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Süße Getränke Wie kann der Zuckerkonsum begrenzt werden?

Etwa 120 Liter Softdrinks konsumieren die Deutschen jährlich pro Kopf! Doch diese enthalten sehr viel Zucker und viele Kalorien. Satt machen diese zuckerhaltigen Drinks aber nicht, sondern fördern Übergewicht und Folgeerkrankungen. Gesundheit! klärt auf, wo Gefahr durch Zucker lauert und was dagegen getan werden könnte.

Von: Katrin Frink

Stand: 30.09.2016 | Archiv

Zucker in Getränken | Bild: BR

Fabrizio Pini hat bereits als Kind liebend gerne Süßes getrunken. Auf etwa 4 bis 5 Liter kam er wöchentlich. Allein mit Spezi, Limonade, Eistee oder süßen Säften nahm er umgerechnet pro Woche bis zu 130 Stück Würfelzucker zu sich.

"Es war mir nicht bewusst, wie viel Zucker drin steckt, weil man sich auch keine Gedanken darüber gemacht hat."

Fabrizio Pini

Schon in der Kindheit war er adipös, mit 23 Jahren erreichte er ein Gewicht von circa 170 Kilo. Die süßen Getränke hatten ihren Teil dazu beigetragen. Er suchte sich Hilfe im Helios Amper-Klinikum Dachau, dort werden übergewichtige Patienten betreut.

Übergewicht durch Zucker hat weitreichende Folgen

Bei ihm fielen schon im Alter von 23 erste Folgeerscheinungen auf. Sein Arzt Dr. med. Georg Guggenberger sieht einen klaren Zusammenhang.

"Da ist schon ein erhöhter Blutdruck aufgefallen, es sind erhöhte Leberwerte bei der Laborkontrolle aufgefallen. Daraufhin hab ich auch einen Ultraschall der Leber durchgeführt und habe gesehen, dass bei ihm schon deutliche Fetteinlagerungen der Leber vorhanden sind."

Dr. med. Georg Guggenberger, Diabetologe und Ernährungsmediziner, Helios Amper – Klinikum Dachau

Herz, Leber und Stoffwechsel leiden unter zu viel Zucker

Neben Herzkreislauferkrankungen wie Bluthochdruck oder Arteriosklerose, kann das krankhafte Übergewicht auch zu einer Fettleber, Diabetes Typ 2 oder Fettstoffwechselstörungen führen.

Viele Kalorien, die nicht satt machen

Daher ist ein hoher Konsum von Softdrinks alles andere als harmlos. Experten warnen.

"Das große Problem ist, dass die Getränke nicht nur viel Zucker enthalten, sie führen auch zu keinem Sättigungsgefühl. Das heißt, ich trinke das nebenbei und das sind einfach zusätzlich Kalorien, die dann schnell zu Übergewicht führen können."

Daniela Krehl, Verbraucherzentrale Bayern

Hilft eine Zuckersteuer?

In Mexiko hat eine Steuer den Zuckerkonsum reduzieren können.

Einige Länder, wie Mexiko, Frankreich oder Ungarn versuchen das Problem mit einer Zusatzsteuer zu bekämpfen. So hat Mexiko im Jahr 2014 eine Steuer von zehn Prozent auf zuckerhaltige Getränke eingeführt – mit Erfolg! Im Vergleich zum Vorjahr tranken die Mexikaner weniger Süßgetränke und mehr Wasser. Die Verkaufszahlen der Softdrinks sanken innerhalb des Jahres um 12 Prozent, das heißt jeder Mexikaner hat im Jahr 2014 rund 4,2 Liter weniger süße Getränke gekauft.

"Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Modell eingeführt wird und zum anderen auch gesunde Lebensmittel, gesunde Getränke günstiger werden. Es wird beispielsweise in einigen Ländern Wasser in Restaurants kostenfrei oder deutlich günstiger angeboten. Das hielte ich für einen guten Schritt."

Dr. med. Georg Guggenberger, Diabetologe, Helios Amper – Klinikum Dachau

Deutschland ist Spitzenreiter in Sachen Zucker

In Deutschland wird deutlich mehr "Zucker getrunken" als in Großbritannien.

Handlungsbedarf besteht, denn zuckerhaltige Getränke sind hierzulande sehr beliebt. Im EU-Vergleich liegt Deutschland an der Spitze: Laut dem Marktforschungsinstitut Euromonitor nehmen die Deutschen durchschnittlich etwa 11 Stück Zucker pro Tag über Softdrinks zu sich, die Briten zum Beispiel nur sieben.

"Zuckergrenze" für die Industrie

Ein anderer möglicher Weg wäre eine Zuckerreduktion durch die Getränke-Hersteller. Britische Forscher haben aktuell berechnet: Würde der Zuckergehalt in 5 Jahren schrittweise um 40 Prozent gesenkt, könnte jeder Brite 38 Kalorien täglich sparen und würde 1,2 Kilo weniger wiegen. Die Forscher rechnen dadurch mit 1,5 Millionen weniger Übergewichtigen und 309.000 weniger Diabetes-Typ 2 Erkrankungen in Großbritannien. Das macht Hoffnung.

Eine Zuckerreduktion durch die Getränkeindustrie bzw. eine Höchstgrenze für den Zuckergehalt in Erfrischungsgetränken fordern auch die Verbraucherzentralen in Deutschland.

Gerade Jugendliche lieben Softdrinks

Die meisten Softdrinks werden in Deutschland von Jugendlichen und jungen Erwachsenen konsumiert. In der Klinik Schönsicht in Berchtesgaden werden adipöse Kinder und Jugendliche betreut. Viele von ihnen trinken jeden Tag mehrere Liter der flüssigen Kalorienbomben, bevor sie in die Klinik kommen.

"Ich hab circa zwei Liter Cola pro Tag getrunken und an Energy Drinks einen halben bis einen ganzen Liter. Jetzt ist das für mich sozusagen undenkbar."

Karime

Vorliebe für Zucker entsteht in der Kindheit

Ein Problem: Die meisten Kinder und Jugendlichen in der Klinik wurden schon früh an die süßen Getränke gewöhnt.

"Es ist einfach so, dass Kinder gerne Süßes mögen und je mehr sie davon trinken, desto mehr mögen sie davon haben und desto schwieriger wird es, auf Wasser oder Tee umzusteigen, weil es nach nichts mehr schmeckt."

Melina Bley, Diätassistentin, Klinik Schönsicht, Berchtesgaden

Wie viel Zucker kann in einem Glas stecken?

Ganze 18 Stück Würfelzucker enthält ein halber Liter Cola.

Die Jugendlichen werden in der Klinik speziell geschult, sie sollen den Zuckergehalt in Nahrungsmitteln wie auch in Getränken erkennen und ihn einordnen können. Ein Beispiel: Schon in einem halben Liter Cola stecken umgerechnet etwa 18 Stück Würfelzucker.

Für die Kinder heißt das: Die von der WHO empfohlene tägliche Zuckermenge von zehn Stück Würfelzucker, ist damit bereits weit überschritten.

Die Insulin-Falle

Dr. med. Helmut Langhof ist Kinderarzt und Sportmediziner. Er betreut die Kinder und Jugendlichen in der Klinik Schönsicht. Die Kalorienanzahl von Zucker ist nicht das alleinige Problem, sagt er. Bei einem hohen Zuckerkonsum steigt der Blutzuckerspiegel rapide an, in der Folge wird das Hormon Insulin ausgeschüttet.

"Wir sagen dann immer, man tappt in die Insulinfalle. Wenn das Insulin im Blut hoch ist, wird sofort der Ausgang vom Fettgewebe geschlossen und der Eingang geöffnet, sie befinden sich sozusagen in einer Einbahnstraße. Der Insulinmechanismus führt zur Fettspeicherung, gleichzeitig wird der Fettabbau blockiert."

Dr. med. Helmut Langhof, Kinderarzt und Sportmediziner, Klinik Schönsicht Berchtesgaden

Teufelskreis: Zucker macht Lust auf mehr

Hinzu kommt, dass nach dem Konsum von zuckerhaltigen Softdrinks relativ schnell erneute Lust auf Süßes folgt. Daher lernen die Kinder in der Klinik gesunde Alternativen kennen: keine Light-Getränke, sondern Wasser, ungesüßten Tee oder stark verdünnte Saftschorlen. Das bedeutet, ein Viertel Saft mit 100% Fruchtgehalt wird mit drei Viertel Wasser gemischt.

Light-Getränke helfen nicht!

"Die Light-Getränke haben zwar weniger Kalorien, aber im Endeffekt bringen sie nichts, sie sind keine Alternative für unsere Jugendlichen, die abnehmen wollen. Das künstliche Süßungsmittel verursacht auch eine suchtartige Wirkung und macht erneut Lust auf Süßes."

Melina Bley, Diätassistentin, Klinik Schönsicht, Berchtesgaden

Disziplin und Verzicht bringen Erfolg

Karime und Jana sind 16 und 17 Jahre alt. Sie haben in der Klinik ihre Ess- und Trinkgewohnheiten grundlegend geändert. Karime hat in acht Monaten über 72 Kilogramm abgenommen. Sein Ziel: Er will in der Klinik insgesamt 100 Kilo verlieren. Jana ist bereits 25 Kilogramm leichter.

"Ich möchte noch 10-20 Kilogramm schaffen. Die Motivation, die ich jetzt habe, ist einfach so hoch, dass ich mir sicher bin, dass ich das auf jeden Fall schaffe."

Jana

Auch Fabrizio Pini hat mit einer Ernährungsumstellung und viel Bewegung über 50 Kilogramm abgenommen, mit positiven Folgen. Die Fetteinlagerung in seiner Leber ist wieder verschwunden.

"Man muss es wirklich wollen. Man braucht eine Menge Ehrgeiz und muss definitiv mit Rückschlägen klar kommen."

Fabrizio Pini

Damit es bei Kindern und Jugendlichen wie Fabrizio, Karime oder Jana erst gar nicht zu starkem Übergewicht kommt, wäre weniger Zucker in Getränken sehr hilfreich .


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