Irmelshausen/Mendhausen Von Flüchtlingen und Grenzgängern
Gerade in der Region um Irmelshausen (Lkr. Rhön-Grabfeld) wohnen Einige, denen die Flucht aus der DDR geglückt war. Günter Krämer etwa floh nur wenige Tage nach Beginn des Mauerbaus in den Westen. Vor 50 Jahren stand zwischen Irmelshausen und Mendhausen noch kein Grenzzaun.
Im August 1961 war an der innerdeutschen Grenze auf der DDR-Seite ein zehn Meter breiter, abgeholzter und gepflügter Erdstreifen, auf dem jede Fußspur zu sehen war, erinnert sich BR-Korrespondent Hanns Friedrich. Die Volkspolizisten kontrollierten den Abschnitt mit ihren Bluthunden. Später begann der erste Zaun der Grenzanlage direkt hinter dem Ortsausgang von Mendhausen.
Kurzbesuch im Westen
Im August 1961 war Günter Krämer aus Mendhausen elf Jahre alt. Nachdem er Propagandafotos, die die Nachbargemeinde Höchheim völlig verdreckt zeigten, gesehen hatte, fasste er den Entschluss, die Sache selbst zu überprüfen. "Ich bin dann frühs um acht mit einem Rechen zum Dorf raus und hab’ mich dann bis zur Grenze herangetastet und bin dann schnell über den Zehnmeterstreifen rüber und habe mit dem Rechen die Spur zugerecht", erzählt der heute 61-Jährige. Drei Tage blieb er in Höchheim. Nach drei Tagen kehrte Krämer wieder nach Mendhausen zurück. Sein Aufenthalt im Westen blieb für Krämer nicht folgenlos: "Ich musste dann den ganzen Tag noch hinunter in die Baracke zum Verhör."
Flucht mit Überraschungen
Werner Rußwurm ist an Pfingsten 1964 mit einem Freund in den Westen geflohen. "Wir sind Richtung Milz losgelaufen und da oben war ein Übergang und da sind wir drüber - einfach so! Wir haben die Stolperschnur gefunden, dann hat es geblitzt, dann sind wir über den Zaun weiter." Nach ihrer erfolgreichen Flucht kehrten Rußwurm und sein Begleiter in einem Gasthaus in Irmelshausen ein. Zufällig stießen sie dort auf etwa ehemalige 40 Bewohner ihres Heimatdorfes. Diese waren bereits in den zurückliegenden Monaten geflohen und hatten sich an den Feiertagen in der Gaststätte eingefunden, um mit ihren Verwandten und Freunden im Osten Kontakt aufzunehmen. Das unerwartete Wiedersehen wurde dann gebührend gefeiert.
An guter Nachbarschaft muss noch gearbeitet werden
Adolf Herda ist in Mendhausen aufgewachsen und lebt seit 1951 in Irmelshausen, das heute zu Höchheim gehört. Das Verhältnis zwischen den Gemeinden sei immer noch nicht völlig entspannt, meint Herda, "weil wenn in Höchheim oder in Irmelshausen eine Festlichkeit ist, gehen die Mendhäuser nicht mehr hinüber. Umgekehrt ist es genauso: Die Wärme, sich gegenseitig näher zu kommen – das fehlt", stellt er fest. Michael Hey, der Bürgermeister von Höchheim, sieht in Sachen guter Nachbarschaft mit Mendhausen Nachholbedarf. "Die Anfangseuphorie war ja da aber in der letzten Zeit ist alles eingeschlafen." Heys größter Wunsch ist es, dass spätestens mit der neuen Generation, die in die Deutsche Einheit hineingeboren wurde, die Grenze in den Köpfen verschwindet.