Blick von oben auf eine von Bäumen gesäumte Straße, wo Autos parken.
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In der Bamberger Siemensstraße sollten zwölf Bäume gepflanzt werden und jetzt soll gar kein Baum mehr.

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Keine Bäume in Bamberg: Aus für Baumpflanzaktion

Keine Bäume in Bamberg: Aus für Baumpflanzaktion

Bamberg soll noch grüner werden. Dafür wurde im Oktober 2022 mit dem Projekt "MitMachKlima" auch die Aktion "1.000 Bäume für ein besseres Klima" gestartet. Seitdem wird über zwölf Bäume diskutiert und verhandelt. Jetzt soll gar kein Baum kommen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

In Bamberg reichen mittlerweile zwei Worte, um das Gegenüber zum Lächeln zu bringen: Siemensstraße – Bäume. Hart gerungen und tief begründet wurde einstmals die Pflanzung von bis zu zwölf Bäumen und der Wegfall von 19 Parkplätzen. Daraus wurden in einer neuen Planung dann elf Bäume, dann ein Vorschlag mit sechs Bäumen und jetzt sollen gar keine kommen. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) hat gestern im Ältestenrat vorgeschlagen, die Baumpflanzaktion in der Siemensstraße ganz fallen zu lassen. Aber selbst das hat seinen Preis in Bamberg.

Mehrheiten schwinden – Parteien ändern ihre Meinung

Einst haben fast alle Stadträte im Bausenat ihre Hand gehoben und für den Plan gestimmt, in der Siemensstraße bis zu 12 Bäume zu pflanzen und dafür 19 Parkplätze abzuschaffen. Nur eine Stadträtin, Daniela Reinfelder von der Partei Bambergs unabhängige Bürger (BuB) war dagegen. In einer Vorlage hieß es damals: "Aufgrund des Interesses vor Ort …" wolle man die Bäume pflanzen. Das Problem: die Bewohner wussten gar nichts davon. Als sie es erfuhren, formierte sich Widerstand. Nicht nur, dass die Anwohner ihre sowieso raren Parkplätze auf keinen Fall verlieren wollten. Auch die Begründung, dass die Straße unbedingt mehr Bäume bräuchte und mehr Schatten, war für viele Bewohner vor Ort komplett unverständlich, zumal sich in unmittelbarer Nähe der Hauptsmoorwald befindet und es nur so grünt in der Straße.

Ein großer Kritikpunkt waren jedoch vor allem die Kosten. 220.000 Euro veranschlagte die Stadt für das Grüngewächs. Bezahlt aus Bundesfördermitteln im Rahmen des Programms "MitMachKlima". Es wurde mit den Bewohnern vor Ort gesprochen, diskutiert, verhandelt. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) sowie der Klimareferent und Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg) stutzten das Vorhaben letztlich im November 2023. Jetzt war der Plan, dass trotz der Pflanzung von 11 Bäumen nur noch zwei Parkplätze wegfallen würden. Über Kosten wurde nicht gesprochen. Es hieß nur, die Ausführung werde technisch deutlich anspruchsvoller. So etwas lässt hohe Summen erwarten.

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde aber weiterverhandelt. In einer Information an die Bausprecher des Bausenats wurde im April mitgeteilt, dass es jetzt nur noch sechs Bäume für die Siemensstraße geben solle. Kostenpunkt trotzdem: 150.000 Euro plus Planungskosten.

In einer Pressemitteilung bezeichneten Bambergs unabhängige Bürger und die fraktionslose Stadträtin Karin Einwag das geplante Grün als "Luxusbäume". Und weiter: "Auch wenn diese Maßnahme bezuschusst werden soll, halten wir es dennoch für eine Verschwendung von Steuergeldern."

Bamberg plante die teuersten Bäume in Bayern

Anfang dieses Monats folgte dann auch die SPD mit der Forderung, lieber auf Schulhöfen neue Bäume zu pflanzen als dies in der Siemensstraße für 30.000 Euro pro Baum zu tun. Auch die CSU stellt sich mittlerweile die Frage, ob die Bäume das Geld wert seien.

Gestern Abend waren die Bäume Thema im Ältestenrat. Jetzt ist alles ganz anders. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD): "Ich werde das Thema am 3. Juli im Bausenat auf die Tagesordnung setzen." Auch ihm seien 30.000 Euro für einen Baum zu viel. "Das wäre ein absoluter Spitzenwert für Bayern. Das machen wir nicht. Wir stellen alles auf null. Auch in der Hallstadter Straße sind die Konflikte viel zu stark. Wir machen keine Politik gegen die Bürger." Eine erste Reaktion von Karin Einwag (fraktionslos): "Jeder Kindergeburtstag wird umsichtiger geplant als Baumaßnahmen in der Siemensstraße. Ich mache drei Kreuzzeichen, wenn die Posse um die Siemensstraße beendet ist."

Alles auf Anfang, aber gezahlt werden muss trotzdem

Jetzt will der OB die Bürgervereine einladen Vorschläge zu machen für neue Standorte von Bäumen. Entsiegelung sei wichtig, aber dabei müssten Konflikte bei der Auswahl der Standorte vermieden werden, erklärt er. Nach Monaten und Jahren dann doch auch die Einsicht bei der Stadt: Es geht nur mit den Bürgern. Bambergs Oberbürgermeister räumt ein, dass möglicherweise Fehler bei der Standortauswahl gemacht worden seien. "Das reparieren wir jetzt."

Nun sollte man meinen, der Plan sei vom Tisch und alles ist gut. Wenn da nicht die Kosten wären. Das Nichtstun kostet die Stadt trotzdem richtig Geld. Denn die bis jetzt angefallenen Planungskosten liegen bei 50.000 Euro, wie von der Stadträtin Daniela Reinfelder (BuB) zu erfahren war. "Wir sind froh, dass es eine Null-Lösung geben soll für die Luxusbäume in der Siemensstraße. Aber die Planungskosten sind bitter und die muss letztendlich der Bürger zahlen."

Argumente sind keine Argumente mehr?

Das ist der Verlauf und der Stand der Dinge rund um Bambergs Bäume. Es lohnt sich jedoch ein bisschen tiefer zu blicken. Was damals als starkes Argument zählte, scheint jetzt keine Rolle mehr zu spielen.

Baureferent Thomas Beese argumentiert noch im November 2023 zur geplanten Baumpflanzung wie folgt: "Damit mindern sich auch die Überflutungsrisiken weiter abwärts im Kanalsystem für andere Menschen und Bewohner. Außerdem wird die Kläranlage entlastet, welche möglichst kein Regenwasser verarbeiten soll …" Es wird eindringlich in diesem Schreiben darauf aufmerksam gemacht, dass die Kanalisation von der Moosstraße bis zur Luitpoldstraße, von der Siechenstraße bis zur Hafenstraße durch die geplanten Bäume in der Siemensstraße entlastet werden könnte.

"Alle Menschen, die entlang dieser Strecke leben bzw. Immobilieneigentum haben, sind betroffen. Es greift entscheidend zu kurz anzunehmen, dass das Schicksal der Siemensstraße isoliert betrachtet oder isoliert entschieden werden könnte." Keine Bäume in der Siemensstraße würde bedeuten, dass bei einem Starkregenereignis die Stadträte in Kauf nehmen, dass die Anwohner regelrecht "absaufen", heißt es weiter. Anscheinend spielt das jetzt keine Rolle mehr.

Die Rolle von Grünes Bamberg

Die Grünen in Bamberg sind in einer verzwickten Lage. Sie kämpfen für Klimaschutz und müssen ihren Klimareferenten Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg) und die Baumpflanzung in der Siemensstraße unterstützen. Deshalb herrscht bei diesem Thema eher Schweigen. Aber an anderer Stelle wird die Partei nicht müde, Begrünung zu fordern. In einer Pressemitteilung geht es an einem Tag um mehr Bäume in der Memmelsdorfer Straße, einen Tag später um Bäume auf dem neuen Bebauungsgebiet Lagarde.

"Dem Platz der Menschenrechte auf dem Lagarde-Gelände fehlt es an Begrünung und an Schatten spendenden Bäumen", heißt es da. Aber: alle Baupläne, auch die des Lagarde-Geländes, wurden im Bausenat oder Stadtrat beschlossen und da ist jeder einzelne, geplante Baum eingezeichnet. Grünes Bamberg ist die stärkste Fraktion in Bamberg und war bei den Vorstellungen und Abstimmungen dabei.

Bundesfördermittel für Baumpflanzung

Ganz so einfach mit dem "Aus für die Bäume in der Siemensstraße" ist es dann aber auch wieder nicht. Schließlich hat die Stadt Bamberg dafür einen Antrag im Rahmen von Bundesfördermittel aus dem Fonds der Nationalen Klimaschutzinitiative beantragt. 3,325 Millionen Euro für die Umwelt darf Bamberg einsetzen, so zum Beispiel eben für die Baumpflanzung.

"Wir klären das auch mit der Förderkulisse, die passen muss", erklärt Oberbürgermeister Starke nach dem Bäume-Aus. Das muss schnell geschehen, denn eigentlich laufen die zur Verfügung gestellten Mittel für Bamberg 2024 aus. Ein Antrag, die Bundesfördermittel bis 2025 zu verlängern, läuft gerade. Doch jetzt ist auch schon wieder Juni 24 und die Verwaltung muss bei null anfangen.

Äußerst fraglich sei auch, ob zumindest die 50.000 Euro Planungskosten aus dem Bundesfördermitteltopf genommen werden dürfen – am Ende muss aber in jedem Fall der Steuerzahler dafür aufkommen.

Blick auf die Bamberger Siemensstraße.
Bildrechte: BR/Claudia Grimmer
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Blick auf die Bamberger Siemensstraße.

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