Christian Drosten
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Virologe Christian Drosten empfiehlt in seinem Corona-Podcast eine verkürzte Quarantäne bei Quellclustern.

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Fünf Tage Quarantäne bei Corona? Was Drosten empfiehlt

Fünf Tage Quarantäne bei Corona? Was Drosten empfiehlt

Mit einem Paukenschlag hat sich der Virologe Christian Drosten zurückgemeldet: Er brachte eine Quarantäne-Verkürzung auf fünf Tage ins Spiel, die in der öffentlichen Diskussion einschlug. Hier die wichtigsten Informationen rund um dieses Thema:

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Mehr als zwei Monate lang hatte der preisgekrönte Corona-Podcast des Virologen Christian Drosten Sommerpause, am 1. September meldete sich Drosten mit einer neuen Folge zurück. Und die erregte viel Aufmerksamkeit, weil der Virologe in seinen "Empfehlungen für den Herbst" von einer verkürzten Quarantäne-Zeit von nur fünf statt 14 Tagen spricht. Dabei führte Drosten Überlegungen aus, die er schon gut vier Wochen zuvor in einem Gastbeitrag für die ZEIT ausführlich dargestellt hat.

Drosten spricht nicht davon, die Quarantäne-Zeit für einzelne, nachweislich mit dem Coronavirus infizierte Personen oder deren Kontaktpersonen herabzusetzen. Sondern davon, mögliche Quellcluster eines Infektionsgeschehens möglichst schnell und unkompliziert zu isolieren, das aber dann nur für fünf Tage statt der bisherigen 14-tägigen Quarantäne.

Infektionsketten vs. Cluster

Wer mit dem Coronavirus infiziert ist, kann andere Menschen anstecken, diese wiederum andere usw. Infizierte stecken aber häufig nur eine weitere Person an, diese wiederum nur eine weitere - dann spricht man von einer Infektionskette. Doch einzelne Infizierte können ganze Menschengruppen mit Corona infizieren, wenn sie genau zu der Zeit, in der sie selbst besonders infektiös sind, mit mehreren anderen Menschen für längere Zeit zusammenkommen - in Clustern. Das müssen nicht immer gleich Superspreading-Geschehen sein.

Die Corona-Pandemie verbreitet sich in Clustern

Als Cluster bezeichnet man in der Wissenschaft eine Gruppe Einzelner, die aus unterschiedlichen Gründen als einheitliches Ganzes betrachtet werden müssen. In der Virologie/Epidemologie ist damit eine Menschengruppe zu einem bestimmten Infektionsgeschehen gemeint: Alle Teilnehmer einer Kursveranstaltung oder alle Personen auf einer Familienfeier.

Eintragungscluster oder Quellcluster?

Als Eintragungscluster bezeichnet Drosten die Gruppe von Menschen, die durch eine mit Corona infizierte Person angesteckt werden. Als Quellcluster dagegen die Gruppe, bei der man sich angesteckt hat. Je nach Blickwinkel kann es sich dabei um die gleiche Gruppe handeln: Für den Infizierten X, der unwissentlich das Coronavirus in seinen Kegelclub getragen hat, ist der Kegelclub das Eintragungscluster. Für Y, der sich dort ansteckt, das Quellcluster.

Der Unterschied ist für Drosten jedoch wichtig, denn genau auf den Quellcluster möchte er die Aufmerksamkeit der Behörden lenken.

Fokus auf Cluster wichtiger als Nachverfolgung einzelner Infektionsketten

Derzeit arbeiten die Gesundheitsämter laut Drosten an einer dreifachen Strategie:

  • Mit Corona Infizierte sollen isoliert werden, um niemanden mehr anzustecken.
  • Kontaktverfolgung soll herausfinden, wen der Infizierte in den Tagen vor dem Testergebnis schon angesteckt haben könnte.
  • Ermittlung des ursprüngliche Infektionsgeschehens soll zeigen, wo sich die betreffende Person angesteckt hat und es damit einen Infektionsherd gibt.

Genau der dritte Punkt ist der, auf den es Drosten ankommt: Die Identifizierung der Quellcluster von Infektionen. Diese sollten vorrangig in den Blick genommen werden. Denn diese Cluster treiben laut Drosten die Pandemie voran - und das oft unbemerkt in "heimlichen", unentdeckten Quellclustern.

Ist man überhaupt noch ansteckend, wenn man in Quarantäne kommt?

Nach derzeitigem Wissensstand ist man bei Corona etwa sieben bis acht Tage lang besonders infektiös, davon zwei bis drei Tage, bevor sich überhaupt ein Symptom zeigt. Dadurch ergibt sich eine Verzögerung, die die Eindämmung der Pandemie behindert: Eine mit Corona infizierte Person geht in der Regel, dann zum Arzt, wenn sie Symptome bemerkt. Der Arzt testet, das Testergebnis aus dem Labor erfolgt nach ein bis zwei Tagen, häufig jedoch erst nach drei oder vier Tagen oder gar länger. Dann wird die Quarantäne vom Gesundheitsamt verhängt - in einigen Fällen also erst, wenn die ansteckendste Zeit schon fast wieder zu Ende ist, so Drosten.

Allerdings - und das betont Drosten selbst - ist das Wissen noch sehr vage, wann und wie lange und bei welcher Virenlast Corona übertragen wird.

Sofortige Quarantäne für die Quellcluster

Das zeigt laut Drosten die Schwäche des derzeitigen Verfahrens: Würden die Gesundheitsämter nach dem Feststellen einer Corona-Infektion erst noch sämtliche Kontaktpersonen des Quellclusters identifizieren, suchen und dann testen, vergeht viel zu viel Zeit. Angesichts der Vermutung, dass sich im Quellcluster alle gleichzeitig angesteckt haben, sind also bereits weitere Personen seit Tagen hochansteckend unterwegs. Daher sollten solche Quellcluster schnell und unkompliziert isoliert werden können.

Die Kompromiss-Lösung für den realen Alltag

Theoretisch eine tolle Idee, praktisch für die Gesundheitsämter so nicht durchführbar, die von Politikern und Arbeitgebern auch unter Druck stehen, wenn sie mal eben ein ganzes Verdachts-Cluster 14 Tage lang nach Hause schicken, erläutert Drosten. Daher sein Vorschlag, als Kompromiss: Das Quellcluster nur fünf Tage isolieren, aber das sofort, nicht erst nach einem positiven Corona-Test. Im Gegenteil: Getestet werden sollen die Personen aus diesem Cluster erst nach den fünf Tagen, damit spare man sich unnötige Tests.

Reichen fünf Tage? Eine epidemologische "Schmerzgrenze"

Drosten sagt damit nicht, dass fünf Tage Isolation oder Quarantäne bei einer Coronainfektion ausreichend sind. Sondern schränkt selbst ein: Es sei "eine steile These, dass man sagt, nach fünf Tagen ist eigentlich die Infektiosität vorbei." Und er gehe damit "bis an die Schmerzgrenze der Epidemiologie". Da es ihm dabei aber vor allem um ein verdächtigtes Quellcluster geht, verhindert man mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weitere Ausbreitung des Virus.

Darin wird Drosten vom Münchner Institut für Infektions- und Tropenmedizin (LMU) bestärkt: Dessen Direktor Professor Michael Hölscher sagte im Bayerischen Rundfunk, dass „die Inkubationszeit in den meisten Fällen innerhalb von 5 Tagen abläuft und man danach mit höchster Wahrscheinlichkeit auch einen positiven Menschen identifizieren kann.“ Die aktuellen Zahlen zeigten, "dass wir über 90 Prozent der Menschen in einer Fünf-Tage-Quarantäne dann auch identifizieren können."

Ein Gedankenexperiment für die Zukunft

Christian Drosten betont in seinem Podcast deutlich, dass er den derzeitigen Umgang mit der Corona-Pandemie für richtig hält und keine Handlungsanweisungen geben will.

"Das, was wir im Moment machen, ist auf keinen Fall falsch. Es ist nicht so, dass irgendwas von den jetzigen Empfehlungen zu verurteilen sind. Oder dass man sagt, man konzentriert sich aufs Falsche oder wir verrennen uns in etwas. ... Darum geht es nicht. ... Ich wollte einfach mal ein paar Aspekte aus den neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen ... zu einer kohärenten Überlegung zusammenfassen, wo es gut ist, wenn man Teile oder sogar einen größeren Teil oder vielleicht sogar alles irgendwie in die Tat umsetzen würde. Erst mal als Gedankenexperiment, aber dann doch auch zumindest mal als persönlicher Handlungsempfehlung von einem Universitätsprofessor, der vielleicht hier und da auch theoretisch und akademisch denkt." Virologe Christian Drosten im Corona-Podcast am 1.9.2020

Doch der Virologe warnt, dass es einen Zeitpunkt geben könnte, an dem das derzeitige Verfahren zum Scheitern verurteilt sein könnte, weil es schlicht vom Infektionsgeschehen überholt würde. Zweite Welle, "Dauerwelle" oder wie auch immer man es nennen würde: Die Infektionen könnten unkontrollierbar in die Höhe schießen wie derzeit in Frankreich. Wenn man nur auf die Zahl der belegten Intensiv-Betten schaue, sei man zu spät mit einer Reaktion.

Was, wenn wir im Herbst die Kontrolle verlieren?

Dadurch, dass die Pandemie derzeit in vielen kleinen Clustern ablaufe, quer durch die Bevölkerung und alle Altersschichten, besteht nach Drosten Grund zur Sorge, dass irgendwann ein Schwellenwert überschritten sei, wenn zu viele Infektionscluster vorhanden sind und über einzelne Infektionsketten plötzlich in Verbindung geraten. Dann würden die aktuellen Infektionszahlen schnell steigen. Daher sei es sinnvoll, schon jetzt vermehrt die Quellcluster in den Blick zu nehmen und Strategien zu diesen zu entwickeln, so Drosten.

Drostens Tipp: ein Cluster-Tagebuch führen

Jeden einzelnen meiner Kontakte zu notieren, sei gar nicht nötig, so Drosten. Doch es könnte für die Ermittlung von Quellclustern sehr hilfreich sein, wenn jeder von uns ein Cluster-Tagebuch führt. Darin könnte man beispielsweise notieren, wann man bei einer Veranstaltung teilgenommen habe, im Fitnesscenter war, zu Besuch bei Freunden in einer Wohngemeinschaft oder auf einer Geburtstagsfeier.

Quarantäne oder Isolierung?

In beiden Fällen bedeutet das, eine mit Corona infizierte Person bleibt zu Hause und vermeidet alle Kontakte oder wird im Krankenhaus isoliert untergebracht. Der Unterschied ist ein rechtlicher: Die Quarantäne-Maßnahme ist ein offizieller Vorgang. Quarantäne kann nur von einem Arzt oder Gesundheitsamt angeordnet werden, wird meist mündlich ausgesprochen, dann aber schriftlich bestätigt mit einem definierten Zeitpunkt für Beginn wie Ende der Quarantäne. Quarantäne wird derzeit verhängt für nachweislich infizierte Personen und Kontaktpersonen im gleichen Haushalt. Der Quarantäne-Nachweis kann beim Arbeitgeber eingereicht werden, um einen Verdienstausfall zu verhinden. Ein Verstoß gegen die Quarantäne-Auflagen kann Bußgelder nach sich ziehen.

Demgegenüber ist die freiwillige Isolation eben freiwillig und wird all denjenigen empfohlen, die Symptome bemerken, aber (noch) kein Testergnis haben, Kontaktpersonen von Corona-Infizierten oder Rückkehrern aus Risikogebieten.

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