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Billie Eilish: "Hit Me Hard and Soft" "This is the most me" – was das neue Album über über die Musikerin verrät

Das neue Billie-Eilish-Album ist doch ganz anders geworden, als von vielen erwartet. Ihr drittes Album "Hit Me Hard and Soft" ist zugleich ihr persönlichstes. Es komme ihrem Ich am nähesten, sagt sie. Und das ist vor allem eins: facettenreich.

Von: Sandra Lohse

Stand: 16.05.2024

Billie Eilish hat ihr neues Album veröffentlicht | Bild: Universal Music

Eine riesige, leere Bühne im Barclays Center in New York ist gefüllt mit Nebel – und zwei Personen: Billie Eilish und ihr Bruder Finneas. Sie rennt, springt, dreht sich und wirbelt mit den Armen im Kreis zu ihrer neuen Single "Lunch". Ihr Bruder filmt sie dabei. Es ist eine Listening Party am Mittwochabend für ihr neues Album "Hit me hard and soft", bei der tausende Fans das neue Album mit ihr gemeinsam anhören und feiern. Videos davon verbreiten sich auf Social Media.

Die Fans wollen bis zum Release des neuen Albums durchhalten

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BILLIE EILISH: HIT ME HARD AND SOFT: ALBUM LISTENING PARTY | Bild: Billie Eilish World (via YouTube)

BILLIE EILISH: HIT ME HARD AND SOFT: ALBUM LISTENING PARTY

"Ich muss stark sein, ich muss stark sein", kommentiert eine Followerin, gefolgt von hunderten "I'm on mute"-Kommentaren. Die Fans wollen durchhalten, sich die Erfahrung, die Musik, die ganze Bandbreite an Gefühlen, die das Album verspricht, für den Tag des Release aufheben. Bis zu diesem Freitag.

Hit Me Hard and Soft: Zwischen harten und weichen Schlägen

Billie Eilish setzt auf ihrem neuen Album "Hit Me Hard and Soft" zum ersten sinnlichen Summen an, ein – für Eilish-Fans bekanntes – einnehmendes Gefühl macht sich breit in der Brust und die Single "Skinny" setzt den ersten (soften) Schlag. Das Album bestehend aus zehn Songs, solle man am besten komplett und chronologisch hören – so erzählt man sich unter Fans – für ein schlüssiges Ganzes. "You say I look good, cause I'm skinny", du sagst ich sehe gut aus, weil ich dünn bin, raunt Eilish weiter. Violinen setzen ein und das Motiv des Albumcovers scheint sich zu bewahrheiten: Eine Schwere, die in die Tiefen des Ozeans zieht.

Billie Eilish: "This is the most me"

Doch während "Skinny" nahtlos an die letzte Single "What was I made for", den Soundtrack zum Film "Barbie", anschließt, folgt der nächste Schlag (etwas harder) mit dem Song "Lunch": "I could eat that girl for lunch, she dances on my tongue". Dass Eilish wie im Video zu "Lost Cause" mit ihrer Zuneigung zu Frauen spielt, ist nicht neu. Dass sie hier so offen über Oralsex singt – und schlussfolgert: Sie schmeckt, als könnte sie die Richtige sein – dagegen schon. Ein Akt der Selbstermächtigung, die Deutungshoheit über sich selbst wieder zu erlangen? Denn nachdem sie sich im letzten Jahr eher unfreiwillig als queer geoutet hatte, kritisierte sie den Umgang damit auf Instagram später sehr deutlich: "Danke 'Variety' für meine Auszeichnung und auch dafür, dass ihr mich um elf Uhr morgens auf einem Roten Teppich geoutet habt, anstatt über irgendetwas anderes zu reden, das wichtig ist. Ich mag Männer und Frauen, lasst mich bitte damit in Ruhe, wen kümmert's".

Was Eilish auf dem Album dagegen umtreibt: Ist es ein Crush oder, wie vier Songs später, "L'amour de la vie"? "I was the love of your life, but you were not mine", beschließt Eilish. Der Song "Lunch" dagegen klingt ungewohnt poppig und die anfängliche Befürchtung, beim Hören in den Tiefen des Ozeans zu versinken, bewahrheitet sich also nicht. Teils leicht statt düster überrascht das Album. Daran haben Billie Eilish und ihre Bruder Finneas hart gearbeitet, das sagt sie selbst und resümiert, dass sie darin niemand anderes verköpere: "This is like the most me", das Album komme ihrem Selbst am nähesten. Und das ist dann wohl vor allem eins: facettenreich.

Glatt, funky, elektronisch: Interessant sollte es sein

Mal glatt und akustisch auf der Gitarre, dann funky auf dem Keyboard und elektronisch am Autotune – das neue Album lässt kein musikalisches Mittel aus. "Wir wollten es interessant machen", sagt Eilish. Und das gelingt ihnen. Interessant sind vor allem die vielen Tempowechsel innerhalb der teilweise mehr als fünf Minuten langen Tracks.

Ein Facettenreichtum, der dem Album guttut: Nachdem Kritiker:innen die Single "Birds of a Feather" im Trailer für die Netflix-Serie "Heartstopper" entdeckten, machte sich die Befürchtung breit, Eilish wäre zu glatt geworden. Und tatsächlich, als Eilish in "The Greatest", umspielt von Akustikgitarre und angetrieben von Schlagzeug-Rhythmen, singt: "You could have been the greatest", blitzt ein Miley-Cyrus-Moment durch die unkonventionelle Fassade. Der hält sich jedoch nicht lange.

Billie Eilish ist mehr als die Stimme der Gen Z

Am Höhepunkt der chronologischen Reise durch "Hit Me Hard and Soft" steht der Song "Blue", der letzte Track des Albums. Ein Paukenschlag (hard) für Billie Eilish‘ Instagram-Community. "Ich werde den Ton nicht anmachen, aber bitte sagt mir es ist 'true blue'", schreibt eine Userin. "Ist es", schreibt eine andere. Billie Eilish gibt damit ihren Fans, was sie lange ersehnt haben: "True Blue" ist ein unveröffentlichter Song, den sie zuvor bereits live gespielt hatte.

Ein melancholisches Stück über Schlafprobleme, Angst und eine verflossene Liebe: "I don't blame you, but I can't change you, don't hate you, but we can't save you", gesteht sich Billie Eilish ein: Ich gebe dir nicht die Schuld, aber ich kann dich nicht ändern. Ein Breakup-Song mit Verständnis statt Wut und damit auch ein Grund, warum Billie Eilish so erfolgreich ist: Sie gibt einen Einblick in die Köpfe der Gen Z, singt über mentale Gesundheit, verletzlich und ehrlich. Und das kommt ganz offensichtlich nicht nur bei ihrer Generation gut an. Mit ihrem neuen Album bringt sie ein bisschen Glitzer in die sonst so düstere Eilish-Welt, ohne dabei ihr Kerngeschäft – melancholisches Summen – aus den Augen zu verlieren. Dem generationenübergreifenden Erfolg des Albums steht nichts im Weg.