Historischer Atlas Unterfrankens Entwicklung in Wort und Bild
Wie sich Unterfranken in den vergangenen 200 Jahren entwickelt hat, dokumentiert ein historischer Atlas auf 130 Seiten. Das Werk ist für den interessierten Laien konzipiert.
200 Jahre Unterfranken in Bayern – wie kann dieses Jubiläum gebührend gewürdigt werden? Mit dieser Frage waren der Bezirk und die Regierung von Unterfranken im Frühjahr 2011 an das Institut für Geschichte der Universität Würzburg herangetreten. "Ich fand es naheliegend, einen historischen Atlas zu erstellen, der die verschiedenen Aspekte der Entwicklung Unterfrankens beleuchtet", so Dr. Markus Naser. Eine hervorragende Idee, fanden auch Prof. Helmut Flachenecker, Inhaber des Lehrstuhls für Fränkische Landesgeschichte, sowie Regierung und Bezirk – und gaben grünes Licht.
Straffer Zeitplan: zwei Jahre bis zum Stichtag
"Bis die Gelder bewilligt waren, sind noch einmal einige Monate vergangen. Am Ende blieben uns knapp zwei Jahre bis zum Stichtag." Für Naser und seine fünf studentischen Mitarbeiter der Startschuss zu einem Mammutprojekt: Dutzende Karten mussten recherchiert und am Computer erstellt werden. "Wir haben teils nächtelang Bücher gewälzt", sagt Laura Luff, eine der studentischen Mitarbeiterinnen. Warum nicht einfach im Internet nachgeschaut? "Wir arbeiten wissenschaftlich", erklärt ihre Kollegin Catarina Seeger. "Und gerade was die Geschichte Unterfrankens angeht, steht vieles nicht im Netz."
Geschichtskenntnisse auffrischen
Beide studieren Anglistik und Digital Humanities. Das heißt: Mit Computerkartographie kennen sie sich bestens aus, ihre Geschichtskenntnisse aber mussten sie größtenteils auffrischen und erweitern. Gerade das hat großen Spaß gemacht", sagt Luff. "Ich komme ja aus Treuchtlingen und habe wahnsinnig viel über Unterfranken gelernt."
"Eine große Herausforderung für Historiker ist die Umbruchzeit zwischen 1789 und 1815. Für diesen Zeitabschnitt ist erstaunlich wenig kartographisch aufgearbeitet."
Dr. Markus Naser, Institut für Geschichte der Universität Würzburg
Mitunter Detektiv-Arbeit
Die Texte zu den einzelnen Kapiteln stammen von verschiedenen Autoren. "Insgesamt waren rund 30 Mitarbeiter am Atlas beteiligt", erklärt Naser. Neben den Karten haben er und seine Mitarbeiter auch einzelne Texte beigesteuert. "Eine große Herausforderung für Historiker ist dabei die Umbruchzeit zwischen 1789 und 1815." Zwar seien sämtliche Verträge vorhanden, die zwischen diesen Jahren geschlossen wurden, aber die territorialen Verhältnisse hätten sich ständig verändert. "Für diesen Zeitabschnitt ist deshalb erstaunlich wenig kartographisch aufgearbeitet."
Team arbeitete bis zuletzt auf Hochtouren
Dank eines hochmotivierten Teams und einiger Nacht- und Wochenendschichten wurde der Atlas am Ende rechtzeitig fertig. "Das war ein wirklich spannendes und außergewöhnliches Projekt", bilanzieren Luff und Seeger. "Es ist selten, dass man als Wissenschaftliche Hilfskraft so etwas von Anfang bis zum Ende begleiten darf." Dass der Atlas zudem nicht in irgendwelchen Regalen verstaubt, sondern öffentlich im Buchhandel erworben werden kann, ist für sie und ihre Kollegen eine besondere Würdigung.
Unterfranken in Bayern 1814-2014 – Historischer Atlas zum 200-jährigen Jubiläum
Die einzelnen Kapitel im Überblick
Politik
Die Texte und Karten spannen einen Bogen von den revolutionären Umbrüchen ab 1789 bis zu den Wahlen in der bundesrepublikanischen Zeit. Einzelne Kapitel widmen sich unter anderem der Entstehung des Untermainkreises nach 1814 sowie der Gebietsreform 1972. Auch die Entwicklung "vom Landrath zum Bezirkstag" wird dokumentiert.
Wirtschaft
In diesem Kapitel darf ein wichtiger unterfränkischer Wirtschaftszweig natürlich nicht fehlen: der Weinbau. Darüber wird unter anderem aufgezeigt, wie Gewerbeförderungsmaßnahmen im 19. Jahrhundert aussahen. Der Erschließung Unterfrankens durch die Eisenbahn ist ein eigenes Kapitel gewidmet.
Soziales
Bevölkerungsentwicklung, Zu- und Abwanderung und Verkehrswege werden hier ebenso thematisiert wie die Entwicklung der Städte Würzburg, Aschaffenburg und Schweinfurt. Ein eigener Beitrag widmet sich der "Integration der Vertriebenen und Flüchtlinge in Unterfranken nach dem Zweiten Weltkrieg".
Religion
Wie sah die Konfessionsstruktur im 19. und 20. Jahrhundert aus? Welche Rolle spielten die Mennoniten? Wo lebten Juden in Unterfranken? Diese Fragen werden in diesem Kapitel beantwortet. Zudem wird die Entwicklung des Bistums Würzburg beleuchtet.
Bildung und Kultur
Traditionen zu dokumentieren und am Leben zu erhalten, dieser Aufgabe haben sich Heimat- und Geschichtsvereine ebenso verschrieben wie historische Arbeitsgemeinschaften. Der historische Atlas führt sie auf und erzählt von ihrer Arbeit. Dem Spessart als Kulturlandschaft widmet sich "das Archäologische Spessartprojekt". Und auch das Thema Trachten darf hier natürlich nicht fehlen.
Dialekt
Das Unterfränkische Dialektinstitut sowie dessen Arbeit werden im letzten Kapitel vorgestellt. Außerdem widmet es sich der Dialektsyntax und dem Dialektwandel.