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Allgemeinmedizin Mangelernährung im Alter

Mangelernährung ist vor allem bei älteren Menschen weit verbreitet und sollte auf keinen Fall auf die leichte Schulter genommen werden. Eine nicht ausreichende Versorgung mit Energie und Nährstoffen kann nämlich schwerwiegende gesundheitliche Schäden verursachen und schlimmstenfalls sogar zum Tod führen. Allgemeinarzt Dr. Klaus Tiedemann erklärt, woran sich Mangelernährung erkennen lässt, welche Ursachen dahinterstecken können und welche Folgeerkrankungen sie nach sich ziehen kann.

Stand: 06.10.2023 09:39 Uhr

Symbolbild Mangelernährung | Bild: picture-alliance/dpa/Moritz Vennemann

Bei einer Mangelernährung (Malnutrition) wird der Körper nicht mit ausreichend Energie und/oder allen notwendigen Nährstoffen (beispielsweise Proteinen, Mineralstoffen oder Vitaminen) versorgt. Das kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben. Mangelernährung kann in jedem Alter auftreten, häufig sind die Patienten jedoch älter. Was viele nicht wissen: Nicht alle Patienten, die unter Mangelernährung leiden, sind untergewichtig. Auch bei Normalgewichtigen oder Übergewichtigen kann ein Mangel an bestimmten Nährstoffen vorliegen.

Formen der Mangelernährung

Es werden zwei Formen von Mangelernährung unterschieden:

  • Quantitative Mangelernährung: Der Körper bekommt über die Nahrung weniger Energie, als er benötigt. Das führt immer zu Gewichtsverlust.
  • Qualitative Mangelernährung (Fehlernährung): Der Bedarf an bestimmten Nährstoffen (Eiweiß, Vitaminen, Mengen- oder Spurenelementen) wird durch die Nahrung nicht gedeckt. Das muss nicht zwangsläufig zu Gewichtsverlust führen. Auch Übergewichtige, die sich sehr einseitig ernähren, können unter einer quantitativen Mangelernährung leiden.

Meist liegt eine Kombination aus qualitativer und quantitativer Mangelernährung vor.

Achtung: Weniger als 1500 kcal pro Tag

Bei einer durchschnittlichen Zufuhr von weniger als 1500 kcal pro Tag ist eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen nicht mehr gewährleistet.

Mögliche Folgen und Symptome einer Mangelernährung

  • Untergewicht
  • Müdigkeit
  • Schwächegefühl
  • Antriebslosigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Konzentrationsstörungen
  • Sehstörungen
  • trockene Haut
  • Verlust von Muskelmasse und -kraft, was das Risiko für Stürze und Knochenbrüche erhöht
  • Wundheilungsstörungen
  • Infektanfälligkeit
  • Infekte verlaufen schwerer
  • Herzrhythmusstörungen
  • Blutarmut (Anämie)
  • blasse Haut
  • schwächere Atmung durch Abnahme der Atemmuskulatur
  • Neurologische Störungen
  • Demenz

Warnsignale für Mangelernährung - darauf sollten Angehörige achten


  • Gewichtsverlust innerhalb kurzer Zeit (mindestens fünf Kilo innerhalb von 12 Monaten). Die Kleidung sitzt zunehmend lockerer, der Gürtel muss nach und nach enger geschnallt werden. Der Schmuck sitzt locker oder geht verloren.
  • Der Oberarmumfang nimmt ab. Der Muskelabbau ist hier schnell erkennbar.
  • Eingefallene Gesichtszüge und knochige Hände
  • Allgemeine Schwäche, Blässe und Antriebslosigkeit
  • Der Blutdruck ist über mehrere Tage und Wochen konstant zu niedrig.
  • Der Urin ist über mehrere Tage oder Wochen dunkel gefärbt.

Ursachen für Mangelernährung

Die Ursachen für Mangelernährung sind sehr vielfältig und treten häufig auch in Kombination auf. Dazu zählen:

  • Appetitlosigkeit (beispielsweise in Folge einer chronischen Krankheit, Depression, Einsamkeit oder als Nebenwirkung von Medikamenten wie bestimmte Antibiotika, Antidepressiva oder Beruhigungsmittel)
  • Schluckstörungen
  • schlechtsitzende Zahnprothesen oder andere Zahnprobleme
  • Demenz (die Patienten vergessen zu essen)
  • Magen- oder Darmerkrankungen, die die Aufnahme der zugeführten Nährstoffe verhindern, beispielsweise Zöliakie
  • Insulinresistenz etwa in Folge von Infektionen, Leberzirrhose oder einer Kortison-Therapie
  • verminderter oder veränderter Geschmacks- oder Geruchssinn, beispielsweise durch Medikamente wie Antibiotika, Psychopharmaka oder Blutdruckmittel
  • Mundtrockenheit, beispielsweise als Folge von Medikamenten wie Beruhigungsmittel, Parkinson-Medikamente oder Antidepressiva
  • einseitige vegane oder vegetarische Ernährung
  • Defizite bei motorischen Fähigkeiten, beispielsweise Schwierigkeiten beim Schneiden oder Öffnen von Verpackungen

Der ideale BMI (Body-Mass-Index) ändert sich im Alter

Bei älteren Menschen ist, anders als bei jungen Menschen, ein leichtes Übergewicht gesund. Untergewicht hingegen erhöht das Sterberisiko. Bei Personen bis 39 Jahre liegt das gesunde Normalgewicht bei einem BMI bis 25. Danach kommt für jedes Lebensjahrzehnt eine Einheit dazu, also von 40 bis 49 Jahren liegt der BMI für Normalgewicht dann bei 26, von 50 bis 59 Jahren bei 27.

Behandlung einer Mangelernährung

  • Die zugrundeliegende Ursache muss, wenn möglich, beseitigt oder behandelt werden, beispielsweise Schluckstörungen, Zahnprobleme oder Medikamente.
  • Ein weiterer wichtiger Schritt ist eine Ernährungsumstellung auf eine ausgewogene, abwechslungs- und nährstoffreiche Ernährung.
  • Hilft das nicht, kann der Nährstoffbedarf, in Absprache mit dem behandelnden Arzt, über sogenannte bilanzierte Trinknahrung aus der Apotheke ausgeglichen werden.
  • Schlimmstenfalls muss die Nährstoffversorgung über künstliche Ernährung (Sondennahrung) erfolgen.

Mangelernährung möglichst früh behandeln

Je früher eine Mangelernährung erkannt wird, desto besser kann sie behandelt werden und desto weniger dauerhafte Schäden verursacht sie im Körper. Unbehandelt kann Mangelernährung das Sterberisiko erhöhen.

Mangelernährung vorbeugen

  • Achten Sie auf eine ausgewogene, abwechslungs- und nährstoffreiche Ernährung.
  • Essen Sie jeden Tag eine warme Mahlzeit, Obst und Gemüse sowie eine Portion Milch (-produkte).
  • Liegen Ursachen wie beispielsweise eine schlechtsitzende Prothese, Depressionen oder Schluckstörungen vor, lassen Sie diese behandeln.
  • Achten Sie bei vegetarischer oder veganer Ernährung auf eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen und lassen Sie Ihre Blutwerte regelmäßig vom Arzt kontrollieren.
  • Trinken Sie ausreichend.

Bleiben Sie gesund! Wünschen Dr. Klaus Tiedemann und "Wir in Bayern"!


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