Stadtportrait Würzburg Geschichten aus der Geschichte
Würzburg, "Wurziburg im Land der Alamannen" wie ein Geograf aus Ravenna schrieb, diente den Franken in der unsicheren Zeit der Völkerwanderung als ihr Bollwerk gegen die Nachbarvölker.
Niemand weiß genau, wann und wie das Adelsgeschlecht der Hedénen diesen Vorposten des Merowingerreiches übernahm. Herzog Hedén aber sorgte für die erste lateinische Erwähnung - in einer Urkunde:
"Geschenkt öffentlich im Castello Virteburch am 1. Mai im zehnten Jahr unseres Herrn des berühmten Königs Childebert. Ich Hedén habe diese Schenkungsurkunde, die mir vorgelesen wurde, mit eigener Hand bekräftigt und unterschrieben mit Theodradra."
Herzog Hedén
Lehre und Lernen
Das zehnte Jahrhundert ist das Zeitalter der erstarkenden Domschule in Würzburg. Den Ruhm begründet Stephan von Novarra, ein außerordentlicher Grammatiklehrer aus der Lombardei. Er wurde von Bischof Poppo nach Würzburg geholt - mit einem Hintergedanken: Sein jüngerer Bruder Heinrich sollte das Können des berühmten Italieners genießen dürfen, er sollte es also besser haben als Poppo selber. Heinrich seinerseits überredete seinen Schulfreund Wolfgang aus der anerkannten Schule auf der Reichenau, ins als mittelmäßig verrufene Würzburg zu wechseln. Heinrich wurde schon vier Jahre nach der ersten Unterrichtsstunde bei Stephan Erzbischof von Trier. Wolfgang dagegen erhielt Lehrverbot, weil er lieber mit seinen Schülern philosophierte, als streng Latein zu büffeln. Trotzdem machte Wolfgang seinen Weg. Er wurde Heinrichs Kanzleileiter, Bischof von Regensburg und Erzieher des Kaisers Heinrich des Zweiten. Viel wichtiger ist aber, dass sich bei seinem Tod Wunder ereigneten: Wolfgang wurde heilig gesprochen.
Dombau zu Würzburg
"Es ist den Würzburgern zur Natur geworden, abzureißen und zu bauen. Eckiges durch Rundes zu ersetzen". So spottet ein unbekannter Absender um 1075 in einen Brief, der sich in der Eichstätter Chronik erhalten hat. Denn um 1040 nimmt Bischof Bruno den nunmehr dritten Neubau des Domes in Angriff. Größer noch und schöner als die beiden Vorgängerbauten, sollte er mit Worms und Speyer konkurrieren können. 5.000 Menschen werden einmal in der Würzburger Bischofskirche Platz finden, weit mehr als Würzburg damals Einwohner hatte. Dabei ist Bruno Realist genug, um zu wissen, dass ein so gewaltiges Bauwerk zu seinen Lebzeiten niemals fertig werden kann. Doch er weiß auch, seine Nachfolger auf seine Pläne fest zu legen: An zwei Eckpunkten lässt Bruno den Bau gleichzeitig beginnen und gibt damit die spätere Größe unverrückbar vor: am Westwerk zur Domstraße hin und am entgegengesetzten Ende, dem Ostchor. Ironie des Schicksals: Die Krypta unter dem Chor ist gerade fertig, als Bruno von einer Staatsreise im Sarg nach Würzburg heimkehrt. Seine Begräbnisfeier wird zur Einweihung der Unterkirche. Er starb, weil sein Badezuber durch einen morschen Boden brach.
Die Kleinen sind immer die Dummen
Nach einem Krieg ist manchmal nicht klar auszumachen, wer Gewinner und wer Verlierer ist. Das gilt auch beim Dreißigjährigen Krieg: Heute ist der kostbarste Schatz der Kirche von Västra Eneby im schwedischen Linköping ein altes Messgewand, ein ziemlich zerfleddertes sogar: Von der Rückseite existiert nur noch ein Balken aus rotem Samt, reich bestickt mit einem goldenen Christus am Kreuz. Den Rest des gelblichen Gewandes hat man im Laufe der Zeit zerschnitten und gekocht - als Mittel gegen Gelbsucht! Denn die Schweden glaubten an Wunder des Gewandes, das einst der Würzburger Fürstbischof Julius Echter getragen hatte. Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag es wahrscheinlich in einer der neun Kisten, die der schwedische Kanzler Axel Oxenstierna aus Würzburg abtransportieren ließ. Ein Gewinner also.
Aber es gab noch ganz andere: Der katholischen Seite kam der Friede 1648 ziemlich teuer. Denn die Sieger der evangelischen Seite ließen sich ihren Rückzug nach Skandinavien natürlich bezahlen. Für Würzburg hieß das: 157.000 fränkische Gulden, plus Unterhalt für zehn Kompanien zu Pferd und 15 zu Fuß. Und wie das wohl immer so ist: Man legte die Summe auf alle Bürger um - als "Schwedensteuer". Dabei konnte der Würzburger Fürstbischof nicht widerstehen, sich kräftig zu verrechnen - zu seinen Gunsten natürlich. In Bamberg tat der Bischof Ähnliches, doch dort brachten Bürgervertreter die Täuschungsmanöver ans Licht. In Würzburg gab es keine derartigen Einsichtsmöglichkeiten in die Bücher. So wird auf ewig ein Geheimnis bleiben, wie viel die bischöflichen Finanzbeamten zusätzlich kassierten - und wofür die Gelder ausgegeben wurden.