungen unterwegs. Eine besondere Verlockung für Hunde, die gerne jagen. Ob Vögel, Hasen oder Rehe: Eine spannende Spur oder eine Silhouette in der Ferne wecken bei vielen Hunden den Jagdtrieb. Und dann gibt es kein Halten mehr! Wie Sie mit Ihrem Vierbeiner trainieren können, ohne ihm den Spaß an einer interessanten Fährte zu nehmen, zeigt Hundetrainerin Anja Petrick.
Im März beginnt die Brut- und Setzzeit, daher sollten Hundebesitzer in dieser Zeit ganz besonders darauf achten, dass ihre Hunde nicht jagen gehen und auch nicht zu sehr im Gebüsch oder an Wiesenrändern stöbern, denn hier werden häufig Kitze von ihren Müttern abgelegt.
Daher gilt jetzt: Anleinen! Wildtiere haben das Recht, ungestört zu leben und ihre Jungen aufzuziehen.
Wenn Sie einen passionierten Jäger an der Seite haben, gibt es auch Möglichkeiten, dieses Jagdverhalten in - für Menschen und Wildtiere - gute Bahnen zu lenken.
Dabei geht es weniger darum, dass Ihr Hund besonders gut „im Gehorsam steht“, also auch unter Wild-Ablenkung abrufbar ist. Vielmehr sollten Sie die Sequenzen aus dem Jagdverhalten, die für Sie noch okay sind, nutzen, und dem Hund einen Teil seiner Leidenschaft ermöglichen, ohne dass Wildtiere in Gefahr geraten.
Gut zu wissen:
Der Jagdtrieb ist ein instinktives Verhalten und genetisch fixiert. Für jagdlich motivierte Hunde geht es nicht zwingend darum, Beute zu erlegen. Alleine das Hetzen setzt Endorphine frei, die den Hund in einen „Glückszustand“ versetzen.
Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass Sie bei einem jagdlich motivierten Hund auf viele Dinge achten sollten und das Training ein großer Komplex ist, bestehend aus:
- Leinenhandhabung
- den Hund entstressen
- alternativen Verhaltensweisen und Beschäftigungen
- die richtige Auslastung finden
- Pausenübungen im Wald
- gezieltem Training
Hier soll es um das gezielte Training gehen. Ziel ist es, dass Ihr Hund Wild anzeigt, aber nicht mehr hinterherrennt. Das heißt, Ihr Hund darf durchaus einer Spur ein Stück weit folgen, sollte dann aber im Anzeigen bleiben und nicht mehr kopflos in den Wald rennen.
Zum Training brauchen Sie ein Markersignal, besondere Belohnungen und eine gute Beobachtungsgabe.
Zuerst finden Sie heraus, was Ihr Hund toll findet. Machen Sie sich gerne eine Liste mit mindestens zehn Belohnungen und probieren Sie aus, was Ihr Hund wirklich liebt. Wichtig ist, diese Liste hin und wieder zu überprüfen, denn genau wie bei uns Menschen können sich die Vorlieben der Hunde ändern.
Als Belohnung eignen sich zum Beispiel:
- Futter in verschiedenen Varianten und Darreichungsformen: Wurst, Käse, getrocknetes Fleisch oder Obst, geworfen, gerollt, versteckt oder aus der Hand gegeben
- gemeinsames Rennen
- Spielzeug werfen oder gemeinsam Zergeln
Danach können Sie anfangen, das Markersignal aufzubauen.
Das Markersignal
Es dient dazu, Ihrem Hund genau zu sagen: das hast du jetzt richtig gemacht. Es ist wie ein Lob, nur deutlich prägnanter, kürzer und dadurch fürs Hundehirn sehr gut verständlich.
Aufgebaut wird das Markersignal wie folgt: Sie brauchen ein einsilbiges Wort, beispielsweise Click, Yip, Yep oder Top. Fangen Sie zuhause damit an.
- Markersignal sagen
- Darauf folgt eine Belohnung, also ein besonderes Futter oder ein tolles Spiel. Wichtig: es muss für Ihren Hund wirklich belohnend sein!
- 8- bis 10-mal wiederholen
- 2- bis 3-mal am Tag üben, dann sollte Ihr Hund es verstanden haben
Wenn das gut funktioniert, dürfen Sie mit Ihrem Hund draußen üben. Hier ist die Aufgabe, Ihren Hund für gutes Anzeigeverhalten zu markern und zu belohnen.
Fangen Sie mit großen Distanzen und einfachen Dingen an. Also bitte nicht direkt in den Wald gehen und dort trainieren, wo es eine große Wilddichte gibt. Das kann für Sie und Ihren Hund zu viel sein. Denn jetzt gilt es erst einmal, die eigene Beobachtungsgabe und das Timing zu üben.
Immer, wenn Ihr Hund eine Fährte aufnimmt und diese ruhig entspannt abschnüffelt, loben und belohnen Sie ihn. Wenn Ihr Hund in der Ferne etwas sieht: markern und belohnen Sie ihn ebenfalls. Achten Sie darauf, dass Sie nur ruhiges Verhalten verstärken und keinesfalls markern, wenn Ihr Hund bellend in der Leine hängt.
Fangen Sie alles ein, was Ihr Hund Ihnen als Anzeigeverhalten anbietet, beispielsweise vorstehen, hinsetzen und gucken - oder stehen, gespannt in eine Richtung schauen und dabei mit der Nase wittern. Sie werden sehen, dass Ihr Hund immer mehr anzeigen wird und nach und nach weniger losstürmen möchte.
Passen Sie die Belohnungen immer der Situation und Ihrem Hund an. Wenn Ihr Hund es geschafft hat, sich von weglaufenden Rehen zu lösen und zu Ihnen zurückzukommen, reicht ein Stück Trockenfutter nicht. Feiern Sie Ihren Hund! Bieten Sie ihm etwas Adäquates an, entweder eine unglaublich tolle Futterbelohnung, die Sie ihm werfen können, ein Felldummy oder Spielzeug, das wegfliegt, oder ein gemeinsames Rennspiel mit Ihnen.
Als letztes ist es noch wichtig zu wissen, dass Sie das Markersignal auch immer wieder in normalen Situationen verwenden sollten und nicht nur in aufregenden Jagdsituationen. Ansonsten verknüpft Ihr Hund irgendwann, dass das Markersignal Wildtiere ankündigt. Und das wollen Sie in jedem Fall vermeiden.
Bitte gehen Sie achtsam mit Ihrem Hund in Wald und Feld spazieren. Auch Hunde, die wirklich gut hören, können hinter einem Reh herjagen oder ein Kitz am Wegesrand finden - und das geht für das Wildtier selten gut aus. Selbst wenn Ihr Hund das Reh nicht zu fassen bekommen sollte, ist das Hetzen extrem stressig und belastend für die Wildtiere.
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Viel Erfolg mit diesen Tipps wünschen Anja Petrick und "Wir in Bayern"!