Alpine Orte der Kraft Das Hospice Grand Saint Bernard
Passübergänge in den Alpen sind stets besondere Orte: natürlich vorgegebene Passagen mit einer Passhöhe, in der sich der Gebirgskamm mit dem Übergang schneidet.
Hier entstehen Punkte, an denen sich die verschiedenen Richtungen bündeln, wo alles zusammenläuft und zur Ruhe kommt.
Einer der speziellsten dieser Plätze in den Alpen ist der Große Sankt Bernhard, der Übergang vom Rhone-Tal im Wallis ins Aostatal. Vor allem wenn von Oktober bis Mai die Pass-Straße gesperrt ist, entfaltet das Hospiz seine einzigartige Aura.
Eine gewundene Steintreppe führt in dunkle Gewölbe und genau dahin, wo vor knapp 1000 Jahren alles begann – im Käsekeller. Wie der Prior des Hospizes auf dem Großen Sankt Bernhard, Pere Jose, erklärt, sollen die reihenweise aufgestapelten Laibe den ganzen Winter über reichen. Im Käsekeller findet sich auch das älteste Mauerwerk des Hospizes.
Die Steine vom antiken Jupitertempel. Mauerreste stammen aus der Zeit, als die Römer an diesem Platz innehielten und an das Höhere und Größere dachten, das das Leben des Menschen umgibt. In der majestätischen Dimension, in der Schönheit, in der immensen Umgebung, aber auch in der Gewalt der Stürme und der Natur liegt die Bedeutung des Ortes, sagt Prior Pere Jose.
Eine Handvoll Wanderer stärkt sich im kleinen Speisesaal des Hospizes mit einer Gemüsesuppe, einem Stück Alpkäse und frisch gebackenem Brot. Bruder AIberto schenkt dampfenden Tee aus. Im Winter, sagt er, ist das tatsächlich ganz anders hier, denn alle müssen zu Fuß herauf.
Wenn die Pass-Straße gesperrt ist, muss jeder die 600 Höhenmeter in gut zwei Stunden zu Fuß, mit Skiern oder Schneeschuhen heraufwandern. Man muss also etwas leisten, um hier anzukommen! Die Wärme, der herzliche Empfang an diesem Platz inmitten der Wildnis, der Käse, das Brot – all das macht diesen Ort aus, sagt eine Walliserin.
Unvorstellbar ist die Menge an Lebens-Geschichten, die Menschen hier mit hierher gebracht haben, zu Zeiten, als noch die Bernhardiner im unzugänglichen Gebiet auf 2500 Meter Höhe den Pilgern den Weg gebahnt haben. Die berühmten Hunde werden heute nur noch im Sommer aus Traditionsgründen hier gehalten. Als der Namensgeber Bernard de Mouton, Erzdiakon von Aosta, das Hospice du Grand Saint Bernard im Jahr 1050 gründete, waren die kräftigen Vierbeiner überlebenswichtig.
Von den mächtigen Massiven des Mont Blanc auf der einen und des Grand Combin auf der anderen Seite ziehen die Bergketten hierher. Die Wucht von zwei der größten Alpengipfel bündelt sich hier mit 1000 Jahren menschlicher Wander- und Reisegeschichte. Das Hospiz mit seinen nackten gelben Mauern ist ein ungeheurer Speicher der Zeit und der Kräfte. Man kommt an aus der zugigen Kälte eines engen felsigen Aufstiegskanals hier an, mit Schneestaub im Gesicht, und die Zeit bleibt stehen. Etwas von der immensen Größe dieses Ortes in Zeit und Raum wirkt. Etwas, das viel weiterführt als der bloße Übergang von einem Alpental ins andere.
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Karte: Hospice Grand Saint Bernard