Praktikum in Russland Leben in der Exklave: Mit SCHULWÄRTS! in Kaliningrad
Von wegen Matroschka, Pirogge und Wodka. Russland hat viel mehr zu bieten! Das hat Marcel Müller während seines Praktikums mit SCHULWÄRTS! in Kaliningrad gelernt. Am „Gimnaziya Nr.32“ hat er seinen Schülern Deutsch beigebracht.
Mit SCHULWÄRTS! im russischen Klassenzimmer
Als Stipendiat des SCHULWÄRTS!-Projekts bin ich nach Russland gekommen, das unter dem Dach des Goethe-Instituts junge Lehrerinnen und Lehrer sowie Lehramtsstudierende an Schulen weltweit vermittelt. Einer der großen Pluspunkte: Die Kontaktaufnahme und die Vermittlung zu den jeweiligen Goethe-Instituten, oder wie in meinem Fall den Schulen vor Ort, übernimmt hier das Team von SCHULWÄRTS!. (Mehr Infos zum Programm findet ihr unten in den Linktipps). Wie genau dann ein Praktikum im jeweiligen Land und am jeweiligen Ort aussieht, das kann sehr stark variieren. Die Spannweite ist da breit.
„Auf nach Russland!“ Das solltet ihr beachten, bevor es losgeht:
Um Russland mit all seinen Facetten kennenzulernen und so viel wie möglich mitzunehmen, habe ich mich schon früh sprachlich „fit gemacht“. Dazu muss ich sagen, dass ich hier ein „Sonderfall“ bin, denn schon während meiner Schulzeit habe ich Russisch als zweite Fremdsprache sechs Jahre lang gelernt. Das war mir rückblickend ein großer Vorteil und ich empfehle allen Interessierten zumindest einen Sprachkurs im Vorhinein zu belegen. So wie ich es dann auch zusätzlich an meiner Heimatuniversität gemacht habe: Einige Kurse in slawischer Sprachen wurden dort kostenfrei angeboten. Diese Angebote würde ich auf jeden Fall wahrnehmen. Die erworbenen Kenntnisse wollte ich mir, in dem von mir noch nie bereisten Russland, während des Praktikums endlich zu Nutze machen.
Mit Gehrock und Spazierstock steht der berühmteste Einwohner der Stadt auf seinem Sockel: Immanuel Kant.
Eine der größten Hürden stand mir noch vor der Anreise bevor: Das Visum. Die offizielle Registrierung und das bürokratische System zu durchblicken, war für mich zuerst nicht ganz einfach. Da sollte man sich noch vor der Abreise zwei bis drei Monate Zeit nehmen und weit im Voraus planen. Für Visafragen kann ich die „Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland“ nur empfehlen. Wichtig ist vor allem, dass ihr rechtzeitig, am besten sechs bis acht Wochen vorher, den elektronischen Visumantrag im Netz abschickt. Und das noch bevor ihr zur Behörde geht und persönlich eure Dokumente vorbeibringt (Linktipps zum Thema findet ihr unten). Je nachdem mit welchen Stipendienprogrammen ihr unterwegs oder an welcher Gastuni ihr eingeschrieben seid, wird euch dieser Schritt vielleicht auch abgenommen. Informiert euch auf jeden Fall rechtzeitig. Denn gerade in Zeiten unklarer politischer und diplomatischer Beziehungen ist die „Visafrage“ immer das Wichtigste…
Die Russisch-Deutsche Freundschaft steht derzeit auf dem Prüfstand, das habe ich in meinem Gastland des Öfteren im Alltag mitbekommen: So ist der Austausch zwischen den beiden Ländern im letzten Jahr immer schwieriger geworden. Ein Grund ist beispielsweise der schwache Rubelkurs. Für viele Russen wurde es dadurch schwieriger, ihre Kinder für Auslandsaufenthalte nach Deutschland zu schicken.
"Ich persönlich habe auch eine gewisse Skepsis der russischen Bevölkerung gegenüber deutschen Touristen gespürt, die sich aber im Gespräch mit diesen Menschen schnell abbauen lässt."
– Marcel Müller
Auch hier mein Tipp: Lasst euch von der slawischen Sprache nicht abschrecken und lernt ein paar Brocken Russisch, bevor ihr aufbrecht. Nach ein paar nett gewechselten Worten ist das dickste Eis meist schon gebrochen. Eine ganz andere Sache, die ihr aber im russischen Gastland auch beachten solltet: Nehmt euch immer eine Flasche Wasser mit oder besorgt euch für euer neues Zuhause gleich die großen Wasserkanister, die es dort überall zu kaufen gibt. Die Qualität des Leitungswassers ist nämlich in den meisten Teilen des Landes nicht sehr bekömmlich und sogar zum Teekochen nicht geeignet.
Büffeln auf Russisch: Mein Unterricht am Gymnasium in Kaliningrad
Nach dreimonatigen Sommerferien fängt am 1. September in allen Schulen Russlands das neue Schuljahr an (genauso wie an den Unis das Studienjahr). Traditionsgemäß versammeln sich dann an diesem Tag alle Schulklassen zur sogenannten „Linejika“: Alle Schülerinnen und Schüler stellen sich dann feierlich in Reih und Glied entlang des Schulhofs auf und hören die Begrüßungsrede der Schulleitung. Ein Ritual aus der Sowjetzeit.
"Schon daheim in Deutschland habe ich mich für 'Deutsch als Fremdsprache' sehr interessiert und in Integrationskursen für Asylbewerber mitgearbeitet."
Marcel Müller
Also bin ich auch mit dem Ziel nach Kaliningrad aufgebrochen, mein Wissen in diesem Bereich zu erweitern, und das hat geklappt: Von den hervorragenden Methodikerinnen Anna Nikolaewna Germantschuk und Maria Mendzeewa konnte ich im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ noch viel Neues hinzulernen.
Während meines Praktikums am Gymnasium in Kaliningrad habe ich die Lehrkräfte unterstützt und durfte auch schnell selbst Verantwortung übernehmen. Dazu gehörte die Vor- und Nachbereitung der Deutschstunden, aber natürlich auch der Unterricht selbst. Die Schulwoche in Russland dauert in der Regel sechs Tage. Der einzige freie Tag ist der Sonntag.
Neben der Unterrichtszeit hatte ich die Chance an einer Fortbildung in Sankt Petersburg teilzunehmen. Allgemein kann ich allen SCHULWÄRTS!-Interessierten da draußen nur empfehlen, solche Gelegenheiten wahrzunehmen und während des Praktikums „rauszukommen“ und das Land zu bereisen. Neben der Arbeit konnte ich dann beispielsweise auch Sankt Petersburg besichtigen und in Russlands zweitgrößter Stadt das Osterfest feiern.
"Kaliningrad hatte mir viel zu bieten: Von guten Restaurants über Museen bis hin zu Kulturzentren, mehreren Universitäten und Theatern."
Marcel Müller
Backsteingotik in Perfektion: Das Königstor in Kaliningrad zählt zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
An Sonntagen war ich zum Beispiel mit meiner Vorgesetzten und ihrem Freund nach einer sechstägigen Schulwoche unterwegs und habe die Stadt erkundet.
An Russland, dem flächenmäßig größten Staat, der von der ehemaligen Sowjetunion übrig geblieben ist, reizten mich auf der einen Seite vor allem seine Menschen und all die kulturellen Aspekte. Aber auf der anderen Seite wollte ich auch die fachlich spannende Herausforderung annehmen, in Kaliningrad Deutsch zu unterrichten – im Ausland als Lehrer zu arbeiten und die dortigen Lehrmethoden mit dem deutschen System zu vergleichen, das war für mich wirklich sehr bereichernd.
Länderinfo: Russland
- Russland ist das flächenmäßig größte Land der Erde und ein Vielvölkerstaat. Durch das Uralgebirge wird das europäische vom asiatischen Russland getrennt.
- Kaliningrad ist die größte westliche Stadt Russlands und liegt in der russischen Exklave zwischen Polen und Litauen an der Ostsee.
- Russland ist dem Bologna-Prozess beigetreten und stellte damit seine Studiengänge ebenfalls auf das Bachelor-Master-System um.
- Die Lebenshaltungskosten sind hier regional sehr unterschiedlich: Auf dem Land kommt man teilweise schon mit 200 Euro im Monat aus – Studiengebühren nicht mit gerechnet. Wer in größeren Städten wohnt, kann mit etwa 800 bis 1000 Euro pro Monat rechnen.
- In Russland gibt es eine gut aufgestellte Hochschullandschaft. Zu den bekanntesten Unis zählen die Moskauer Lomonossow-Universität, das Staatliche Moskauer Institut für Internationale Beziehungen und die Higher School of Economics (HSE).
- Die Hochschulen sorgen in den meisten Fällen für eine Unterbringung im Wohnheim. Die HSE verlangt dafür beispielsweise, abhängig vom Rubelkurs, 80 bis 110 Euro im Monat.
- Für viele Museen, Kunstausstellungen und Theater in Kaliningrad gibt es unschlagbare Studentenrabatte. Hier zahlt man oft umgerechnet nur 1,50 Euro für den Eintritt.
Nützliche Links:
Hier geht´s zum SCHULWÄRTS!-Projekt:
Kein Lehramtsstudent? Dann ist „Go east“ des DAAD vielleicht was für dich:
Die Homepage von Marcels Schule in Kaliningrad:
Alle Tipps und Tricks rund um´s Visum. Die Russische Botschaft hilft weiter:
Mehr Infos zum Russischen Bildungssystem:
Hier geht´s zum Goethe-Institut in Russland:
DAAD-Länderinfos über Russland: