Grenzschützer unter sich Grenzerstammtisch im Frankenwald
Einmal im Monat treffen sich ehemalige Grenzer im Frankenwald zum gemeinsamen Stammtisch - stets in einem anderen Ort. Dabei tauschen sie sich nicht nur aus, sondern erzählen öffentlich von ihren Erlebnissen. So wollen sie die deutsche Teilung jüngeren Menschen nahebringen.
Es ist ein ganz besonderer Stammtisch mit Grenzpolizisten aus Bayern, ehemaligen Grenzsoldaten der DDR und anderen Zeitzeugen. Erst vor einem Jahr hat sich die Gruppe gefunden. Initiator der Treffen ist Ralf Oelschlegel, Vorsitzender des TSV Carlsgrün im Landkreis Hof. Vor über 20 Jahren wurde die deutsche Teilung aufgehoben. Doch die Tragik dieser schrecklichen Grenze, an der Menschen erschossen wurden und die Familien jahrzehntelange voneinander trennte, soll nicht in Vergessenheit geraten, sagt Oelschlegel.
Erinnern an die Zustände von damals
Bei ihren Zusammenkünften bleiben die Stammtisch-Brüder nicht unter sich, sondern gehen bewusst jeden Monat in ein anderes Wirthaus im Frankenwald - einmal auf thüringerischer, das andere Mal wieder auf fränkischer Seite. Die Gruppe freut sich über Zuhörer und deren Geschichten vom Alltag an der Grenze. Viele der ehemaligen Grenzpolizisten und Grenzsoldaten haben ihre Uniform behalten. Am Tag der Deutschen Einheit sind sie damit bei Wanderungen auf dem ehemaligen Todesstreifen unterwegs.
Gezielte Blockaden zu Beginn des Mauerbaus
Vielen der Stammtisch-Gänger sind die teils Jahrzehnte zurückliegenden Ereignisse noch präsent. Während die ganze Welt am 13. August 1961 erschrocken und hilflos nach Berlin starrte, wo mitten durch die Stadt die Mauer emporwuchs, wurde auch die Grenze im Frankenwald verstärkt. Der ehemalige DDR-Grenzpolizist Adolf Glaser erinnert sich: "In der Nacht zum 13. August sind alle Wege, die in Richtung Westen führten, mit Bäumen zugeworfen worden. Im Nachhinein haben wir dann alle Wege verbarrikadiert und mit Stacheldraht verschnürt."
Familien von Flüchtlingen drohten Schikanen
Als die DDR-Führung begann, die innerdeutsche Grenze in den 1960er-Jahren weiter auszubauen, war Manfred Rank, Bürgermeister des thüringischen Titschendorf, erst 13 Jahre alt. Sein Heimatort grenzte an drei Seiten an Westdeutschland. Da einige seiner Verwandten in Nordhalben (Lkr. Kronach) wohnten, kamen bei dem Jungen Fluchtgedanken auf. Doch davon wollten seine Eltern nichts wissen: "Man hat mir immer eingebläut, wenn das passiert, dann hat man zuhause die Hölle auf Erden", erzählt Rank heute und fährt fort: "Staatssicherheit und alles Drum und Dran hätten die Familie auseinandergepflückt."
Der Schießbefehl ist immer ein Thema
An der innerdeutschen Grenze taten nich Ortsansässige, sondern Wehrpflichtige aus anderen Teilen der DDR Dienst. Zu ihnen gehörte auch Günther Heinze, der aus dem Spreewald in Brandenburg stammt. "Wir sind jeden Abend, bevor es zum Grenzdienst ging, vergattert worden. Dass man mit Leib und Seele und Schusswaffengewalt eine Flucht verhindert, nannte sich Vergatterung", erklärt er. Günter Heinze ist froh, dass er nie den Schießbefehl umsetzen musste. "Dass man sich heute hinsetzt und sagt: das gab’s nicht - das ist ein Witz!", merkt er an.
Otto Oeder nahm die DDR-Flüchtlinge in Empfang
Der pensionierte Grenzpolizist Otto Oeder aus Lichtenberg, war für viele Flüchtlinge aus der DDR der erste Ansprechpartner im Westen; so etwa auch für die beiden Familien, die im Jahr 1979 im Heißluft-Ballon die Grenze mitsamt Selbstschussanlagen, Minenfeld und Wachhunden überwunden haben und schließlich in Naila landeten. Diese spektakuläre Flucht wurde sogar von Hollywood verfilmt. Otto Oeder hat an der Grenze viel Ungewöhnliches erlebt: "Wir haben auch andere spektakuläre Fluchten gehabt, wo Leute im Winter die Saale mit Schwimmflossen durchquert haben. Schnee war gelegen, links und rechts von den Brückenpfeilern waren die Hunde."