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HNO-Medizin Endlich wieder gut hören mit Cochlea-Implantat

Wer ein Hörgerät trägt und dennoch schlecht hört, dem könnte ein sogenanntes Cochlea-Implantat helfen. Diese moderne Hörprothese hat den Vorteil, dass sie den geschädigten Teil des Ohres umgeht und direkt den Hörnerv stimuliert. Die Technik ist inzwischen so ausgereift, dass nicht nur Taube, sondern auch ältere Menschen mit starkem Hörverlust profitieren können. HNO-Arzt Dr. Thomas Meier-Lenschow weiß, für wen ein Cochlea-Implantat in Frage kommt.

Stand: 06.05.2022

Schwerhöriger, älterer Mann von hinten auf einer Straße | Bild: BR-Bild_dpa-Bildfunk / biha / Olaf Malzahn

Das Hören ist ein komplexer Vorgang. Grob ausgedrückt besteht unser Gehör aus einem mechanischen (Gehörgang, Trommelfell, Mittelohr) und einem elektronischen (Innenohr, Hörnerv, Hörrinde in Gehirn) Anteil. Im Mittelohr werden die Schallwellen in Druckimpulse umgewandelt, welche im Innenohr wiederum in Flüssigkeitsschwingungen umgewandelt werden. Diese Wellen lenken dann die Haare der Hörzellen ab und ein Elektroimpuls wird generiert. Bereits im Innenohr werden diese Potentiale modelliert und über den Hörnerv dem Gehirn zugeleitet.

Schwerhörigkeit und Taubheit

Es gibt viele Ursachen für einen Abbau oder Verlust des Hörvermögens. Die häufigsten sind Funktionsstörungen des Innenohrs. Die etwa 9.000 Hörzellen pro Innenohr arbeiten ein Leben lang rund um die Uhr und sind von einer guten Durchblutung sowie Nährstoffversorgung abhängig.

Faktoren, die die Hörzellen schädigen können:

  • Lärmbelastung im Laufe des Lebens
  • Durchblutungsstörungen aufgrund von Diabetes oder Hypertonus (Bluthochdruck)
  • Akutereignisse wie Hörsturz
  • Alterungsprozesse
  • genetische Faktoren

Es gibt auch gehörlos geborene Kinder aufgrund genetischer oder intrauteriner Erkrankungen während der Schwangerschaft.

Therapiemöglichkeiten

Der mechanische Anteil des Hörvorgangs kann bei Schädigung durch eine Operation verbessert oder sogar wiederhergestellt werden. Der elektronische Anteil ist leider einer operativen oder medikamentösen Therapie (noch) nicht zugänglich. Eine zerstörte Nervenzelle im Innenohr lässt sich nicht regenerieren oder erneuern.

Somit bleibt als Behandlungsoption die Hörgeräteversorgung. Sie ist in vielen Fällen die Therapie der Wahl zur Wiederherstellung einer passablen Hörleistung.

Sind allerdings zu viele Nervenzellen geschädigt, hat das Hörgerät seine Grenzen erreicht und der Patient kann trotz optimaler Versorgung nicht mehr an der hörenden Welt teilhaben. Taubheit isoliert dann die Betroffenen von der Kommunikation.

Das Cochlea-Implantat

Seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde intensiv geforscht, wie Taubheit behandelt werden kann. Insbesondere taub geborene Kinder sollten die Möglichkeit erhalten, am normalen Leben teilzuhaben. Den Forschern kamen die rasante Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung und die ständig höhere Leistungsfähigkeit der Chips entgegen.

So wurde ein Gerät entwickelt, das aus einem Soundprozessor und einem unter die Haut eingesetzten Implantat mit einer Elektrode besteht: das Cochlea-Implantat (cochlear implant). Das Cochlea-Implantat wandelt die Schallwellen unter Umgehung der Haarzellen im Innenohr in elektrische Signale um, die direkt auf den Hörnerv übertragen werden. Die haardünne Elektrode muss dabei in die Hörschnecke, dem Sitz der Haarzellen, eingelegt werden. Keine leichte Aufgabe, die vom Operateur viel Feingefühl erfordert.  

Endlich wieder hören:

Mittlerweile ist die Technik so gut geworden, dass ein Cochlea-Implantat nicht nur bei Taubheit, sondern auch bei hochgradigen Hörstörungen auf einer oder beiden Seiten eingesetzt werden kann.

Voraussetzungen für ein Cochlea-Implantat:

  • einseitige oder beidseitige Taubheit oder hochgradiger Hörverlust
  • trotz optimaler Hörgeräteversorgung kein ausreichendes Sprachverstehen
  • funktionierender Hörnerv und anatomisch intakte Hörschnecke (Cochlea)
  • OP-Fähigkeit (die Operation dauert etwa zwei Stunden)
  • eine definierte Reihe von Voruntersuchungen

Nach der Implantation

Auf die erfolgreiche Operation folgt eine Hör-Rehabilitation. Das Hören muss wieder geübt und teilweise neu gelernt werden. Das Cochlea-Implantat wird individuell programmiert und das Hören und Verstehen in einem speziellen Trainingsprogramm geübt. Etwa sechs Wochen bis drei Monate dauert das Wiedererlernen des Hörens.

Wie das Hören dann genau klingt und wie gut Sprache verstanden wird, ist unterschiedlich. Aber eines ist sicher: Wieder mithören und mitreden können, das erreichen nahezu alle Patienten, die ein Cochlea-Implantat tragen!

Gute Gesundheit wünschen Dr. Thomas Meier-Lenschow und "Wir in Bayern"!


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