Erschöpft bis ins Mark Tumor-assoziierte Fatigue
Fatigue ist eine spezielle Erscheinungsform von Müdigkeit und Erschöpfung. Sie tritt in der Regel als Begleitsymptom verschiedener Erkrankungen auf, unter anderem auch bei Krebs. Der Fachbegriff lautet dann: Tumor-assoziierte Fatigue (TF).
Es gibt zwar noch keine allgemein anerkannte Definition der TF, aber es besteht Konsens, dass es sich um einen anhaltenden Zustand von Müdigkeit, Erschöpfung oder Energiemangel handelt, der im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung oder deren Therapie steht. TF ist ein Phänomen, das den ganzen Menschen umfasst, d.h. wir sehen Symptome auf der körperlichen Ebene (z.B. in Form von Schwäche, Bleigefühl und schneller Ermüdbarkeit), auf der kognitiven Ebene (z.B. in Form Konzentrations- und Gedächtnisstörungen) und auf der affektiven Ebene (z.B. in Form Antriebsschwäche und dem Gefühl der Überforderung).
Expertin:
Dr. phil. Irene Fischer, Leitung des Instituts für Tumor-Fatigue-Forschung (Emskirchen), Vorstandsmitglied der Deutschen Fatigue Gesellschaft (Köln); Mitglied im Leitungsgremium des Projekts Tumor-Fatigue-Sprechstunde der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V.
Welche Beschwerden auftreten, kann von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein und es sind auch nicht immer sind alle drei Ebenen involviert. Die körperliche Ebene ist nahezu immer betroffen. Die körperlichen Symptome werden von den Patienten auch als am belastendsten beschrieben.
Tumor-Fatigue ist etwas völlig anderes als die normale Müdigkeit, Insbesondere stehen die Beschwerden in keinem angemessenen Verhältnis zu vorangegangenen Aktivitäten und nach Erholungsphasen oder Schlaf tritt häufig keine ausreichende Besserung ein oder sie hält nur kurze Zeit an.
Patienten berichten, dass sich die Tumor-assoziierte Fatigue auch völlig anders anfühlt, als die Müdigkeit bzw. Erschöpfung bei anderen Krankheiten, wie z.B. bei einer Grippe oder bei einer Depression.
TF kann zu jedem Zeitpunkt einer Tumorerkrankung auftreten, also schon vor der Erstdiagnose, während der Tumortherapie oder Jahre nach beendeter Tumorbehandlung. Meistens vergeht die TF nach der Therapie von selbst, es gibt auch Patienten, bei denen die TF jahrelang bestehen bleibt. Je nachdem, wie stark die TF ist, kann das Leben in nahezu allen Bereichen beeinträchtigt sein. Das gilt auch für Patienten, bei denen schon über Jahre kein Krebs mehr nachweisbar ist. Vor allem, wenn die Fatigue sehr stark ausgeprägt ist und lange anhält, ist das Leben nicht mehr, wie es war.
Der Text beruht auf einem Interview mit Dr. phil. Irene Fischer, Leitung des Instituts für Tumor-Fatigue-Forschung (Emskirchen), Vorstandsmitglied der Deutschen Fatigue Gesellschaft (Köln); Mitglied im Leitungsgremium des Projekts: Tumor-Fatigue-Sprechstunde der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V.
Der Begriff Fatigue kommt aus der französischen Sprache und bedeutet Müdigkeit, Erschöpfung und Energiemangel
Das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) beschreibt Tumor-assoziierte Fatigue (Cancer Related Fatigue, CRF) als das häufigste und für manche Patienten schwerwiegendste Symptom bei einer malignen (bösartigen) Erkrankung. Mit zunehmender Schwere stellt CRF einen erschöpfenden Zustand dar, der die Fähigkeit zur aktiven Teilhabe am Leben und die Lebensfreude nachhaltig einschränkt.
Dass Krebs und Fatigue so häufig gemeinsam auftreten, hat verschiedene Gründe:
- Das Leben mit einer Tumorerkrankung ist grundsätzlich physisch und psychisch sehr belastend.
- Entzündliche Prozesse im Zusammenhang mit dem Krebs können den Körper schwächen.
Auch viele Therapien (Chemo- oder Immuntherapie, Bestrahlung, Anti-Hormon-Therapie z.B. bei Brust- oder Prostatakrebs) beanspruchen die Betroffenen oft stark und haben nicht selten unerwünschte Wirkungen (z.B. Blutarmut).
In den meisten Fällen ist es jedoch so, dass nicht die Krebserkrankung und die Krebstherapie allein zur Fatigue führen, sondern gerade bei älteren Patienten kommen oft noch weitere Einflussfaktoren hinzu, wie z.B. andere körperliche oder seelische Erkrankungen, bestimmte Medikamente usw.
"Wir sagen daher: TF ist die gemeinsame Endstrecke."
Dr. phil Irene Fischer
Während der Tumorbehandlung sind fast alle Patienten von TF betroffen, in der Nachsorge sind es noch ca. 20-50 Prozent und nach Vollremission immerhin noch ca. 30 Prozent. In der Palliativversorgung liegen die Zahlen höher, nämlich bei ca. 80-90 Prozent. Mit solchen Zahlen muss man aber immer ein bisschen vorsichtig sein, weil sie davon abhängen, wie TF erfasst wurde. Eine große Studie mit über 70.000 Patienten im Zeitraum von 1996 bis 2020 zeigt, dass die Häufigkeit im Laufe der Jahre abgenommen hat. Das hat möglicherweise damit zu tun, dass TF zunehmend bekannter wird und dass TF auch in vielen Leitlinien erwähnt wird. Dadurch wird TF häufig früher entdeckt und auch die Versorgungssituation hat sich verbessert.
Da das Fatigue-Syndrom psychisch wie physisch oft sehr lähmend auf die Betroffenen wirkt, könnte es womöglich im Einzelfall auch den Verlauf bzw. die Heilung einer Krebserkrankung negativ beeinflussen. In den allermeisten Fällen ist Fatigue aber nicht gefährlich, sondern nur unangenehm.
Viele Krebspatienten thematisieren die Fatigue eher zögerlich. Sie wollen niemandem - auch ihrem Arzt nicht - zur Last fallen, schämen sich dafür, dass sie trotz überwundener Krebserkrankung immer noch schlapp sind. Oft halten sie die TF für unvermeidliche und unbeeinflussbare Folgeerscheinungen ihrer Tumorerkrankung oder glauben sogar, dass sie sich die Müdigkeit nur einbilden – schließlich sagen andere Menschen auch, dass sie oft müde sind. Diese Zurückhaltung der Betroffenen und die Tatsache, dass auch manche Ärzte Symptome der TF nicht richtig einordnen können, führen dazu, dass Fatigue häufig erst gar nicht diagnostiziert wird. Dazu kommt, dass es sich bei TF noch um keine anerkannte medizinische Diagnose handelt, was den Umgang von Ärzten mit TF nicht gerade einfach macht. Das ist etwas fatal, weil Studien zeigen, dass eine frühzeitige Behandlung der TF das Risiko für einen chronischen Verlauf reduzieren kann. Daher kann man nur jedem Patienten empfehlen, ihren Arzt oder ihren Psychoonkologen auf die TF hinzuweisen.
Für ein Fatigue-Syndrom gibt es zahlreiche mögliche Anzeichen. Die Symptome sind jedoch vergleichsweise unspezifisch und können auch in verschiedensten anderen Zusammenhängen auftreten. Eine amerikanische Forschergruppe, die Fatigue Coalition, hat bereits 1998 eine Liste mit folgenden Merkmalen für Fatigue zusammengestellt:
- Deutliche Müdigkeit/ Energieverlust/ verstärktes Ruhebedürfnis inadäquat zur vorangegangenen Anstrengung
- allgemeine Schwäche/ Gliederschwere
- verminderte Fähigkeit zu Konzentration und Aufmerksamkeit
- Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis
- verringertes Interesse an Alltagsaktivitäten, die früher gern gemacht wurden
- Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf
- nicht erholsamer Schlaf
- oft ist eine starke Anstrengung erforderlich, sich aufzuraffen
- deutliche emotionale Reaktion auf TF (z.B. Traurigkeit, Frustration)
- Probleme, wegen der TF den Alltag altersgemäß zu bewältigen
- anhaltendes Unwohlsein nach Anstrengung
Um den Patienten effektive Ratschläge zur besseren Bewältigung der TF an die Hand geben zu können, muss zunächst gesichert sein, dass es sich auch wirklich um eine Tumor-assoziierte Fatigue handelt. Dazu ist es sinnvoll, diagnostisch abzuklären, ob andere gesundheitliche Probleme für die Müdigkeit verantwortlich sind oder die TF durch solche Probleme zumindest negativ mitbeeinflusst wird. Falls man solche Probleme identifizieren kann, kann man eine entsprechende Behandlung einleiten und wenn das klappt, ist der Patient nicht mehr so müde. Ein Beispiel ist hier eine Depression: Auch bei depressiven Erkrankungen ist eines der Hauptsymptome Müdigkeit, aber eine Depression wird anders behandelt als eine TF. Ein weiteres Beispiel ist Blutarmut: Wenn eine Anämie festgestellt wurde, kann sie entsprechend behandelt werden, und wenn das das einzige Problem war, ist die Müdigkeit wie weggeblasen. Daher muss man genau schauen, was bei einem Patienten los ist.
Nach einem anstrengenden Tag müde zu sein, ist normal. Wenn die Erschöpfung aber kurz nach dem Aufstehen schon einsetzt und auch kleine Erledigungen unglaublich viel Kraft kosten, sich jedoch kein wirklicher Grund dafür ausmachen lässt, könnte ein Fatigue-Syndrom dahinterstecken. Ein typischer Satz der Patienten ist: "Ich will ja etwas leisten, aber ich kann nicht."
"Wenn ein Patient so etwas sagt, sollte man hellhörig werden."
Dr. phil. Irene Fischer
Die Diagnostik ist relativ aufwändig und umfasst im Idealfall eine ausführliche Anamnese, so dass der Patient seine Beschwerden schildern kann. Erfragt werden unter anderem auch weitere gesundheitliche Probleme, Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten, Medikamente und seelische Belastungen. Ergänzend werden auch diagnostische Fragebögen eingesetzt. Dazu kommt eine ärztliche Untersuchung: So kann beispielsweise mit Hilfe von Bluttests geklärt werden, ob eine Blutarmut (Anämie) oder eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt. Darüber hinaus sollten körperliche Erkrankungen wie z.B. Infektionen, Herz- und Lungenerkrankungen, aber auch seelische Erkrankungen ausgeschlossen werden. Um Fatigue zum Beispiel von einer Depression abzugrenzen, muss in der Diagnostik sehr genau hingesehen werden Gerade zur Depression ist die Differenzierung oft schwierig, da es zwar Unterschiede, aber auch Ähnlichkeiten zwischen TF und Depressionen gibt. Es gibt jedoch bestimmte, definierte Kriterien, die zur Diagnosestellung heran gezogen werden können
Fatigue tritt in akuter oder chronischer Form auf. Chronisch wird die TF, wenn sie nach abgeschlossener Tumortherapie länger als sechs Monate anhält. Das ist aber nur ein Richtwert. Warum das Fatigue-Syndrom im Einzelfall chronisch wird, ist sehr schwer zu sagen. Fest steht jedoch, dass eine chronische Tumor-assoziierter Fatigue auch dann bestehen bleiben kann, wenn ein Patient von seiner zugrundeliegenden Krebserkrankung geheilt wurde und die Therapie bereits beendet ist. Übrigens: Eine chronische Fatigue bei Krebspatienten ist etwas völlig anders als ein chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS), auch wenn das oft verwechselt wird.
Die Psyche spielt eine große Rolle bei Fatigue. Die psychologischen Aspekte bei Krebspatienten mit Tumor-assoziierter Fatigue treten vor allem dann in den Vordergrund, wenn nach dem Überwinden einer Tumorerkrankung eine chronische Tumor-assoziierte Fatigue zurückbleibt. Im Akutstadium während einer Behandlung treten diese Beschwerden bei fast allen Patienten auf und sind da in aller Regel auf die Tumortherapie zurückzuführen.
Eine akute Fatigue, also Fatigue während oder kurz nach der Tumor-Therapie, entwickeln fast alle Krebspatienten. Risikofaktoren, vor allem für einen längerfristigen Verlauf, sind u.a. geringe körperliche Fitness, Schlafstörungen, Übergewicht, Depressionen oder Angststörungen, die schon vor der Krebserkrankung vorhanden waren. Auch emotional hochsensible Patienten mit der Neigung zur Katastrophisierung sind stärker gefährdet und ebenso Patienten, die sich sehr einsam fühlen. Das bedeutet aber nicht, dass alle Patienten mit solchen Problemen auch automatisch eine chronische TF entwickeln, sie sind nur etwas anfälliger.
Auch Angst, die in Folge einer Krebserkrankung auftritt, beeinflusst die Tumor-assoziierten Fatigue negativ. Man sagt nicht umsonst: Man ist vor Angst wie gelähmt. Bei der Rezidivangst (also der Angst davor, dass der Krebs wieder kommt), handelt es sich nicht um eine Angststörung, sondern es ist eine Realangst, weil Krebs oft eine lebensverändernde und damit bedrohliche Erkrankung ist. Eine Angststörung liegt z.B. vor, wenn jemand sich nie mit einem Aufzug fahren traut, weil er Angst hat, dass der Aufzug abstürzt. Ein bestimmter Bereich in unserem Gehirn, der sogenannte 'Mandelkern' (Amygdala), signalisiert uns Bedrohungen, indem vermehrt Adrenalin und Kortisol ausgeschüttet werden. Wir reagieren dann in der Regel entweder mit Kampf, Flucht oder Angststarre. Bei Patienten mit einer chronischen TF hält diese Reaktion auf eine gefühlte Bedrohung möglicherweise auch dann an, wenn diese – in diesem Fall der Krebs - bereits überwunden ist.
Die Bewältigung des Alltags gehört zu den größten Herausforderungen für Krebspatienten mit einem Fatigue-Syndrom.
Grundsätzlich dürften Patienten mit TF zwar alles machen. Sie können beispielsweise auch arbeiten gehen oder Auto fahren (es sei denn, sie nehmen starke Medikamente ein, wie opiathaltige Schmerzmittel). Die meisten von ihnen schaffen aber viel weniger, als sie sich vornehmen. Wichtig ist daher für die Betroffenen, ihren Alltag gut zu strukturieren, kräfteschonend zu gestalten und auf ausreichend erholsamen Schlaf zu achten. Lebensstilfaktoren wie z.B. Ernährung, Schlafgewohnheiten, Ressourcen, Freizeitgestaltung und zwischenmenschliche Kontakte (bzw. deren Qualität) haben Einfluss auf Fatigue und können gegebenenfalls beeinflusst werden.
"Wir raten den Betroffenen oft, ein Tagebuch zu führen und genau zu beobachten, wann es mit der Fatigue besser oder schlechter ist, damit sie ihren Tagesrhythmus danach ausrichten und besser mit der Erkrankung umgehen können."
Dr. phil. Irene Fischer
Beim Thema Bewegung muss bei Krebspatienten mit Fatigue ein gangbarer Mittelweg zwischen zu großer Schonung und Überbelastung gefunden werden. Dies ist nicht immer leicht, da es den Betroffenen oft schwerfällt, sich zu körperlicher Aktivität zu motivieren. Es muss übrigens gar nicht immer Sport sein. Regelmäßige Spaziergänge oder einfach mal die Treppe statt den Aufzug nehmen sind bereits ein erster Ansatz.
Es gibt mittlerweile eine ganze Menge an medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien, für die in aussagekräftigen Studien gezeigt wurde, dass sie bei TF wirksam sind. Dazu gehören bei den nicht-medikamentöse Therapien z.B. körperliche Aktivität, Yoga, Qigong, Achtsamkeit, Musiktherapie, Aktivitätsmanagement, kognitive Verhaltenstherapie und Ernährung.
Um den Betroffenen bei der Bewältigung ihres Alltags zu helfen, ist es besonders wichtig, ihnen genau zu erklären, wie Tumor-assoziierte Fatigue entsteht. Dadurch wird für die Patienten nachvollziehbarer, welches Symptom welche Ursache hat, und sie können erfahrungsgemäß besser damit umgehen.
Aktivität in kleine Portionen verpacken
Aktiv zu bleiben, ist für Patienten mit Tumor-assoziierter Fatigue besonders wichtig. Aber Aktivitäten sollten in überschaubare Einheiten aufgeteilt werden, damit keine Überforderung entsteht. Der permanente Wechsel zwischen aktiv sein und ausruhen ist dabei der Schlüssel zur besseren Alltagsbewältigung.
Tipp: Zur Kontrolle kann es hilfreich sein, für eine begrenzte Zeit ein Fatigue-Tagebuch zu führen, in dem alle Aktivitäten notiert werden und das Ausmaß der Fatigue notiert werden
Kämpfen oder laufen
Das Problem vieler Patienten mit Tumor-assoziierter Fatigue ist, dass sie im Kampf gegen die Bedrohung Krebs in Angststarre verfallen sind. Sie müssen erst wieder lernen, nach ihrer Genesung eine andere Reaktion zu zeigen, also "Kampf" oder "Flucht". Kampf bedeutet in diesem Zusammenhang sich abzureagieren, etwa an einem Box-Sack oder auch seinem Kopfkissen. Flucht steht für laufen, sich bewegen, immer nach den individuellen Möglichkeiten des Einzelnen. Wie man dabei am besten auf seine täglichen Meter (oder Kilometer) kommt, muss individuell besprochen werden.
"Laufen oder kämpfen gibt dem Betroffenen das Gefühl, aus der Gefahrensituation rauszukommen. Schon ein paar hundert Meter laufen täglich können anfangs helfen. Und dann langsam steigern. Erst nach solcher Aktivität ist auch Entspannung wieder sinnvoll."
Dr. med. Carola Riedner, Fatigue-Sprechstunde der Psychosozialen Krebsberatungsstelle der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V. München
Nicht übertreiben!
Steigerung der körperlichen Aktivität ist die wissenschaftlich am besten untersuchte Maßnahme gegen TF. Gleichzeitig wird dadurch auch die Krebserkrankung positiv beeinflusst und die Stimmung wird verbessert. Bewegung ist für Patienten mit Tumor-assoziierter Fatigue sehr wichtig! Aber: Zu viel auf einmal zu wollen, kann auch kontraproduktiv sein. Deshalb gilt: sich fordern, aber sich nicht überfordern! Hilfreich und hinsichtlich Wirksamkeit wissenschaftlich überprüft ist das Trainingsprogramm "Fitness trotz Fatigue" der Deutschen Fatigue Gesellschaft. Zu diesem Trainingsprogramm gibt es eine Broschüre mit konkreten Anleitungen für Muskel- und Ausdauertraining, Dehn- und Koordinationsübungen sowie zur Körperwahrnehmung und Entspannung. Die Broschüre ist als Download kostenlos bei der Deutschen Fatigue Gesellschaft erhältlich.
Auch entspannen ist für Patienten mit Tumor-assoziierter Fatigue oft nicht so einfach. Deshalb wurden spezielle Methoden – etwa im Bereich Qi Gong – entwickelt, die die besonderen Bedürfnisse und häufig sehr komplexen individuellen Konstellationen der einzelnen Betroffenen berücksichtigen.
Auch die Angehörigen sollten in die Therapie eines Patienten mit Tumor-assoziierter Fatigue eingebunden werden, damit sie besser verstehen, warum noch nicht alles gut und erledigt ist, obwohl der Krebs doch schon überwunden ist.
Die Bayerische Krebsgesellschaft e.V. hat eine Versorgungsstruktur für Patienten mit TF aufgebaut und bietet in zehn bayerischen Städten in ihren Psychosozialen Krebsberatungsstellen ärztlich geleitete Spezialsprechstunden für TF an.
Alle Ärzte haben onkologische und psychoonkologische Erfahrung und sind hinsichtlich TF geschult. Termine für die kostenlosen Sprechstunden können in der jeweiligen Krebsberatungsstelle vereinbart werden.
Aktuell wird eine vom Bayerischen Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales geförderte Evaluationsstudie durchgeführt, mit der Bedarf und Nutzen der Sprechstunden analysiert werden. An dem Projekt beteiligt sind außer der Bayerischen Krebsgesellschaft und dem Institut für Tumor-Fatigue-Forschung auch das Zentrum für klinische Studien am Universitätsklinikum Regensburg, die Deutsche Fatigue Gesellschaft, das Bayerische Krebsforschungszentrum (BKFZ) sowie das Tumorzentrum der Universität München.
Selbsthilfegruppen sind für Patienten mit Tumor-assoziiertem Fatigue in zweierlei Hinsicht wichtig: erstens, um Informationen zu bekommen, etwa über weitere Hilfs- und Therapieangebote. Zweitens, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, die ihnen das Gefühl vermitteln, dass sie nicht alleine sind. Wenn jemand also eine Selbsthilfegruppe gründen möchte, wäre das sicher sehr lohnend.
Studien zeigen, dass auch bestimmte Medikamente gegen TF helfen können. Da es sich um sogenannte symptomatische Therapien handelt (also um Therapien, mit denen zwar die Beschwerden gelindert werden, die die TF aber nicht dauerhaft beseitigen), kommen sie erst zum Einsatz, wenn andere Behandlungsmöglichkeiten (z.B. Steigerung der körperlichen Aktivität, Yoga, Aktivitätsmanagement, Optimierung der Ernährung etc.) nicht zum gewünschten Ziel geführt haben. Beispiel für solche Medikamente sind Methylphenidat (Ritalin) oder pflanzliche Medikamente wie Panax Ginseng. Da solche Medikamente aber nicht für jeden Patienten geeignet sind, muss das immer mit dem zuständigen Arzt abgestimmt werden.
Wer im Zusammenhang mit TF psychoonkologische Hilfe braucht, kann sich an einen Psychoonkologen wenden, z.B. in den Psychosozialen Krebsberatungsstellen der Bayerischen Krebsgesellschaft. Dort erhalten die Patienten einen Termin in der TF-Sprechstunde und können bedarfsweise auch psychoonkologische und psychosoziale Begleitung erhalten. Die Psychoonkologen koordinieren die TF-Sprechstunde und sind auch Ansprechpartner, wenn es z.B. bei der Umsetzung der in der TF-Sprechstunde empfohlenen Maßnahmen Probleme gibt.