Fall Gustl Mollath Mollath äußert sich zum ersten Mal
Im Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath in Regensburg haben zwei Zeugen die Misshandlungsvorwürfe seiner Ex-Frau am Mittwoch (09.07.14) untermauert. Nach der Aussage eines Anwalts äußerte sich auch Mollath erstmals.
Es sei für ihn das erste Attest einer Misshandlung dieser Größenordnung gewesen, sagte der Nürnberger Arzt am Mittwoch (09.07.14) vor Gericht. An der Patientin habe er umfangreiche Verletzungen festgestellt. Die damalige Frau Mollath hatte nach seiner Dokumentation großflächige Hämatome an den Oberarmen, Blutergüsse seitlich am Hals und am Unterschenkel. Darüberhinaus dokumentierte er eine Bisswunde am Ellenbogen, Schürfwunden am Rücken und eine Prellung an der Schläfe.
Mehrere Tage arbeitsunfähig
Der Arzt sagte, "heutzutage messe ich die Größe der Hämatome aus. Damals habe ich das noch nicht gemacht." Er habe auch keine Fotos gemacht. Mollaths damalige Frau sei mehrere Tage arbeitsunfähig gewesen. Sie habe Schmerzen gehabt und sei gedrückter Stimmung gewesen. Er sagte, "sie sah kläglich aus, als sie vor mir stand".
Arzt hatte noch keine Kassenzulassung
Petra M. habe ein Attest gewollt, weil sie offenbar Angst hatte, dass ihr noch mehr passiere, so der Mediziner. Er hatte die Praxis damals von seiner Mutter übernommen. Da er noch keine Kassenzulassung hatte, habe er unter dem Namen seiner Mutter gearbeitet und Atteste und Bescheinigungen jeweils mit dem Kürzel "in Vertretung" unterschrieben. Petra M. sei immer noch seine Patientin.
Blaue Flecken und eine Bissverletzung 2001
Zuvor hatte bereits die Schwägerin von Mollaths Ex-Frau ausgesagt. "Sie hat mir gesagt, dass sie von ihrem Mann wieder misshandelt wurde", sagte die 51-jährige Arzthelferin am Mittwoch (09.07.14) als Zeugin vor dem Landgericht Regensburg. Bei einem Treffen im August 2001 habe sie bei Mollaths Frau blaue Flecken am Hals und eine Bissverletzung am Arm gesehen. Nach ihrem Rat habe sich die Frau dann von ihrem Chef untersuchen lassen. Dieser habe dann ein Attest ausgestellt. Ein Jahr später waren beiden Frauen dann zu der Wohnung der Mollaths gefahren, um Kleider der Ehefrau nach der Trennung abzuholen.
"Es war eine bedrohliche Situation. Im Hausflur war alles abgedunkelt, und Herr Mollath hat sich bedrohlich vor mir aufgebaut."
Die Zeugin
Schließlich hätten beide Frauen aber das Haus verlassen können. Der wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung angeklagte Nürnberger Mollath soll zuvor seine damalige Ehefrau für mehr als eine Stunde im Schlafzimmer eingesperrt haben. Diese Aussagen sorgten beim Gericht und vor allem bei der Verteidigung für Unverständnis. Die Zeugin hatte in einem ersten Verfahren vor dem Amtsgericht Nürnberg 2004 ausgesagt, sie habe nichts von Verletzungen gesehen, und sie habe Gustl Mollath nicht gesehen, als sie die Kleider abholten.
Befragung war "extrem kurz und oberflächlich"
Dossier
"Die damalige Befragung war extrem kurz und oberflächlich", betonte die Zeugin am Mittwoch. Sie sei sich ihrer Aussage sicher. "Was wir von der Zeugin gehört haben, erfüllt nicht das Kriterium der Glaubwürdigkeit", sagte Mollaths Verteidiger Gerhard Strate. Gustl Mollath selbst bedachte die Aussage der Frau immer wieder mit Kopfschütteln. "Es werden hier so viele Unwahrheiten behauptet und immer wieder andere Versionen aufgetischt", sagte der 57-Jährige in einer Verhandlungspause. Zum eigentlichen Sachverhalt wollte er sich aber nicht äußern.
Am Vortag hatte Mollath die Vorwürfe zurückgewiesen. Vor allem das damals ausgestellte Attest ist für den Prozess von entscheidender Bedeutung. Das Schriftstück war einer der Hauptgründe für die Wiederaufnahme des Prozesses: Das Attest trug nicht den Briefkopf des Arztes. Zu der Zeit hatte der Arzt eine gemeinsame Praxis mit seinem Vater. Seine Mutter war zuvor bereits aus dem Praxisalltag ausgestiegen. Der Mediziner soll noch am Mittwochnachmittag als Zeuge gehört werden. Auch der Amtsrichter aus dem allerersten Verfahren gegen Mollath soll noch aussagen.
Gustl Mollath bricht Schweigen
Am Mittwoch (09.07.14) hatte Gustl Mollath zum ersten Mal während des Prozesses gesprochen. Ihn hatten die Aussagen seines ehemaligen Pflichtverteidigers aus Nürnberg aufgewühlt - diese wollte er richtig stellen. Er habe nach wie vor Angst, sagte der ehemalige Pflichtverteidiger vor Gericht. Vor allem die Unterstützer Mollaths würden ihm Angst machen. Im vergangenen Sommer wurde ihm ein Reifen angestochen berichtet der Rechtsanwalt. "Das war bestimmt nicht Herr Mollath" fügte er hinzu. "Was mich stört ist diese ganze Hetze der Freunde Mollaths, ich werde mit Fäkalien beschimpft", sagte der ehemalige Pflichtverteidiger. Zwischen ihm und Mollath sei nie eine Kommunikation aufgekommen. Mehrmals habe er den Antrag gestellt, ihn zu entbinden, dem sei nicht statt gegeben worden. 2005 wurde er dann doch entbunden von seinem Mandat.
"Sie brauchen vor mir keine Angst zu haben"
Als der Anwalt davon erzählt, wie Mollath ihn an einem Freitagabend in seiner Kanzlei aufgesucht und gegen die Tür getrommelt hätte, schüttelte Gustl Mollath immer wieder den Kopf und schnaubte kurz. Mollath setzt plötzlich zu reden an und stellt richtig: er war im Haus der Kanzlei, die Tür sei offen gewesen, es hätte ein kurzes Gespräch gegeben, dann sei er wieder gegangen, sagte Mollath. "Mich bestürzen diese Angstzustände von Herrn Dolmany. Ich versichere Ihnen, Sie brauchen vor mir keine Angst zu haben", sagte Mollath. Er verwehre sich, wenn den Rechtsanwalt Leute bedrohten, die sich als seine Unterstützer ausgeben würden. Das tue ihm außerordentlich leid, sagte Mollath. "Ich kann mir nicht aussuchen, wer meine Unterstützer sind". Der Rechtsanwalt war eineinhalb Jahr der Pflichtverteidiger von Mollath. Beide haben jeweils versucht, das Mandat zu beenden.
Ex-Schwager verweigert Aussage
Auch der Bruder von Mollaths Ex-Frau war am Vormittag als Zeuge geladen. Er berief sich jedoch auf sein Zeugnisverweigerungsrecht und durfte den Saal gleich wieder verlassen.
Laut Anklage muss sich Mollath wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung verantworten. Unter anderem soll er 2001 seine damalige Ehefrau körperlich misshandelt und eingesperrt haben. In einem ersten Verfahren hatte ein Gericht Mollath im Jahr 2006 von den Vorwürfen wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und ihn in die Psychiatrie eingewiesen. Dort blieb er sieben Jahre eingesperrt.
Der Fall hatte eine Debatte über die Unterbringung in psychiatrischen Kliniken ausgelöst. Das Gericht hat bis Mitte August 17 Verhandlungstage angesetzt und 44 Zeugen geladen.