So sehr Birkenstock-Chef Oliver Reichert die Börsenglocke regelrecht geschmettert hatte und seine Mitarbeiter unter lautem Applaus mit einer Sandale vom Balkon über dem Parkett gewedelt hatten - es half nichts. Kurze Zeit später lag der erste Kurs, der Aktie namens BIRK um mehr als zehn Prozent unter dem Ausgabepreis bei 41 US-Dollar. Bei Börsenschluss landete der Schuh mit dem gesunden Fußbett dann sogar unsanft bei 40 Dollar.
Ausgabekurs war vorsichtig kalkuliert
Dabei hatte Birkenstock die Aktien mit 46 Dollar bereits vorsichtig im Mittelfeld der zuvor festgelegten Spanne verkauft. Dennoch gab sich Reichert im Interview mit dem US-Sender CNBC siegesgewiss: "Ja, wir sind zuversichtlich. Ja, unsere Vorhersage für die Zukunft ist eher konservativ, eher oldschool - nichts, was fancy ist. Wir sind keine Eintagsfliege. Das hier ist etwas Seriöses und Großes, Besseres."
So signalisierte es bereits ein Banner am altehrwürdigen Gebäude der New Yorker Börse: "Birkenstock seit 1774" feierte es das deutsche Traditionsunternehmen, das damit zwei Jahre älter ist als die USA.
Geld für Schuldenabbau
Die Aktienplatzierung brachte dem Konzern knapp eineinhalb Milliarden Dollar ein. Etwa zwei Drittel davon gehen an den Haupteigentümer "L Catterton", der mit dem Luxuskonzern LVMH und dessen milliardenschwerem Chef Bernard Arnault verbandelt ist. Birkenstock will seinen Anteil am Erlös vom Börsengang zum Schuldenabbau nutzen.
Nachfrage war vermutlich überschätzt worden
Der ursprünglich angesetzte Preis des deutschen Sandalenmachers entspricht einer Gesamtbewertung des Unternehmens von umgerechnet rund 8,1 Milliarden Euro. Es ist eher ungewöhnlich, dass der Kurs beim Börsenstart gleich unter den Ausgabepreis fällt, anstatt zu steigen. Es könnte bedeuten, dass sich das Unternehmen und die Anteilseigner bei der Nachfrage nach den Papieren verschätzt haben. So geschehen 2019 beim Fahrdienstvermittler Uber. Die Aktie war beim Börsendebüt um sieben Prozent unter dem Ausgabepreis gestartet. Später erholte sich der Kurs dann aber wieder.
Börsenexperte sieht Aufwärtspotenzial
Der Börsengang-Experte der New York University, Aswath Damodaran, ist sehr zuversichtlich, dass die BIRK Aktie am Ende im guten Fußbett landen. In gewisser Weise hat Birkenstock den Vorteil, dass der Name fast überall bekannt ist - selbst bei Leuten, die die Sandalen nicht mögen - und dass die Kunden bereit sind, einen höheren Preis für diesen Namen zu zahlen. Die Prognose des Finanzexperten:
"Mein Wert von 8,4 Milliarden Euro für das Unternehmen beruht auf meiner Erwartung, dass sie so weitermachen können, wie sie es in den letzten zehn Jahren getan haben, nämlich mit 15 bis 20 Prozent im Jahr zu wachsen." Aswath Damodaran, New York University
Wobei der Barbie-Boom das Wachstum in diesem Jahr ein wenig ankurbeln könnte: Im Hollywood-Blockbuster "Barbie" hatte die kultige Plastikpuppe ihre High Heels gegen Birkenstocks eingetauscht, um ins reale Leben zu schlüpfen. Für den Sandalenmacher vom Rhein hat gerade das reale Leben am größten Kapitalmarkt der Welt begonnen.
Luxusgüterindustrie erlebt Krise
Der verstolperte Börsenstart liegt wohl auch daran, dass die Luxusgüterindustrie derzeit in einer Krise steckt. Seit der Übernahme von Birkenstock durch das Luxus-Imperium von Bernard Arnault, zu dem auch Marken wie Louis Vuitton, Dior, Bulgari und Fendi gehören, werden die Sandalen als hochpreisiges Lifestyle-Produkt positioniert. Hatte das Ende der Pandemie der Branche noch einen Boom beschert, so lässt die Lust der Verbraucher auf teure Kleidung, Lederwaren, Schmuck und sonstige Luxusartikel angesichts steigender Preise vor allem in den USA und Europa nach.
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