Bayern 2 - Zündfunk

Festivalsterben Wie Festivals es schaffen, trotz der Kostenexplosionen zu überleben

Zwischen Inflation, Konkurrenz und neuem Kaufverhalten wird es immer schwieriger, Festivals zu veranstalten, die funktionieren. So schwierig, dass viele aufgeben. Was Festivals anders machen, die sich noch halten können – und was sie fordern.

Von: Alba Wilczek

Stand: 13.02.2025

Impressionen vom PULS Open Air 2023 auf Schloss Kaltenberg. | Bild: Ritterturnier Kaltenberg Veranstaltungs GmbH/Fabian Stoffers

Liebe Trauergemeinde, in liebevoller Erinnerung gedenken wir den Festivals, die uns 2024 endgültig verlassen haben: Das HipHop-Open in Stuttgart. Das Melt-Festival in Ferropolis. Das Uferlos-Festival in Freising. Das Plus Open-Air ebenfalls in Freising. Das BR hauseigene Puls Open Air in Schloss Kaltenberg. Das TabulaRaaza Festival in Oldenburg. Und so weiter und so fort. Überall liest man vom Festivalsterben. Davon, wie schwer es für die Macher geworden ist. Aber kann man wirklich schon von einem Festivalsterben sprechen?

Festivalsterben ja, aber: "Nie so viele Festivals wie jetzt in Bayern"

Peter Wacha aka Upstart

"Ich glaub grundsätzlich geht’s den Festivals in Bayern gut und dass es noch nie so viele Festivals wie jetzt gab", sagt der Münchner DJ, Labelbetreiber und Veranstalter Upstart, mit bürgerlichem Namen Peter Wacha. "Der Bedarf ist da, die Lust junger und älterer Hörenden ist da, im Sommer draußen zu feiern, gute Musik zu hören. Das ist ungebrochen und auch sehr wichtig, dass sich die Leute treffen können. Und nicht irgendwo abrutschen in Einsamkeit und rechte Propaganda."

Seit 16 Jahren organisiert Wacha auch das Puch Open Air in Bayern, das der Zündfunk regelmäßig präsentiert. "Das Problem sind einfach die Kostensteigerungen und dass sehr viele Leute Festivals schon immer sehr aus Liebe und Leidenschaft gemacht haben. Sie waren immer schon von Haus aus auf Anschlag, was sie da leisten können, auch finanziell vom Einsatz her." Und durch die gestiegenen Kosten, auch bei den Gagen für größere Acts, stehe man schon ein bisschen an der Wand.

Zeiten für Veranstaltende inmitten der Inflation sind hart

Solche Umstände bestätigt auch Marian Gosoge vom Brückenfestival Nürnberg, das umsonst und im Freien stattfindet. Er berichtet, dass die Kosten um die Festivals herum komplett explodieren: Infrastruktur, Toiletteneinheiten und Bauzäune – also die Sachen, die man auch aus sicherheitsrelevanten Gründen für ein Festival braucht.

"Wir haben es relativ schwer, das alles mit humanen Getränkepreisen zu refinanzieren. Was wir aber auf jeden Fall wahrnehmen ist, dass der Besucher:innenandrang nicht abnimmt. Die Kosten werden aber gleichzeitig so hoch, dass das keine Balance mehr hat, wie vor paar Jahren noch."

Marian Gosoge, Brückenfestival e.V.

Das Brückenfestival kann sich vor allem durch Sponsorengelder und viele ehrenamtliche Helfer:innen über Wasser halten. Auch eine Bezuschussung durch die Stadt Nürnberg gibt es. Doch die sei marginal und decke nur etwa sechs Prozent der kompletten Kosten, wie Marian Gosoge mir berichtet. Er findet das unverhältnismäßig: "Bei uns hat die Stadt die Fördergelder nicht an die Inflation angepasst. Das heißt, wir bekommen immer noch die gleichen Fördergelder wie vor 10 Jahren. Das ist einfach ein Betrag und der ist nie gestiegen."

Initiative Musik verteilt nur vier Millionen

Ähnlich sparsam geht auch der Bund mit der Festivalförderung um. Die Initiative für Musik schüttet jährlich insgesamt 4 Millionen Euro an Veranstaltende in ganz Deutschland aus. "Mit der Gießkanne", kommentiert Upstart. Und ja: Vier Millionen sind nicht viel. Vor allem wenn man den gestiegenen Bedarf betrachtet. Für das Jahr 2025 sind mehr Anträge denn je dort eingegangen. Doch von 575 Projekten, haben nur 127 eine Förderung bekommen. Das Puch Open Air ist nicht darunter.

"Wir werden das durchziehen, aber wir müssen ganz anders buchen. Wir können jetzt nicht das Risiko eingehen, irgendwelche Acts für 15.000 zu engagieren."

Upstart

In der Pressemitteilung der Initiative Musik erklärt das Jurymitglied Pamela Owusu-Brenyah, dass die Festivalförderung den Fokus besonders auf kleine und mittlere Festivals gelegt hätte, da diese oft unter besonders herausfordernden Bedingungen arbeiten. Gleichzeitig sähen sie aber, wie schwierig die Durchführung von Festivals geworden sei und wie viele ihren Betrieb vergangenen Jahres einstellen mussten.

Letztendlich kommen für Veranstaltende viele Dinge zusammen: Die Konkurrenz der Festivals untereinander wird immer größer und die Besucherzahlen sind – besonders seit Corona – noch weniger planbar. Dazu kommen die hohen Kosten. Die Lösung aber ist ganz klar. Bund und Städte müssen mehr Geld für Kultur rausrücken, findet auch Marian Gosoge: "Eine Ampelanlage kostet Millionen von Euro. Und da wird nicht einen Moment drüber diskutiert, ob man die Ampelanlage da hinstellt oder nicht. Diese Relationen zwischen Kulturgeldern und anderen Geldern, liegen teilweise so dermaßen auseinander, dass die Kulturgelder fast schon marginal wirken." Und am Ende stellen die Veranstaltenden dann fest, dass sie es auch mit zwei Tagen bestem Wetter nicht schaffen, die immensen Kosten zu tragen. Also: Förderungen hoch! Denn aufs Wetter kann man sich nun wirklich nicht mehr verlassen.