HNO-Medizin Hörsturz - Welche Therapie hilft?
Er kommt ganz plötzlich und kann jeden treffen: ein Hörsturz. Jedes Jahr sind in Deutschland Schätzungen zufolge über 150.000 Menschen davon betroffen. Doch bei der Frage, warum viele plötzlich auf einem Ohr schlecht hören, tappt die Wissenschaft im Dunkeln. HNO-Arzt Dr. Thomas Meier-Lenschow erklärt, wie ein Hörsturz am besten therapiert werden kann und was es Neues in der Forschung gibt.
Der Hörsturz wird als plötzlich aufgetretene Hörminderung, meist auf einem Ohr, ohne erkennbare äußere Ursachen - wie beispielsweise einer Mittelohrentzündung oder durch Ohrschmalz verstopfte Gehörgänge - definiert. Der Schaden liegt im Innenohr, also in der "Elektronik des Hörens".
Der Umfang der Hörstörung reicht von gering und kaum bemerkbar, bis zur Taubheit auf dem betroffenen Ohr.
Begleitend können Ohrensausen und Schwindel auftreten. Auch ein Druckgefühl tief im Ohr (so als stecke ein Ohrstöpsel oder Watte im Gehörgang) oder Gefühlsstörungen um das betroffene Ohr herum, werden berichtet.
(Eine Folge des Hörsturzes kann auch ein Tinnitus sein. Infos dazu lesen Sie hier.)
Hörsturz - ein medizinischer Eilfall, aber kein Notfall!
Im Gegensatz zur weitverbreiteten Meinung, dass ein Hörsturz sofort und innerhalb weniger Stunden als Notfall behandelt werden muss, gilt der Hörsturz in Expertenkreisen als sogenannter Eilfall.
Das heißt: Ein Behandlungstermin innerhalb von 48 Stunden bringt die gleichen Ergebnisse wie ein Therapiebeginn innerhalb von wenigen Stunden.
Ausnahme: Taubheit und heftiger Schwindel
Innerhalb von 24 bis 48 Stunden ist eine Vorstellung beim HNO-Facharzt sinnvoll. Nicht selten stellt sich dann der vermutete Hörsturz als Ohrschmalzpfropf, der den Gehörgang verstopft, heraus.
Heilungsrate bei Hörsturz
Der Hörsturz hat eine Spontanheilungsrate von etwa 50 Prozent. Vor allem bei geringem Ausprägungsgrad der Hörminderung kann 1-2 Tage ohne spezielle Therapie abgewartet werden. Der Betroffene sollte dabei aber unbedingt auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr (am besten Mineralwasser) und eine gesunde Lebensführung achten.
Ursache eines Hörsturzes
Die Ursache eines Hörsturzes ist letztendlich nicht geklärt. Vermutet wird eine Einschränkung der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung im Innenohr, zum Beispiel durch Virusinfektionen, Kreislaufschwankungen oder hormonelle Störungen. Hier kommen auch Stress oder Überlastung als Mitauslöser ins Spiel.
(Lesen Sie hier die Tipps von Dr. Klaus Tiedemann, wie Sie Stress abbauen und besser entspannen können.)
Behandlung eines Hörsturzes
Die medizinische Behandlung des Hörsturzes hat in den letzten Jahren einige Änderungen erfahren. Grund dafür sind Studienergebnisse bei verschiedenen Therapieverfahren und eine kritische Überprüfung bisheriger Behandlungen. Im Jahr 2023 wurde in Deutschland eine Multizenterstudie zur Hörsturz-Therapie abgeschlossen.
Empfohlene Therapieverfahren bei Hörsturz:
- Orales Kortison-Schema mit einer mittelhohen Anfangsdosis und langsamem Ausschleichen
- Applikation deutlich geringerer Kortison-Mengen ins Mittelohr - und damit direkt vor die Fenster des Innenohres (Intratympanale Therapie), wenn die orale Behandlung nicht anschlägt.
- Bei plötzlicher Taubheit operative Therapie mit Inspektion der Fenster der Hörschnecke zum Mittelohr hin, um Einrisse derselben gegebenenfalls abzudichten
Zusätzlich mögliche hilfreiche Therapieverfahren
- Gingko-Präparate in ausreichend hoher Dosierung
- osteopathische und chirotherapeutische Behandlung
- Ruhe und Entspannung
Therapieverfahren, die in der Breite bei Hörsturz nicht überzeugt haben und Einzelfällen vorbehalten sind:
- chemisch definierte Durchblutungsmittel
- hyperbare Sauerstofftherapie
- Infusionen mit Hydroxyaethylstärke
- Infusionen mit Vitaminen
- Infusionen mit hohen Dosen von Kortison
Kosten einer Hörsturztherapie
Die Therapie des Hörsturzes ist bis auf die orale Kortisontherapie eine Selbstzahler-Leistung der Betroffenen. Da es keine wasserdicht gesicherte Therapie gibt, haben sich die Krankenkassen aus der Bezahlung der Hörsturz-Behandlung teilweise zurückgezogen. Somit muss der Patient oder die Patientin viele der angewandten Medikamente selbst bezahlen.
Vorbeugung
Patienten mit einer chronischen Erkrankung (beispielsweise Diabetes, Bluthochdruck oder Hypercholesterinämie) benötigen eine zielorientierte, ärztliche Behandlung.
Raucher sollten auf den blauen Dunst verzichten, um die Innenohrdurchblutung nicht zu gefährden.
Zudem ist es wichtig, ausreichend zu trinken sowie Stressbelastungen zu vermeiden.
Viel Erfolg mit den Tipps wünschen Dr. Thomas Meier-Lenschow und "Wir in Bayern"!