Die nahe Zukunft: 2038 sind Androiden, die äußerlich nur durch einen leuchtenden Kreis an der Schläfe von Menschen zu unterscheiden sind, so normal, wie heute Kühlschrank, Fernseher oder Rasenmäher. Doch dann entwickeln einige der Roboter ein Bewusstsein, ein Gewissen und Emotionen, erkennen die Ausbeutung und schlechte Behandlung durch die Menschen, wehren sich gegen Ungerechtigkeit und Gewalt, die ihnen angetan wird.
Komplexe Handlungsstränge
Der Spieler steuert im Lauf der Geschichte drei der Androiden, macht den Abwasch, spielt Kindermädchen, holt Päckchen ab, oder muss als Polizeiermittler mit der KI des Androiden Fälle lösen, in die Androiden verwickelt sind. Die Geschichtsstränge der drei KI-Protagonisten kreuzen sich dabei im Verlauf der Story immer wieder und verschaffen dem Spieler auf diese Art unterschiedliche Blickwinkel auf die selbe Situation.
Aus dem Blickwinkel der Androiden
Der Kniff, die Geschichte nur aus dem Blickwinkel der Androiden zu sehen, verändert dabei zugleich den Blick auf das Verhalten der Menschen, die die Androiden zum Teil wie Sklaven halten - und schon stellt sich die Frage: Warum auch nicht? Muss man mit einer Maschine anders umgehen, nur weil sie aussieht und sich bewegt wie ein Mensch? Müsste man zum Beispiel dem automatischen Rasenmäher höflich danken, wenn er menschliche Züge hat?
Ganz neuer Blick auf Arbeit und Verdienst
Zugleich zeigt das Spiel die Veränderungen auf, die eine Gesellschaft nimmt, in denen Maschinen grundsätzlich günstiger und besser arbeiten – nicht nur in der Fabrik, sondern zuhause, auf dem Bau oder in der Armee. Was macht das mit den Menschen und ihrem Verhältnis zur Arbeit und ihrem Verdienst?
Alle Helden können sterben
Solche und ähnlich grundsätzliche Fragen wirft das Spiel immer wieder auf. Wobei es "Spiel" nicht richtig trifft. Denn der Gaming-Anteil reduziert sich darauf, dass der Spieler mithilfe des Analyseblicks der Androiden Punkte, die in der Nähe interessant sind, findet und außerdem in einigen Action-Sequenzen reaktionsschnell Controller-Tasten drückt. Doch hauptsächlich bestimmen Entscheidungen und Gespräche den Verlauf der Geschichte. Das geht soweit, dass alle drei Protagonisten sterben können und die Story auf diese Art endet.
Analyse der eigenen Entscheidungen
Gerade für diese Entscheidungen hätte man manchmal gerne mehr Zeit - und man bekommt sie: im Nachhinein. Denn nach dem Durchspielen einer Spielsequenz taucht ein Diagramm auf, das die Entscheidungen, die der Spieler getroffen hat, aufzeigt. Bei Internetanschluss informiert eine Statistik darüber, welche Wege, welche Entscheidungen im weltweiten Vergleich so oder anders gewählt wurden. Und das Diagramm ermöglicht es beim erneuten Spielen, Entscheidung gezielt zu revidieren und so die Geschichte grundlegend zu ändern.
Auch bei Wiederholungen spannend
Weil sich aber Entscheidungen auch erst viel später in der Geschichte sehr stark auswirken können und viele Wege der Geschichte von sehr vielen Faktoren beeinflusst werden, ist es dennoch kaum möglich, die Geschichte von Anfang an quasi zu planen. Das hät "Detroit: Become Human" auch beim dritten und vierten Mal durchaus spannend.
Psychologische und aufregende Ebene
All das verleiht "Detroit: Become Human" eine besondere, psychologische und aufregende Ebene, die die besondere Tiefe der Story aufzeigt. Mit den Fragen, die die Software des französischen Entwicklers Quantic Dream (Heavy Rain) aufwirft, geht sie weit über ein normales Spiel hinaus. Von Jump and Run oder Balleraction ist dieses Spiel so weit weg, wie Hollywood-Popcorn-Action vom französischen Autorenkino.
Wie "Ex Macina" im Kino
Aber - um im Kino-Vergleich zu bleiben - wer Filme wie Blade Runner, I, Robot, A.I. oder Ex Machina mag, der bekommt mit "Detroit: Become Human" einen Spiel-Film, den er immer und immer wieder selbst gestalten kann und bei dem er so lange probieren darf, bis er auf die Frage, ob letztlich die Roboter menschlicher sind als die Menschen und was das Mensch-Sein ausmacht, seine ganz persönliche Antwort gefunden hat.