"Des Teufels Bad" Der Horrorfilm der Stunde zeigt, was christlicher Fundamentalismus im Alltag heißt
Mit Donald Trump werden auch die christlichen Fundamentalisten in den USA noch mächtiger. Welche Folgen das haben kann, zeigt ein Horrorfilm aus Österreich mit einem Blick in die Vergangenheit: die österreichische Oscar-Hoffnung "Des Teufels Bad".
"Nun sag, wie hast du’s mit dem Kreuz im Klassenzimmer?" Früher musste ich immer lachen über die Söder-Frage in der bayerischen Politik. Wir leben in einer säkularen Welt, dachte ich. Welche Rolle spielt da noch der Glaube? In den letzten Monaten ist mir das Lachen vergangen. Denn christlicher Fundamentalismus feiert gerade ein weltpolitisches Comeback. Das prägendste Beispiel: der zukünftige US-Präsident Donald Trump. Die Bibel will er jetzt zurückbringen, "Religion and Christianity are the biggest things missing from this country. And I truly believe, we need to bring them back", sagt er. Der Trump-Wahlkampf wurde massiv von christlichen Nationalisten unterstützt. Die Slogans: "Make America Pray again", "God, Guns, Trump". Und aus Deutschland gratuliert die AfD zum Wahlsieg. "Glück und Gottes Segen", wünscht Alice Weidel auf Facebook. Welche fatalen Folgen die fehlende Trennung von Kirche und Gesellschaft hat, zeigt ein neuer Horrorfilm, Österreichs Oscar-Hoffnung: "Des Teufels Bad".
Zündfunk Popcorn: Filme und Serien auf den zweiten Blick
In der Kolumne "Zündfunk Popcorn" berichten die Zündfunk-Reporter*innen Paula Lochte und Ferdinand Meyen alle zwei Wochen über aktuelle Kino- und Streamingtipps. Im Fokus: die Indie- und Geheimtipps unter den Blockbustern. Süß. Salzig. Politisch.
"Des Teufels Bad" ist der Horrorfilm der Stunde
"Des Teufels Bad" von Veronika Franz und Severin Fiala erzählt die Geschichte von Agnes, einer jungen Frau aus einfachen Verhältnissen, grandios gespielt von Anja Plaschg. Die kennt man auch als Musikerin Soap&Skin, den Soundtrack zum Film hat sie gleich mitgeliefert. Die religiös-fundamentalistischen Schrecken Oberösterreichs im 18. Jahrhundert treiben Agnes in den Wahnsinn. Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. Sie hatte gerade ihren Wolf geheiratet, mit der ganzen Familie ein fröhliches Fest gefeiert, ein selbstgebasteltes Stoffbaby auf dem Arm gehalten, in freudiger Erwartung ihrer neuen Aufgaben als Hausfrau und Mutter. Doch dann das: Wolf, ebenfalls grandios gespielt von David Scheid, den viele als "Influencer Dave" kennen, hat ein neues Grundstück mitten im Wald gekauft. Drauf steht ein… nennen wir es mal "Haus". Eigentlich ist es eher ein Gefängnis aus altem, grau-schwarzen Stein. Es hat nur ein einziges, kleines Fenster, ganz oben am Dachgiebel. Ansonsten dringt kaum Licht durch die dunklen Mauern. Und auch in Sachen Inneneinrichtung hatte Wolf schon Ideen: In der Mitte des Wohnzimmers steht ein grauer Herd aus Stein. Hurra, hier kann Agnes kochen. Und wenn sie nicht kocht, soll sie am besten beten. Möglichst bald möge der Herrgott ihr ein Kindlein schenken. Blöd nur, dass Wolf kein sexuelles Interesse an Agnes hat.
"Des Teufels Bad" zeigt die Schrecken des Alltags
In "Des Teufels Bad" baut sich das Grauen langsam und subtil auf. Irgendwo lauert ein Monster, sagt uns der Film, aber wir sehen es nicht. Denn dieses Monster ist kein Geist, kein Gespenst, auch nicht die Schwiegermutter, gruselig gespielt von Maria Hofstätter. Es sind die Ketten, die sich diese Gesellschaft und Agnes selbst auferlegen. Die Ideologien, die die Figuren einsperren – und sie zu Grauenhaftem zwingen. Agnes sieht bald keinen Sinn mehr im Leben. Schließlich beruht ihre gesamte Existenz darauf, bald Kinder zu bekommen. Was sie aber mit Beten allein nicht bewerkstelligen kann. Doch selbst der Suizid ist ihr versagt. Denn Agnes weiß aus der Kirche, dass derjenige für immer verloren ist, der das eigene Leben, das höchste Geschenk Gottes, leichtfertig wegwirft.
Kindsmord als einziger Ausweg?
Einen Ausweg aus dieser Misere gibt es aber doch, das erfährt Agnes im Gottesdienst. Da war einmal eine andere Frau, die "Kindsmöderin". Hoffnungslos verloren war auch sie. Aber dann tötete sie ein Baby – und gestand ihr Verbrechen. Vor dem Pfarrer leistete sie Abbitte, und wurde vor ihrer Hinrichtung so von ihren Sünden erlöst. Genau diese Kindsmörderin beginnt Agnes mehr und mehr zu idealisieren.
Das Grausame an "Des Teufels Bad": Der Film basiert auf einer wahren Geschichte. Hunderte Menschen sollen im 18. Jahrhundert den "mittelbaren Selbstmord" begangen haben. Jemand anderen umgebracht haben, um die eigene Hinrichtung zu erzwingen und so der ewigen Verdamnis einer Selbsttötung zu entgehen. Über 400 dokumentierte Fälle gibt es wohl, die Opfer sollen meistens Kinder, die Täterinnen Frauen gewesen sein.
Christlicher Fundamentalismus: Aktueller denn je?
"Des Teufels Bad" zeigt in radikalen Bildern die fatalen Folgen des christlichen Fundamentalismus. Warnt vor allem davor, dass Glaube Extremisten hervorbringen kann. Besonders dann, wenn er zum gesellschaftlichen und politischen Strukturprinzip wird. Mit freundlichen Grüßen an das Trump-Team. Die konservative Wende in Sachen Abtreibungsrecht in den USA zum Beispiel – auch sie basiert auf Initiativen der christlich-nationalen Bewegung. Von Nächstenliebe ist da wenig zu spüren.
Auch das Familienbild, das die konservativ-religiöse Wende mitbringen soll, unterscheidet sich kaum noch von der Beziehung, die Agnes und Wolf im Österreich des 18. Jahrhunderts führen. Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson zum Beispiel träumt auf einem Trump-Wahlkampf-Event im Oktober vom Kinder- und Frauenschlagen. "There has to be a point at which Dad comes home", sagt Carlson in Bezug auf undisziplinierte Töchter und wird von den Massen bejubelt. "Do you know what he sais? … You earned this. You’re getting a vigorous spanking because you’ve been a bad girl."
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Des Teufels Bad - Trailer
"Des Teufels Bad" warnt auch vor konservativen Familienbildern
Das konservative Familienbild, die "gute, alte Zeit", die sich gerade viele herbeisehen, die treibt Agnes und auch Wolf in "Des Teufels Bad" in den Wahnsinn. Besonders in den Szenen mit Babys und Kindern entstehen grausame Bilder, die sich einbrennen und einen nicht mehr loslassen. Und "Des Teufels Bad" geht sogar noch einen Schritt weiter als "The Handmaid's Tale". Die Botschaft: Paart man den Tucker-Carlson-Konservatismus mit religiösem Fundamentalismus, bringt man eine Gesellschaft hervor, die sogar dazu bereit ist, ihre Kinder und damit ihre Zukunft zu opfern. Auf der verzweifelten Suche nach Erlösung.