BR Fernsehen - Wir in Bayern


15

Zahnmedizin Selbstzahler-Leistungen beim Zahnarzt

In den meisten Zahnarztpraxen werden sogenannte Selbstzahler-Leistungen angeboten. Diesem Angebot stehen viele Patienten ratlos gegenüber: Sie möchten einerseits alles für gesunde Zähne tun, andererseits sind die Zusatzbehandlungen oft nicht günstig. Zahnarzt Dr. Dietmar Hellebrand erklärt, welche gängigen Selbstzahler-Leistungen wirklich sinnvoll sind.

Stand: 22.06.2022

Dr- Dietmar Hellebrand bei einer Behandlung | Bild: BR/Dr. Dietmar Hellebrand

Krankenkassen bezahlen grundsätzlich nicht alle Behandlungen beim Zahnarzt, sondern nur solche, die sie als sinnvoll und wirtschaftlich einstufen. Alle anderen, sei es beim Zahnersatz oder der Prophylaxe, müssen Patienten aus eigener Tasche bezahlen. Welche davon sinnvoll sind und welche Sie sich eher sparen können, erklärt Zahnarzt Dr. Dietmar Hellebrand.

Kariesfrüherkennung mit Diagnodent

Diagnodent ist ein Laserfluoreszenz-Verfahren, mit dem kleinste Stellen von Karies in einem frühen Stadium erkannt werden können.

Dr. Dietmar Hellebrands Empfehlung: "Die Laserfluoreszenzmessung ist bei zweifelhaften klinischen Befunden ein wissenschaftlich gut untermauertes Verfahren, um harmlosere Verfärbungen oder beginnende Schmelzkaries, die noch nicht-invasiv (also ohne zu bohren) therapiert werden kann, von behandlungsbedürftigen Kariesdefekten zu unterscheiden. So kann unnötiges Bohren mit entsprechender Schädigung noch intakter Zahnhartsubstanz vermieden werden. An Glattflächen und auf Kauflächen ist die Methode sehr aussagekräftig. Für Zahnzwischenräume eignet sie sich weniger und kann das Röntgenbild nicht ersetzen."

Fissurenversiegelung

Zähne, vor allem die Kauflächen von Backenzähnen sind uneben, so dass in der Regel nicht alle Stellen optimal mit der Zahnbürste zu erreichen sind. In diesen Grübchen und Fissuren können sich Kariesbakterien ansiedeln. Bei der Fissurenversiegelung werden diese Unebenheiten mit einem Kunststoff aufgefüllt, so dass eine glatte Oberfläche entsteht.
Für den ersten und zweiten (bleibenden) Backenzahn ist die Fissurenversiegelung eine Kassenleistung. Für die Versiegelung aller anderen Zähne müssen die Patienten die Kosten selbst tragen.
Kosten: pro Zahn etwa 20 Euro

Dr. Dietmar Hellebrands Empfehlung: "Fissurenversiegelungen sind in der Regel bei Kindern und Jugendlichen für die großen Backenzähne als Vorsorgemaßnahme grundsätzlich sinnvoll.
Da die kleinen Backenzähne oft flachere Grübchen ausbilden und damit besser zu reinigen sind, ist es hier im Einzelfall der kritischen Einschätzung des Zahnarztes überlassen, ob bei diesen sogenannten Prämolaren eine Fissurenversiegelung sinnvoll ist. Dies wird nicht zuletzt in Abhängigkeit von der individuellen Kariesrisikoeinschätzung und der Mundhygiene des jeweiligen Kindes erfolgen.
Bei Erwachsenen ist eine Fissurenversiegelung nicht mehr erforderlich, da man schon ein langfristiges Muster erkennen kann."

Speicheldiagnostik

Bei dieser Untersuchung werden der Speichelfluss, der pH-Wert (Säurewert) des Speichels sowie das Vorhandensein von Kariesbakterien untersucht.
Kosten: etwa 130 Euro

Dr. Dietmar Hellebrands Empfehlung: "Die Speicheldiagnostik mittels Labortest kann zwar im Einzelfall Aufschluss über Parameter wie pH-Wert und vor allem die Pufferkapazität, also die Möglichkeit des ´Abfederns eines Säureangriffs´ geben, es ist aber fraglich, was therapeutisch mit dieser Information angefangen werden kann.
Bei Patienten mit chronischen Mundschleimhaut- oder erkennbaren Speicheldrüsenerkrankungen kann die Speicheldiagnostik im Einzelfall ergänzend durchaus sinnvoll sein. Dieser muss aber eine gründliche klinische Voruntersuchung vorausgehen, die die Ursachen der Erkrankung einschränkt.
Eine grundsätzliche Empfehlung für die Speicheldiagnostik kann ich aber keinesfalls aussprechen."

Kollagenasen-Test zur Früherkennung von Parodontitis

Parodontitisbakterien setzen sich hauptsächlich in Zahnfleischtaschen fest und verursachen dort Entzündungen. Dabei entstehen bestimmte Enzyme, sogenannte Kollagenasen, die mithilfe eines Labortests nachgewiesen werden können.
Kosten: ab etwa 50 Euro

Dr. Dietmar Hellebrands Empfehlung: "Bei diesem Test stellt sich die Frage nach dem therapeutischen Nutzen der Information.
Zwar kann man durch das Testergebnis den voraussichtlichen Erfolg einer Parodontitis-Therapie abschätzen und gegebenenfalls die Erwartungshaltung richtig einordnen, aber das würde in der Konsequenz ja keinesfalls bedeuten dürfen, den Parodontitispatienten untherapiert zu lassen. Somit ist der Einsatz dieses Tests fraglich.
Sinnvoller sind im Einzelfall bei schweren Krankheitsverläufen labortechnische Keimspektrumsanalysen. Ein genereller Einsatz beider Methoden ist aber nicht sinnvoll."

Schnarchschienen

Sogenannte Unterkiefer-Protrusionsschienen sollen durch eine Vorverlagerung der Unterkieferposition das Gaumensegel straffen, so dass es weniger "flattern" kann. Damit soll Schnarchen verhindert werden.
Kosten: etwa 1.000 Euro

Dr. Dietmar Hellebrands Empfehlung: "Schnarcherschienen sind in vielen Fällen ein sehr hilfreiches Mittel, sowohl für die eigene Gesundheit, als auch für das Zusammenleben mit den Liebsten.
Ein großer Vorteil ist zudem, dass man ‚nicht- invasiv‘ behandelt. Es wird also nicht operiert oder gelasert. Die Maßnahme ist völlig schmerzfrei, bedarf zwar oft einer Gewöhnungsphase, bleibt jedoch bei Nicht-Erfolg ohne körperliche Folgen.

Tipp: Seit kurzem übernehmen auch die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten (zumindest teilweise). Voraussetzung hierfür ist aber eine ausdrückliche Anordnung eines Schlafmediziners und somit eine vorausgegangene Untersuchung im Schlaflabor."

3-D Röntgen

Das 3-dimensionale Röntgen (Digitale Volumentomographie) liefert Aufnahmen in allen Raumrichtungen und in verschiedenen Ebenen.
Kosten: ab etwa 160 Euro

Dr. Dietmar Hellebrands Empfehlung: "Das DVT eignet sich insbesondere für Planungen vor einer Implantation oder Weisheitszahnentfernung, um gefährdete Nachbarstrukturen wie Nerven oder die Lage zur Nasennebenhöhle genau ermitteln zu können und so etwaige Schädigungen zu vermeiden. Auch kann die vorgesehene Lage und Größe des Implantats und das Knochenangebot damit im Vorfeld präzise ermittelt werden und gegebenenfalls können unnötige, größere Zusatzbehandlungen vermieden werden.
Auch bei der Diagnose von verdeckten Entzündungen im Knochen kann es Aufschluss geben. Diese Methode ist ein echter Fortschritt und liefert für alle Beteiligten ein Plus an Sicherheit und Genauigkeit bei vielen Eingriffen. Zur Kariesdiagnostik ist es jedoch nicht geeignet."

Endometrische Längenmessungen bei Wurzelkanalbehandlungen

Längenmessung mit einem Gerät, das über ein Widerstandsimpedanzverfahren die Wurzelkanallänge bestimmen soll.
Kosten: ab etwa 80 Euro je Kanal

Dr. Dietmar Hellebrands Empfehlung: "Dieses gerätegestützte Messverfahren ermöglicht dem Zahnarzt die genaue Bestimmung der Wurzelkanallänge und erhöht dadurch wesentlich die Genauigkeit der Wurzelfüllung, damit sie weder zu kurz bleibt und totes Gewebe im Zahn verbleibt oder zu lang ist, was einen Fremdreiz für das umliegende Knochengewebe darstellt. In beiden Fällen kann es zu dauerhaften Entzündungsreaktionen und sogar zum Verlust des Zahnes kommen.
Je genauer also die Therapie durchgeführt werden kann, umso besser die Erfolgsaussicht der Behandlung. Deshalb ist die Längenmessung sehr empfehlenswert."

"Bleiben Sie gesund" wünschen Dr. Dietmar Hellebrand und "Wir in Bayern"!


15