Franken - Zeitgeschichte


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Wandel Von der Stempelbude zum modernen Dienstleister

Bis heute bedeutet "Stempeln gehen", sich arbeitslos zu melden. Ein sprichwörtlichliches Zeugnis darüber, wie die Bundesanstalt auf die Bevölkerung wirkte und noch wirkt. Dabei hat sich die BA zum digitalen Vorreiter gemausert.

Von: Wolfram Weltzer und Rainer Aul

Stand: 04.03.2022 | Archiv

Archivbild: Stempeln im Arbeitsamt in den 1950er-Jahren | Bild: BR Franken

Die Namensänderung von "Bundesanstalt" zu "Bundesagentur" im Zuge der Hartz-Reformen sollte es ausdrücken: Die Nürnberger Behörde soll nicht nur den Mangel an Arbeit verwalten, sondern aktiv etwas für Arbeitslose und die Wirtschaft tun. War das Bild lange Zeit vom "Stempeln gehen" geprägt, wie viele damals zu ihrem Status als Arbeitsloser sagten, hatte sich eigentlich schon 1969 etwas geändert: Damals war das erste Arbeitsförderungsgesetz in Kraft getreten.

Vorreiter der Digitalisierung

In einem Rechenzentrum der Bundesanstalt für Arbeit in den 1960er-Jahren

Das Ziel: Möglichst viele Menschen in Arbeit zu bringen – auch, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Früher als die meisten Bundesbehörden versuchte die BA auch, durch Digitalisierung effizienter zu werden: "Wir wollen, dass die Kunden nicht mehr von einer Dienststelle zur anderen laufen müssen. Wir wollen, dass die Daten laufen", fasste Präsident Jagoda schon im Jahr 2000 das Ziel zusammen. Gelungen ist das erst im Zuge der Hartz-Reformen. Als dann 2015 das ebenfalls in Nürnberg ansässige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit der Erfassung der Geflüchteten aus Syrien überfordert war, erhielt die BA den Auftrag, die Digitalisierung der Migrationsbehörde zu organisieren.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmen Kurs der Behörde

Umstritten ist die Bedeutung der Selbstverwaltung. Die BA untersteht zwar dem Bundesarbeitsministerium, ihr höchstes Organ ist aber ein Verwaltungsrat, der je zu einem Drittel aus Vertretern von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und öffentlicher Hand besteht. Das 21-köpfige Gremium beschließt nicht nur über die Besetzung des BA-Vorstands, sondern auch über den Haushalt der Behörde, also über die Verwendung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

Kritik: Verwaltungsrat entscheidet nichtöffentlich über Geld der Beitragszahler

Als modellhaft im Sinne des sozialen Friedens gilt dabei die Notwendigkeit, einen Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern herbeizuführen. Allerdings haben Beobachter immer wieder kritisiert, dass beide Seiten diese Konstruktion auch nutzen, um lukrative Posten zu bekommen und ihren Einfluss auf arbeitsmarktpolitische Entscheidungen zu zementieren.  Dies könne auch auf Kosten der Beitragszahler gehen, zumal die Beratungen des Verwaltungsrats unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.


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