DDR-Flüchtlinge Die tollkühne Ballonflucht
Bilder, die um die Welt gingen: Mit einem selbst genähten Heißluftballon gelang 1979 zwei Familien aus der DDR die Flucht über die Todesgrenze nach Bayern. Ihr Ballon aus Bettlaken und Regenmantelstoff landete sicher in einem Waldstück bei Naila. Über Nacht wurden die Familien Wetzel und Strelzyk zu Medienstars: Die Flucht wurde verfilmt und ein Buch darüber geschrieben.
Heinersdorf in Thüringen in der Nacht vom 15. auf 16. September 1979: Auf einer knapp zwei Quadratmeter großen Plattform drängen sich vier Erwachsene und vier Kinder um vier Gasflaschen. Mit einem Heißluftballon wollen sie über die Grenze fliegen. In wochenlanger Heimarbeit haben sie den Ballon heimlich genäht und gebastelt.
Erster Versuch mit Bruchlandung
Ein erster Versuch drei Monate zuvor endete mit einer Bruchlandung. Doch dieses Mal steht der Wind günstig. Nachts um 2.40 Uhr heben sie mit ihrem aus Bettlaken und Regenmantelstoff genähten Riesenballon ab. Nach 28 Minuten und einem Flug in über 2.500 Metern Höhe geht schließlich das Gas aus. Die zwei Familien landen 50 Kilometer südlich - im Westen.
Grenztruppen blamiert
Keiner hatte etwas gemerkt. Weder die Grenztruppen der DDR, die auf eine Ballonflucht nicht vorbereitet waren, noch die Luftsicherung der Bundeswehr auf dem Döbraberg bei Naila. Am nächsten Tag stürzten sich Medien aus aller Welt auf die Story der waghalsigen Flüchtlinge aus dem thüringischen Pößneck. Selbst Hollywood fand Gefallen daran und machte daraus den Kinofilm "Mit dem Wind nach Westen". Exklusivstorys und ein Buch folgten.
Wieder zurück in Thüringen
Nach der Wende zog die Familie um Peter Strelzyk wieder zurück nach Thüringen. "Die ganzen Beweggründe für unsere Flucht damals sind doch längst weg", freut er sich. Ballon- oder Fluchttraumata habe keiner von ihnen davon getragen und auch sonst könne er nur Gutes über die Ballonflucht sagen, erzählte Peter Strelzyk zum 25. Jahrestag. Seine Söhne sind längst erwachsen und berufstätig, Peter Strelzyk mehrfacher Opa.
Das Ehepaar Wetzel dagegen blieb nach der Flucht in Franken und zog ins oberfränkische Betzenstein. Der Fluchtballon wird übrigens bis heute im Heimatmuseum in Naila ausgestellt - als Touristenattraktion der spektakulären Republikflucht.