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Bayerische Flüsse und Bäche bedroht

Bayerische Flüsse und Bäche bedroht

Im Vergleich zum restlichen Bundesgebiet sind bayerische Flüsse und Bäche zwar in einem etwas besseren ökologischen Zustand. Dennoch gelten nur 15 Prozent der Fließgewässer in Bayern als sehr gut oder auch nur als zumindest gut. Von Julia Zöller

Wer das typische Schicksal eines bayerischen Flusses sehen will, muss nur auf die Illerbrücke nach Sonthofen gehen. Beim Blick Richtung Bergpanorama sieht die Iller ganz gesund aus: ein flaches Ufer, Gehölze, im Fluss hat sich eine Kiesbank gebildet. Doch genau an der Brücke endet die Renaturierung. Flussabwärts sind die Ufer steil, die Iller stangerlgrad. Ein typisches bayerisches Fluss-Schicksal, sagt Albert Göttle.

"Sie wurde gestreckt in ihrem Lauf, sie hat Ihre Aue verloren, die Seitenbäche wurden reguliert, die Einzugsgebiete wurden stabilisiert, vieles von dem Kies, was früher zur Iller den Weg gefunden hat, ist verloren gegangen." Prof. Albert Göttle, Präsident Bayerischer Landesfischereiverband.

Nur rund 15 Prozent der Fließgewässer in gutem bis sehr gutem Zustand

Und mit dem Kies, den Kurven, den Pflanzen gehen auch die Fische verloren, sie finden keinen Platz zum Laichen und Verstecken. Das zeigen auch die Zahlen. Nur rund 15 Prozent der Flüsse und Bäche in Bayern sind in einem guten bis sehr guten ökologischen Zustand. Das bedeutet: Hier gedeihen Wasserpflanzen, Fische, aber auch Insektenlarven. 85 Prozent dagegen bekommen die Bewertung: mäßig, unbefriedigend bis schlecht. Die Einteilung in die unterschiedlichen Kategorien gilt EU-weit. Die Zahlen aus Bayern entstammen der Broschüre "Gewässer in Bayern" aus dem Jahr 2017, auf sie hat sich auf BR-Nachfrage heute das Bayerische Landesamt für Umwelt berufen.

Schlechte Gewässer-Qualität in Niederbayern

Auch wenn der Zustand der Iller besser sein könnte – Rosi Steinberger wäre froh darüber. Die Grünen-Abgeordnete kommt aus Niederbayern, wo die Böden wesentlich intensiver landwirtschaftlich genutzt werden.

"Wo wir besonders schlechte Wasser-Qualität haben, ist hier in Niederbayern. Gerade der Raum Landshut südlich der Donau, da sind die meisten Flüsse und Bäche in einem schlechten Zustand. Da macht sich der Einfluss der Landwirtschaft bemerkbar. Hier wird hochindustrialisiert Landwirtschaft betrieben. Hier haben wir einen großen Eintrag von Dünger und Pestiziden in die Gewässer." Rosi Steinberger, Landtags-Abgeordnete der Grünen

Forderung nach Gewässer-Randstreifen

Nicht nur Pestizide, auch Erdreich gelangt in die Bäche - den Fischen und Kleintieren fehlt der lockere Kies. Schon seit Jahren fordern die Grünen wie auch die bayerischen Fischer deshalb Gewässer-Randstreifen. Die Bauern sollen ihre Felder nicht mehr bis zum Ufer der Flüsse und Bäche bewirtschaften, sondern mindestens fünf Meter Abstand halten. In anderen Bundesländern sind Gewässer-Randstreifen Pflicht. Bayern setzt auf freiwilligen Umweltschutz, finanzielle Anreize und Wasserberater.

Besser als der bundesdeutsche Schnitt

Die Gewässer-Qualität bayerischer Flüsse ist in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden; aber das reicht nicht, damit ein Fluss auch als ökologisch „gesund“ eingestuft wird. Das Bayerische Landesamt für Umwelt verweist darauf, dass bayerische Flüsse und Seen ökologisch gesünder sind als der bundesweite Schnitt. Gestern war bekannt geworden, dass bundesweit nicht einmal sieben Prozent der deutschen Flüsse ökologisch intakt sind. Bayern investiert zudem noch bis 2021 insgesamt 1,2 Milliarden Euro in die Verbesserung der Gewässer-Qualität. Das bayerische Umweltministerium erklärt:

"Zu den wichtigsten anstehenden Aufgaben gehören Strukturverbesserungen in den Oberflächen-Gewässern inklusive der Ufer- und Auenbereiche, die Herstellung der biologischen Durchgängigkeit von Fließgewässern, aber auch eine weitere Reduzierung des Eintrags von Nährstoffen in die Gewässer. Der Schutz der Gewässer ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Freistaat setzt auf eine enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, auch der Landwirtschaft." Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

Ziel müsse Schutz der Flusslandschaften sein

Doch wenn so viel Geld in die Hand genommen wird, muss genau untersucht werden, wo die Mittel sinnvoll eingesetzt sind, sagt der Biologe Professor Jürgen Geist von der TU München.

"Von daher plädiere ich eher dafür, dass wir stark priorisieren. Wo haben wir noch die wenigen Refugien für die besonderen charakteristischen Arten, die wir hier in Bayern haben. Und dort sollte man dann besonders stark investieren." Prof. Jürgen Geist, Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie TU München

Erster Schritt müsse deshalb sein, die wenigen natürlichen Flusslandschaften in Bayern zu schützen.